(Jörg Roche)
Cultural Taboos
Die Wahrnehmung von Bildern ändert sich von Betrachter zu Betrachter und ist kulturspezifisch geprägt. Bestimmte Bilder und bildliche Darstellungen (auch Metaphern) können in einer Sprachkultur tabuisiert sein, zum Beispiel die Darstellung von Körperorganen oder Zuneigung, Karikaturen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)
‚Techability‘ bezeichnet die durch Erwerbssequenzen beschränkte Lehrbarkeit von sprachlichen Strukturen. Befindet sich ein Lerner auf der Erwerbsstufe i+1, so können nur die Strukturen von i+2 erfolgreich unterrichtet werden. Ein Überspringen einer Stufe ist nicht möglich.
(Agnes Einhorn & Anna Majorosi)
Participant Orientation
Teilnehmerorientierung ist ein wichtiges didaktisches Prinzip in der Erwachsenenbildung. Der Begriff bedeutet, dass sowohl in der Planungsphase als auch bei der Durchführung von Fortbildungen die Vorkenntnisse, Bedürfnisse und Interessen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beachtet werden. Der Begriff entstand in den 1980er Jahren, wird heutzutage aber nicht mehr so häufig verwendet, sondern eher durch andere Begriffe ersetzt, wie zum Beispiel Lebensweltbezug, Erfahrungsorientierung, Handlungsorientierung.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
Das gesamte Zeit-System mit allen lexikalischen, grammatischen und kontextuellen Möglichkeiten der Markierung von Zeit in einer Sprache.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Sandra Drumm)
Terminologization
Die Zuordnung eines bestimmten Begriffs zu einer feststehenden Bedeutung, einem sogenannten Terminus, wird als Terminologisierung bezeichnet.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Sandra Drumm & Jörg Roche)
Term
Ein Terminus ist das Ergebnis einer Terminologisierung. Er kann definiert werden, als die kleinste bedeutungstragende und zugleich frei verwendbare sprachliche Einheit eines fachlichen Sprachsystems, die innerhalb der Fachkommunikation gebraucht wird (vergleiche Roelcke 2010: 51f.). Ein Terminus dient der Ordnung der Welt in Kategorien und der Normierung. Er ist einerseits mit einer vergleichsweise kurzen Benennung verbunden, andererseits mit einer Beschreibung der bezeichneten Kategorie.
Literatur
- Roelcke, Thorsten (2010), Fachsprachen (e. neu bearb. Aufl.). Berlin: Erich Schmidt.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Tertiary Ethnolect
Geschieht die Übernahme eines primären Ethnolekts nicht durch direkten Kontakt mit den Sprechern, sondern aufgrund einer Transformierung der in den Medien verwendeten Sprechweise (sekundärer Ethnolekt), wird die Sprechweise als tertiärer Ethnolekt bezeichnet. Diese Form des Ethnolekts unterscheidet sich von der Verwendung der primären Varietät Kanaksprak durch Deutschsprachige zum Beispiel, weil er ausschließlich von Deutschsprachigen verwendet und im Kontakt mit türkischen Jugendlichen vermieden wird. Er hat vor allem eine Spott-Funktion, oft mit aggressiv abgrenzender oder sogar diskriminierender ethnischer Bedeutung. Strukturell ist der tertiäre Ethnolekt weder dem primären noch dem sekundären Ethnolekt sehr ähnlich. Es handelt sich vielmehr um eine Karikatur des Pidgindeutsch der Gastarbeiter der 1. Generation.
Literatur
- Auer, Peter (2003), ‚Türkenslang‘: Ein jugendsprachlicher Ethnolekt des Deutschen und seine Transformationen. In: Häcki-Buhofer, Annelies (Hrsg.), Spracherwerb und Lebensalter. Tübingen: Francke, 255–264.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Test Task
Testaufgaben sind Aufgaben, die zu Testzwecken gestaltet und in Klassentests oder in formellen Tests zur Leistungsmessung verwendet werden. Testaufgaben müssen gewissen Qualitätskriterien entsprechen, damit Testergebnisse zuverlässig sind und eine objektive Bewertung ermöglichen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind dabei die Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität (Bolton 1996; Dlaska & Krekeler 2009). Um gute Qualität zu erreichen, sind Testaufgaben sehr stark formalisiert und berücksichtigen auch die Niveaubeschreibungen des Referenzrahmens.
Literatur
- Dlaska, Andrea & Krekeler, Christian (2009), Sprachtests: Leistungsbeurteilungen im Fremdsprachenunterricht evaluieren und verbessern. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.
