(Jörg Roche)
- Der Ethnolekt Kanaksprak (Kiezdeutsch) wurde zunächst vorwiegend von männlichen, in Deutschland aufgewachsenen, türkischstämmigen Sprechern erworben und verwendet. Heute ist die Kanaksprak weiter verbreitet und hat Elemente einer allgemeinen Jugendsprache angenommen. Auch autochthone deutschsprachige Jugendliche übernehmen so zum Beispiel Elemente dieses Ethnolekts, vor allem das gerollte, nicht vokalisierte /r/ und bestimmte Chunks wie Ischwör! (‚Ich schwöre’), Wörter wie Alter, Verstärker wie krass und korrekt (krasse Gegend, voll korrekt). Weitere Merkmale sind:
- Reduzierung der Anlautcluster: /ts/ werden zu /s/ reduziert, silbenzählender Rhythmus, Verkürzung der gespannten Vokale, Erhöhung der Sonoritätswerte
- Morphologie: Veränderung der Genera (gutes Gewinn, son großer Plakat), Veränderung der Endungen (schlechten Gewissen gehabt, keine richtige Gruppen), Fehlen der Artikelwörter (da wird Messer gezogen, sonst bist du toter Mann), Weglassung der Präpositionen (geh’mer Tankstelle, ich wohn ja Karl-Preis-Platz), Änderung der Verbvalenz (mit dem du geheiratet hast)
- Syntax: Veränderung der deutschen Satzstellung in SVO (jetzt ich bin 18), Weglassung der suppletiven Pronomen (als ich kennengelernt hab).
Wenn deutschsprachige Jugendliche sich dieser Varietät annehmen, dann oft, um damit eine Gruppenzugehörigkeit zu signalisieren, die eigentlich nicht gegeben ist. Damit verändert sich sukzessive das pragmatische Umfeld des Ethnolekts. Er wechselt von einem Mittel der Abgrenzung vom Mainstream zu einem Identifikationsmittel einer neuen In-Group.
Den Namen Kanaksprak hat dieser Ethnolekt von dem gleichnamigen Buch von Feridun Zaimoglu (2011) erhalten, der aus einer primären Varietät abgeleitet ist, gegenüber ihrer ursprünglichen kommunikativen Verwendung aber charakterisierende, oft poetologische Züge aufweist. So bezeichnet Zaimoglu seine Literatur als „Nachdichtung“ (21), die den Mitgliedern des authentischen Milieus eine von ihnen autorisierte Stimme verleiht. Sie hebe sich ab von dem Märchen von der Multikulturalität.
Literatur
- Auer, Peter (2003), ‚Türkenslang‘: Ein jugendsprachlicher Ethnolekt des Deutschen und seine Transformationen. In: Häcki-Buhofer, Annelies (Hrsg.), Spracherwerb und Lebensalter. Tübingen: Francke, 255–264.
- Zaimoglu, Feridun (2011), Kanak Sprak. Köln: Kiepenheuer & Witch.
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(Enikő Öveges)
can-do descriptors
Kann-Beschreibungen sind Deskriptoren der Sprachkompetenzen in Form von Aussagen darüber, wozu der Sprachverwender oder die Sprachverwenderin/der Lerner in der Lage sein soll. Sind können in anschaulichen Skalen für bestimmte verbale Sprachaktivitäten und ‑strategien dargestellt werden. Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen unterteilt sie in 6 Kompetenzstufen. Kann-Beschreibungen können auch produktiv im Unterricht verwendet werden.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
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Kanonizität bezeichnet in der Kognitiven Linguistik auf Grund von Welterfahrungen, Plausibilität oder Häufigkeit etablierte Eigenschaften oder Beziehungen verschiedener Elemente. In der Domäne Raum gilt das Verhältnis zwischen der Präposition unter und dem Relatum Dach als kanonisch, die Relation zwischen unter und Auto dagegen als nicht-kanonisch, weil in in diesem Fall etablierter scheint. In empirischen Studien ist es oft sinnvoll, einen Aufgabenteil für Versuchspersonen (VPn) eher im Kontext einer nicht-kanonischen Verwendung zu gestalten, damit die VPn nicht einfachheitshalber das vertrauteste und am schnellsten abrufbare Muster aktivieren.