(Mehr zu diesem Thema in den Modulen 5 Sprachenlehren und 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn)
Test Goals
Testziele sind Vorstellungen darüber, was genau mit einer Aufgabe, mit einer Aufgabenreihe oder mit einem kompletten Test gemessen werden kann. Die Bestimmung der Testziele ist ein wichtiger Schritt im Entwicklungsprozess von Testaufgaben und ein wichtiges Qualitätsmerkmal (Bachman & Palmer 2005). Testziele weisen einen engen Zusammenhang mit den erzielten Lernergebnissen auf. Testziele sind außerdem wichtig bei der Interpretation der Ergebnisse. Sie liefern nämlich Informationen darüber, welche Lernfortschritte oder Lernschwierigkeiten genau aus den Testergebnissen ablesbar sind.
Literatur
- Bachman, Lyle F. & Palmer, Adrian S. (2005), Language Assessment in Practice. Oxford: Oxford University Press.
(Mehr zu diesem Thema in den Modulen 5 Sprachenlehren und 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Sandra Drumm)
Text Function
Der Zweck und die Mitteilungsabsicht eines Textes bestimmen seine Textfunktion. Die verschiedenen Textsorten werden häufig in die drei Hauptfunktionen deskriptiv, direktiv und instruktiv unterteilt.
Deskriptive Texte beschreiben und erklären einen Sachverhalt möglichst objektiv und neutral. Diese Funktion findet sich bei Lehrbüchern ebenso wie bei wissenschaftlichen Abhandlungen.
Direktive Texte verfolgen die Funktion etwas anzuweisen oder festzulegen, wie etwas getan werden soll, wie beispielsweise Vorschriften und Regelwerke.
Instruktive Texte sind Anleitungen, Gebrauchsanweisungen und Schritt-für-Schritt-Darstellungen, deren Zweck es ist, mitzuteilen, wie etwas getan werden soll.
Literatur
- Heinemann, Wolfgang & Viehweger, Dieter (2011), Textlinguistik. Eine Einführung (Reprint). Tübingen: Niemeyer.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Marianne Hepp & Marina Foschi)
Ein Textmuster ist ein Bündel von Merkmalen, die für eine spezifische Textsorte charakteristisch sind. Als kognitives Modell erlaubt es, konkrete Texte als Exemplare von bestimmten Textsorten zu erkennen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Sandra Drumm)
Type of Text
Eine Gruppe von Texten, die bestimmte Eigenschaften gemeinsam haben, die sie von anderen unterscheiden, gehören der selben Textsorte (zum Beispiel Brief, Anzeige) an. Diese Eigenschaften können textexterne und textinterne Kriterien sein.
Textexterne Kriterien sind zum Beispiel die Textfunktion, der Kommunikationskanal und die Kommunikationssituation, in der ein Text entsteht.
Textinterne Kriterien sind zum Beispiel der Wortschatz und das Satzbaumuster.
Literatur
- Adamzik, Kirsten (Hrsg.), Textsorten. Reflexionen und Analysen. Tübingen: Stauffenburg.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
(Marianne Hepp & Marina Foschi)
Ausgehend von der Vorstellung, dass Textsorten in umfassenderen kommunikativen Strukturen miteinander vernetzt sind, bezeichnet dieser Begriff die Gesamtheit der Relationen, die unter bestimmten Texten und Textsorten bestehen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
Als Thema (Topic, Setzung) gelten die Äußerungsteile, über die gesprochen wird (gelegentlich auch einfach “das Bekannte”). Das Rhema bilden demnach die Äußerungsteile, die etwas (Neues) über das Thema sagen, also im Fokus sind.
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
„A TOT is a strong feeling that a target word, although not currently recallable, is known and will be recalled“ (Schwartz 2002: 5). “Es liegt mir auf der Zunge”, und man kann vielleicht auch einzelne semantische Merkmale beschreiben, aber findet das passende Wort nicht. Der TOT-Zustand ist interessant, weil er eine Trennung zwischen Bedeutung und Form im mentalen Lexikon belegt.
Literatur
- Schwartz, Bennett L. (2002). Tip-of-the-Tongue states: Phenomenology, Mechanism, and Lexical Retrieval. Hillsdale, NJ: Erlbaum.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Olga Solovyova)
Eine bedeutende Theorie im Qualitätsmanagement stellt Demings plan-do-study-act-Modell (PDSA, auch Demingkreis genannt) dar, in dem die Qualität in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess von vier Schritten zu erreichen ist: Planen, Umsetzen, Überprüfen, Handeln (Deming 1993, 2000). Ein weiteres bedeutendes Modell ist das Total-Quality-Management-Modell (TQM), das auch im Bildungswesen anerkannt und verwendet wird. Das Grundprinzip von Total-Quality-Management ist, dass die Ressourcen der Organisation zur Verwirklichung der Ziele optimal verwendet werden. Das Modell konzentriert sich auf die Leitung, auf die Funktionen der Organisation, auf das Engagement der Mitarbeiter und auf die Kundenzufriedenheit. Das Total-Quality-Management-Modell basiert auf vier Grundpfeilern: Planung, Organisation, Überwachung und Verbesserung. Die Umsetzung des Total-Quality-Management-Modells in der Bildung ist keine leichte Aufgabe, da die Lerner sowohl „Produkte“ als auch „Produzenten“ sind, die mit Lehrkräften in bestimmten Bildungsumgebungen für das Erreichen besserer Qualität kollaborieren.
Literatur
- Deming, W. Edwards (2000), Out of the Crisis. Cambridge, MA: Massachusetts Institute of Technology. Center for Advanced Engineering Study.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Transdifference
Der Transdifferenz-Ansatz gehört zu den für die Landeskunde wichtigen Versuchen, Fremdheit nicht auflösen zu wollen, sondern das daraus entstehende Problem der kognitiven Dissonanz durch eine Betonung und Akzeptanz von Fremdheit zu lösen. Verschiedene, sich mehr oder weniger stark verändernde Positionen können somit ohne den Zwang zur Auflösung nebeneinanderstehen. Das Konzept der Transdifferenz ist aus einer intensiven Auseinandersetzung mit den Kernproblemen trans- und interkultureller Kommunikation entstanden. Insbesondere die Restriktionen und Widersprüche binärer Ansätze vom Verstehen des Eigenen und des Fremden können damit überwunden werden. Der Normalität des Fremden als Katalysator für Lernen wird zur Geltung verholfen.
Am Anfang der Entwicklung des Konzeptes der Transdifferenz lag der Fokus noch auf dem Verstehen, mit dem ähnlich dem Gadamerschen Konzept der Horizontverschmelzung eine „Verflüssigung der Differenzen“ einherging. Damit rückten nach der Kritik an der Fokussierung auf das ‚Verstehen‘ auch ‚Nichtverstehen‘ und ‚Missverstehen‘ ins Blickfeld. So wurde es möglich, „die Aufmerksamkeit auf die Differenzen zu legen, womit wiederum eine wichtige Voraussetzung für den Zugang zu einer ‚produktiven Transdifferenz‘ gegeben war“.
Dem Transdifferenzansatz geht es also wie der Skeptischen Hermeneutik oder dem Modell des ethischen Universalismus darum, die durch die Dynamik der Figuration und Transkulturation entstehenden Differenzen anders zu denken, sie nicht auflösen zu müssen. Differenzen sind also vorübergehende Erscheinungen, die instabil werden. Sie haben eine orientierungsstiftende Funktion, sollen in dieser Funktion erhalten bleiben und durch eine Komponente Transdifferenz ergänzt werden.
Literatur
- Breinig, Helmbrecht & Lösch, Klaus (2006), Transdifference. Journal for the Study of British Cultures 13: 2, 105–122.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)
Interference
Der Begriff Interferenz bezeichnet die negativen Einflüsse des Vorwissens in einer Sprache auf neu zu erwerbende Strukturen in einer anderen Sprache. Die Kontrastivhypothese geht von der Annahme aus, dass Unterschiede in der Zielsprache im Vergleich zur Erstsprache zu Erwerbsschwierigkeiten führen und es infolgedessen zu Interferenzen kommt.
Der Begriff Transfer lässt zunächst offen, welche Wirkung das Vorwissen hat. Er bezeichnet lediglich die Übernahme aus einer Sprache in die andere beim Spracherwerb (auch retroaktiv von der L2 auf die L1) und beim Codewechsel.