Literatur
Nachtigäller, Kerstin; Rohlfing, Katharina J. & McGregor, Karla K. (2013), A story about a word: does narrative presentation promote learning of a spatial preposition in German two-year-olds?. Journal of Child Language 40, 900–917.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 3 Propädeutikum wissenschaftliches Arbeiten der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche)
Dieser Ethnolekt wird auch Kanaksprak genannt und weist folgende Merkmale aus:
- Auslassung von Artikel und Präpositionen bei Ortsangaben: Wir gehen Görlitzer Park
- Andere Endung beim Artikel: Die mit den Knutschfleck immer hier, Ich frag mein Schwester
- Fehlendes Pronomen: Du kennst!
- Fehlender Artikel: Und die hat immer hier Knutschfleck,
- Fehlende Verbform: München weit weg, Alter.
- Neue Aufforderungswörter: lassma (Lassma Moritzplatz aussteigen!)
- Neue Partikeln: gibs oder gibt’s
- Neue Funktionsverbgefüge: Rote Ampel machen (Machst du rote Ampel!)
- Subjekt-Verb-Objekt-Konstruktion: Verb steht an anderer Stelle (Danach ich ruf dich an)
- Verb-Subjekt-Objekt-Konstruktionen: Guckst du´n bisschen traurisch
- Lexikalische Reduktion: Ich guck dich.
(aus Wiese 2012: 53ff und Wiese 2006: 255ff)
Literatur
- Wiese, Heike (2006): Wiese, Heike (2006). „Ich mach dich Messer“: Grammatische Produktivität in Kiez-Sprache („Kanak Sprak“). Linguistische Berichte 207, 245–273.
- Wiese, Heike (2012): Kiezdeutsch: Ein neuer Dialekt entsteht. München: Beck.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
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(Agnes Einhorn & Eva Major)
Die Forschung zur Qualität von Lehrkräften nennt zwei Argumentationsmöglichkeiten als Ausgangspunkt: die Bright Person Hypothesis (BPH) und Knowledgeable Teacher Hypothesis (KTH). Die Knowledgeable Teacher Hypothesis (KTH) besagt, dass Lehrkompetenzen lernbar sind, in einer professionellen Umgebung anerkannt werden und im Laufe der Kommunikation mit der Gruppe von Fachleuten entwickelt werden können. Zu den erlernbaren Inhalten gehören: das fachspezifische Inhaltswissen der Lehrkräfte, das fachspezifische, pädagogische Inhaltswissen und das fachunspezifische psychologisch-pädagogische Wissen. Diese drei sind also die Bereiche, in denen zukünftige Lehrer und Lehrerinnen geschult werden müssen. Der Anteil dieser Elemente innerhalb des Lehrerausbildungsprogramms kann variieren (Kunter et al. 2013).
Literatur
Kunter, Marieke; Klusmann, Uta; Baumert, Jürgen; Richter, Dirk; Voss, Thamar & Hachfeld, Axinja (2013), Professional competence of teachers: Effects on instructional quality and student development. Journal of Educational Psychology 105: 3, 805–820.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
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Cognitive Skills
Kognitive Fertigkeiten werden zur Lösung von Problemen und Aufgaben beziehungsweise Anwendung von kognitiven Strategien eingesetzt.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Cognitive Grammar
Es handelt sich um einen Ansatz innerhalb der kognitiven Linguistik, der die konzeptuelle Motiviertheit beziehungsweise die Bedeutungshaftigkeit der Grammatik unter Rückgriff auf allgemein kognitive Prinzipien und unter Verwendung bildhafter Symbole beschreibt. Zu solchen Prinzipien zählen unter anderem die Salienz, die Perspektivierung und die Spezifizität. So werden zum Beispiel das Subjekt und das Objekt im Satz durch das Figur-Grund-Prinzip erklärt, nach dem ein Element stets vom dem Hintergrund anderer Elemente hervorsticht. Außerdem teilt die kognitive Grammatik die wichtigsten Annahmen der kognitiven Linguistik.
Literatur
- Langacker, Ronald W. (1991), Descriptive Application. Foundations of Cognitive Grammar. Stanford: Stanford University Press.
- Langacker, Ronald W. (2008), Cognitive Grammar. A Basic Introduction. Oxford, New York: Oxford University Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche)
Cognitive Linguistics
Die kognitive Linguistik beschäftigt sich systematisch damit, wie das Denken über mentale Modelle und Bildschemata in der Sprache abgebildet wird und wie diese sprachlich abgebildeten Modelle das weitere Denken beeinflussen. Sie betont die symbolische Funktion von Sprache, deren Teile beziehungsweise Symbole als Paare, bestehend aus (phonologischer) Form und Bedeutung, beschrieben werden. Die konzeptuellen Organisationsprinzipien des symbolischen Systems der Sprache – und vor allem der Grammatik – erklärt die kognitive Linguistik hauptsächlich anhand von allgemeinen Prozessen und Phänomenen der menschlichen Kognition wie zum Beispiel Analogiebildung, Kategorisierung, Komposition, Prototypeneffekte und Ähnliches. Die Sprachbeschreibung erlangt damit eine kognitive Plausibilität. Auch die Veränderbarkeit des symbolischen Systems durch die Sprecher selbst wird in der kognitiven Linguistik im Gegensatz zu den vorherigen Ansätzen stark betont. Entscheidend ist das Sprachwissen des Sprechers. Damit wendet sich die kognitive Linguistik entschieden von der generativen Grammatik von Chomsky ab.
Die kognitive Linguistik basiert auf den folgenden Annahmen: Sprache ist Konzeptualisierung (thesis that meaning is conceptualisation), Sprache ist und entwickelt sich gebrauchsbasiert und damit in unterschiedlichen kulturellen Kontexten (usage-based thesis), Bedeutung ergibt sich aus der Gesamtheit des Wissens aller konzeptuellen Bestände (thesis of encyclopedic semantics) und körperlicher Erfahrungen (thesis of embodied cognition) und Form und Bedeutung bilden eine Einheit (symbolic thesis) (vergleiche Evans 2012).
Literatur
- Evans, Vyvyan (2012), Cognitive linguistics. Wiley Interdisciplinary Reviews: Cognitive Science 3: 2, 129–141.
- Evans, Vyvyan & Green, Melanie (2006), Cognitive Linguistics. An Introduction. Mahwah, N.J: L. Erlbaum.
- Langacker, Ronald W. (2008), Cognitive Grammar. A Basic Introduction. Oxford, New York: Oxford University Press.
(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Cognitive Semantics
Die Kognitive Semantik ist ein kognitionswissenschaftlicher Ansatz, der zusammen mit der Konstruktionsgrammatik, conceptual metaphor theory und kognitiven Grammatik das Ziel hat, die kognitiven Prinzipien in der Sprache und Sprachbeschreibung mit hoher Plausibilität und Transparenz abzubilden und mit der allgemeinen menschlichen Kognition zu vereinbaren. Im Zentrum der kognitiven Semantik steht daher die Erschließung des allgemeinen konzeptuellen Systems anhand der Sprache. Alle Bereiche der Sprache werden als symbolhaft und bedeutungsvoll angesehen. Auch grammatische Strukturen besitzen semantische Funktionen. Nach Talmy (2000) bestehen diese darin, die konzeptuelle Struktur der Sprache zu repräsentieren, während die semantische Funktion des Lexikons und lexikalischer Strukturen darin besteht, den konzeptuellen Inhalt darzustellen. Die Grammatik bildet die konzeptuelle Struktur, mit der der konzeptuelle Inhalt – also das Lexikon – organisiert wird.
Nicht nur Wörter wie Kaffeemaschine besitzen eine Bedeutung, sondern auch das Kasussystem und einzelne Morpheme. Während die Bedeutung des Wortes Kaffeemaschine konkret zu bestimmen ist, ist die Bedeutung des Kasussystems jedoch vielschichtiger und weniger greifbar. Der Kasus zeigt an, welche Beziehung das Subjekt eines Satzes zu den anderen Konstituenten hat (zum Beispiel Agens – Patiens).
Literatur
- Talmy, Leonard (1983), How language structures space. In: Pick, Herbert & Acredolo, Linda P. (Eds.), Spatial orientation: Theory, research, and application. New York: Plenum Press, 225–282.
- Talmy, Leonard (2000), Toward a Cognitive Semantics. Vol. 1: Concept Structuring Systems. Cambridge: MIT Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Die kognitive Sprachendidaktik leitet sich aus den Grundlagen der kognitiven Linguistik ab, der Gliederung der Sprache in Basisdomänen, Bildschemata und die Ebene der Profilierung. Aus dem konzeptuellen Kontrast von Lernersprache und Zielsprache ergibt sich der Bereich der Transferdifferenz, der die Aufgabe des Lerners – und die didaktische Aufgabe des Unterrichts – zum Erreichen konzeptueller Kompetenz umfasst. Aus den konzeptuellen Differenzen der Sprachen lassen sich adäquate Wege und Instrumente zur Vermittlung fremder Sprachen ableiten. Diese Wege und Instrumente lassen sich systematisch erforschen.