Literatur
- Königs, Frank G. (2010), Zweitsprachenerwerb und Fremdsprachenlernen: Begriffe und Konzepte. In: Krumm, Hans-Jürgen; Fandrych, Christian; Hufeisen, Britte & Riemer, Claudia (Hrsg.), Deutsch als Fremd- und Zweitsprache: Ein internationales Handbuch. Berlin: Walter de Gruyter, 754–763.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
Die Transferdidaktik basiert auf Gemeinsamkeiten verschiedener Sprachen (interlinguale Korrespondenzen). Diese Transferbasen bilden die Grundlage der Verständlichkeit von Sprachen einer Sprachenfamilie (Interkomprehension). Die von Klein & Stegmann (2000) entwickelte Methode des linguodidaktischen Sprachenvergleichs filtert zum Beispiel das romanische Sprachmaterial nach interlingualen Transferbasen (EuroComRom) in Form eines Wortes, einer lingualen Funktion oder einer konkreten Lernerfahrung aus. Betrachtet man beispielsweise die Zahlenfolge eins, zwei drei in verschiedenen romanischen Sprachen, zeigen sich deutliche Gemeinsamkeiten: Italienisch: uno, due, tre; Französisch: un, deux, trois; Spanisch: uno, dos, tres; Portugiesisch: um, dois, três; Katalanisch: u(n), dos, tres. Vermeintliche Gemeinsamkeiten können allerdings auch zu einer Lernhemmung und zu „falschen Freunden“ führen. Oft erwerben Lerner gerade die Aspekte, die besonders auffällig sind, weil sie sich voneinander unterscheiden.
Literatur
- Klein, Horst G. & Stegmann, Tilbert Dídac (2000), EuroComRom – die sieben Siebe. Romanische Sprachen sofort lesen können. Aachen: Shaker.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
Transferdifferenz bezeichnet die Aufgabe des Lerners, Bedeutung von und zwischen Sprachkulturen zu konstruieren und die Aufgabe der Didaktik, die Lerner dabei zu unterstützen. Konzeptuell ähnelt der Begriff daher Wilhelm von Humboldts ‚Differenzerfahrung‘.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
(Agnes Einhorn & Anna Majorosi)
Transfer Success
Als Transfererfolg bezeichnet man die Wirkung von Fortbildungen auf den Unterricht. Wenn Lehrer und Lehrerinnen nach einer Fort- oder Weiterbildung das Gelernte in den Schulalltag übertragen können und sie auch in ihrem Verhalten Veränderungen erlebt haben, dann kann der Transfererfolg als positiv eingestuft werden. Der Transfer soll bereits während der Fortbildung vorbereitet werden, zum Beispiel durch die Erarbeitung von konkreten Lernaufgaben für Lerner, Lerntagebücher oder Simulationen. Der Transfererfolg ist der erste Schritt in Richtung Nachhaltigkeit einer Fortbildung.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 3 Propädeutikum wissenschaftliches Arbeiten der Multilingua Akademie)
(Ruth Albert & Patricia Boos)
Transcription
Beim Transkribieren setzt man gesprochene Sprache in schriftliche um. Dies erfolgt heute meist mit Unterstützung von Software wie beispielsweise EXMARaLDA (Extensible Markup Language for Discourse Annotation) oder PRAAT. Ziel einer Transkription ist, die flüchtige gesprochene Sprache und ihre typischen Phänomene (turn-taking, Pausen, Intonation, Reparaturen, begleitendes para- und nonverbales Verhalten etc.) dem Forschungsaspekt angemessen „auf Papier“ festzuhalten und somit für Analysen zugänglich zu machen. Angemessen bedeutet, dass die Transkription den untersuchten Aspekten und der dafür erforderlichen Genauigkeit angepasst sein sollten. Für ein phonetisches Forschungsprojekt benötigt man ein lautschriftliches Verfahren, für eine semantische Analyse eher nicht. Dabei können verschiedene Transkriptionssysteme verwendet werden, wie zum Beispiel HIAT (Halbinterpretative Arbeitstranskription), das sich der aus der Musik bekannten Partiturschreibweise bedient, um die Synchronizität des Sprechens abzubilden, oder GAT 2 (Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem 2).
Literatur
- Albert, Ruth & Marx, Nicole (2014), Empirisches Arbeiten in Linguistik und Sprachlehrforschung. Anleitung zu quantitativen Studien von der Planungsphase bis zum Forschungsbericht (2. überarbeitete Auflage). Tübingen: Narr.
- Dittmar, Norbert (2009), Transkription. Ein Leitfaden mit Aufgaben für Studenten, Forscher und Laien. Wiesbaden: VS.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 3 Propädeutikum wissenschaftliches Arbeiten der Multilingua Akademie)
Intercultural / Multicultural / Transcultural
Multikulturalität bezeichnet im weitesten Sinne das Nebeneinander von Kulturen (in offiziell oder inoffiziell multikulturellen Gesellschaften oder Gemeinschaften). Der Begriff interkulturell betont darüber hinaus das Miteinander von Kulturen, das heißt die Prozesse des Austausches und gegenseitigen Verstehens. Im Begriff transkulturell drückt sich des Weiteren ein offenes Kulturverständnis aus, das weniger von klar umrissenen Kulturgrenzen ausgeht, als die beiden anderen Begriffe.