Literatur
- Roche, Jörg & Suñer, Ferran (2017), Sprachenlernen und Kognition. Grundlagen einer kognitiven Sprachendidaktik (Kompendium DaF/DaZ). Tübingen: Narr.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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Cognitive Strategies
Kognitive Strategien gehören zu den kognitiven Fertigkeiten und dienen der unmittelbaren Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung. Unter anderem zählen zu den kognitiven Strategien Memorierungs- und Wiederholungsstrategien, Elaborationsstrategien, Transformationsstrategien und reduktiv-organisierende Strategien. Kognitive Strategien umfassen Lerntechniken zur Aufnahme, Identifikation, Einordnung, Einprägung, Elaboration und kritischen Prüfung sowie Speicherung von Informationen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Sandra Drumm)
Coherence
Um als Text zu gelten, muss eine Satzfolge Kohärenz aufweisen, damit sie von Rezipierenden als zusammengehörig erfasst werden kann. „Kohärenz ist das vom Rezipienten beim Textverstehen zu rekonstruierende Zusammenstimmen der Textteile zu einem integralen Ganzen, zu einem funktional aufzufassenden Thema“ (Sieber 2008: 277). Der Textzusammenhang, der zum Beispiel durch zeitlich zusammenhängende Ereignisse, einen gemeinsamen Ort oder einen in sich stimmigen thematischen Rahmen gestiftet wird, wird als Kohärenz bezeichnet. Als kohärent gilt ein Text, wenn er inhaltlich zusammenhängt oder als zusammenhängend betrachtet werden kann. Im Gegensatz zur Kohäsion wird dieser Zusammenhang aber auf logischer beziehungsweise thematischer und nicht (nur) auf sprachlich-syntaktischer Ebene erreicht. Heinemann und Heinemann (2002) unterscheiden zwischen einer textgeleiteten Komponente der Kohärenz und der Verknüpfung von im Text präsentierten Inhalten mit dem Weltwissen der Rezipierenden, also einer wissensgeleiteten Kohärenz (vgl. ebd.: 94 f.). Was von Leserinnen und Lesern als zusammenhängend verstanden wird, basiert auf deren Vorwissen, Leseerfahrung und ihren daraus resultierenden Erwartungen.
Literatur
- Heinemann, Margot & Heinemann, Wolfgang (2002), Grundlagen der Textlinguistik. Interaktion – Text – Diskurs. Tübingen: Niemeyer.
- Sieber, Peter (2008), Kriterien der Textbewertung am Beispiel Parlando. In: Janich, Nina (Hrsg.), Textlinguistik. 15 Einführungen. Tübingen: Narr, 271–289.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
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(Sabine De Knop & Jörg Roche)
Collocation
Unter Kollokationen versteht man in der Fremdsprachendidaktik häufig gemeinsam miteinander vorkommende, in ihrer Kombination voraussagbare lexikalische Einheiten, zum Beispiel blond und Haar. Neuere Modelle des Fremdsprachenerwerbs gehen davon aus, dass ein Lernen in festen Kollokationen, nämlich in Sequenzen und Chunks, besonders in den Anfangsphasen des Erwerbs, eine Grundbedingung für erfolgreichen Erwerb ist (Handwerker 2008). Die zugrundeliegende Idee ist, dass „much of communication makes use of fixed expressions memorized as formulaic chunks” (Ellis & Cadierno 2009: 114). Kommunikation beruht auf solchen Sequenzen, entweder in der Form von Kollokationen, von Mehrwort-Sequenzen, von Holophrasen, von Phrasemen, von Idiomen (Wulff 2012). Das Fremdsprachenlernen ist „the learning of an inventory of patterns as arrangements of words with their associated structural meanings” (Ellis & Cadierno 2009: 114). Patterns sind hier nicht zu verstehen als fixierte, aber kontextlose Schablonen im Sinne der audiolingualen Methode, sondern als rekurrente, bedeutungsvolle Muster.
Literatur
Ellis, Nick & Cadierno, Teresa (2009), Constructing a Second Language. Introduction to the special section. Annual Review of Cognitive Linguistics 7, 11–139.
Handwerker, Brigitte (2008), ‘Chunks’ und Konstruktionen – Zur Integration von lerntheoretischem und grammatischem Ansatz. Estudios Filológicos Alemanes 15, 49–64.