(Jörg Roche)
Transculturation
Transkulturation drückt den prozesshaften Charakter der Begegnung von Kulturen aus, im Gegensatz zu Binarität und Statik multi- und interkultureller Konzepte (siehe auch Transkulturalität). Transkulturation betont damit den Prozesscharakter der Kulturentwicklung und ‑konstruktion auch in der Fremdbegegnung. Anders als der Begriff ‚Transkulturalität’, der das (statische) Ergebnis von oft nicht genauer bestimmten Transkulturationsprozessen bezeichnet, wird unter
Transkulturation der Prozess der Konstruktion und Aushandlung individueller Bedeutungen von Kulturen verstanden. Der Begriff wurde 1947 von dem kubanischen Anthropologen Fernando Ortiz formuliert und beeinflusste die Entwicklung des Transdifferenz-Ansatzes.
Literatur
- Breinig, Helmbrecht; Lösch, Klaus (2002), Introduction. Difference and Transdifference. In: Helmbrecht Breinig, Jürgen Gebhard und Klaus Lösch (Hrsg.), Multiculturalism in Contemporary Societies Perspectives on Difference and Transdifference. Erlangen: Universitätsbund, 11–36.
- Lösch, Klaus (2005), Begriff und Phänomen der Transdifferenz: Zur Infragestellung binärer Differenzkonstrukte. In: Allolio-Näcke, Lars; Kalscheuer, Britta & Manzeschke, Arne (Hrsg.), Differenzen anders denken. Bausteine zu einer Kulturtheorie der Transdifferenz. Frankfurt am Main / New York: Campus, 26–49.
- Ortiz, Fernando (1947), Cuban counterpoint. Tobacco and sugar. New York: Knopf.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
(Jörg Roche)
„Translanguaging“ beschreibt die Nutzung des gesamten kommunikativen (sprachlichen und außersprachlichen) Inventars eines Sprechers in der Kommunikation. Im Mittelpunkt dieses Konzeptes steht also nicht die Systematik des Wechsels zwischen den Sprachen (Codewechsel/Code-Switching, Pragmatik), sondern die Identitätskonstitution des Sprechers mit den Mitteln sprachlicher Vielfalt.
Literatur
- García, Ofelia/Wei, Li (2014). Translanguaging. Language, bilingualism and education. Basingstoke. Palgrave Macmillan.
(Jörg Roche)
Einen in vieler Hinsicht ähnlichen Ansatz wie die Kulturstudien vertritt auch das Tübinger Modell einer integrativen Landeskunde. Dieser Ansatz wurde Ende der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre an der Universität Tübingen von einem interdisziplinären Forscherteam aus Deutschland und unter Beteiligung US-amerikanischer Expertinnen und Experten entwickelt und ist in einem Buch mit dem gleichen Titel gut dokumentiert. Ziel des Forschungsprojektes war es, durch Erarbeitung von Merkmalen grundlegender Konzepte der deutschen Kultur, wie deren Zeit- und Raumverständnis, ein Deutschlandbild zu vermitteln, das die Perspektiven der US-Amerikaner auf Deutschland, aber auch Autostereotype der Deutschen berücksichtigt. Ein weiteres Kernelement ist der Versuch, Landeskunde als interdisziplinäres Aufgabengebiet zu bearbeiten. Konstitutiv ist dabei eine inter- oder transkulturelle Verstehens- und Vermittlungsperspektive. Parallel dazu hat eine Gruppe deutscher und amerikanischer Lehrerinnen und Lehrer unter Berücksichtigung der theoretischen Erkenntnisse und weitreichender Unterrichtserfahrungen ein Lehrbuch für den interkulturellen Sprachunterricht für nordamerikanische Deutschlerner entwickelt. Es wendet sich an Lerner der Mittelstufe (B1/B2) und heißt Typisch deutsch?.
Literatur
- Behal-Thomsen, Heinke; Lundquist-Mog, Angelika & Mog, Paul (1993), Typisch deutsch? Arbeitsbuch zu Aspekten deutscher Mentalität. Berlin: Langenscheidt.
- Mog, Paul & Althaus, Hans-Joachim (1992), Die Deutschen in ihrer Welt. Tübinger Modell einer integrativen Landeskunde. Berlin & New York: Langenscheidt.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)