Wulff, Stefanie (2012), Idiomaticity. In: Robinson, Peter (Ed.), The Routledge Encyclopedia of Second Language Acquisition. London: Routledge, 291–293.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Sandra Drumm & Jörg Roche)
Competence
Kompetenzen sind nach Weinert (2003: 27–28) „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“. Die Fächer der Schule sind mit bestimmten Kompetenzen verbunden, die die Lerner durch die Auseinandersetzung mit den fachlichen Themen erwerben sollen und die über die Kenntnis des reinen Inhalts hinausreichen. Die Orientierung auf Kompetenzen, also das, was erreicht werden soll, steht im Mittelpunkt aller neueren Referenzrahmen und Curricula. Sie unterscheidet sich stark von der Steuerung des Unterrichts durch den Input oder instruktionelle Maßnahmen der Lehrkräfte. Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen ist ein wichtiges Beispiel für Can-Do-Kompetenzen (Kompetenzniveaus). Die Inflation des Kompetenz-Begriffes im Bildungsbereich wird inzwischen oft kritisiert, da keine Trennschärfe besteht.
Literatur
- Bausch, Karl-Richard; Burwitz-Melzer, Eva & Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.) (2008), Fremdsprachenlernen erforschen: sprachspezifisch oder sprachenübergreifend? Arbeitspapiere der 28. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr.
- Weinert, Franz E. (2003), Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim, Basel: Beltz.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche)
Constructions
Konstruktionen sind Ausdruck der symbolischen Struktur der Sprache und Form-Bedeutungspaare mit semantischen, lexikalischen und grammatischen Merkmalen. Demnach sind sowohl ditransitive Sätze (zum Beispiel Pep gibt den Bayern einen Korb) als auch grammatische Morpheme (zum Beispiel -ling, -er oder -ung) oder einzelne einfache lexikalische Wörter (zum Beispiel Institut, Beirat oder Soziolinguistik) als Konstruktionen mit Form- und Bedeutungsebene anzusehen. Konstruktionen sind der zentrale Untersuchungsgegenstand der Konstruktionsgrammatik.
Literatur
- Behrens, Heike (2009), Konstruktionen im Spracherwerb. Zeitschrift für Germanistische Linguistik 37: 3, 427–444.
- Tomasello, Michael (2003), Constructing a Language. A Usage-Based Theory of Language Acquisition. Cambridge, Mass: Harvard University Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Kees de Bot)
Construction Grammar
Dieser Ansatz, der allerdings keine einheitliche Theorie bildet, geht von einem engen Zusammenhang zwischen Grammatik und Kognition aus. Sprache besteht aus symbolischen Strukturen, die eine Form- und eine Bedeutungsseite haben. Diese Form-Bedeutungspaare, die als Konstruktionen bezeichnet werden, finden sich sowohl im Lexikon als auch in der Grammatik. Demnach sind sowohl ditransitive Sätze (z.B. Pep gibt den Bayern einen Korb) als auch grammatische Morpheme (zum Beispiel ling, ‑er oder ‑ung) oder gar einzelne einfache lexikalische Wörter (zum Beispiel Institut, Beirat oder Soziolinguistik) als Konstruktionen anzusehen. Die Konstruktionsgrammatik erlaubt weiterhin eine präzisere Beschreibung der Zwischenstadien des Spracherwerbs, weil sie auch diejenigen Konstruktionen der Lernersprache erfasst, die in unterschiedlicher Intensität von den zielsprachlichen Konstruktionen abweichen.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Manuela Sato-Prinz)
Contact Hypothesis
Die Kontakthypothese besagt, dass der Kontakt zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Gruppen die Einstellungen der Gruppenmitglieder der einen Gruppe gegenüber der anderen Gruppe positiv beeinflussen kann. Verschiedene Bedingungen, wie der gleiche Status oder die Erreichung eines gemeinsamen Ziels durch Kooperation, erweisen sich dabei als förderlich. Die Kontakthypothese wurde erstmals von Allport (1954) formuliert. Pettigrew (1998) konkretisierte und unterteilte sie in drei Phasen: Dekategorisierung, Salienz der ursprünglichen Kategorisierung und Rekategorisierung. Zu Beginn des Kontakts nehmen sich die interagierenden Personen als Individuen wahr, unabhängig von ihrer (kulturellen) Gruppenzugehörigkeit (Decategorization). Durch Kooperation können Unsicherheit ab- und positive Gefühle aufgebaut werden, bevor den Personen bewusst wird, dass sie eigentlich zu unterschiedlichen (kulturellen) Gruppen gehören (Salient Categorization). Die positiven Erfahrungen auf individueller Ebene werden im günstigsten Fall auf die (kulturelle) Gruppe der anderen Beteiligten übertragen. Es wird ein neues Gruppenverständnis, ein Wir-Gefühl, ausgebildet (Recategorization).
Literatur
- Allport, Gordon W. (1954), The Nature of Prejudice. Cambridge, Mass.: Addison-Wesley Publishing Company.
- Pettigrew, Thomas F. (1998), Intergroup Contact Theory. Annual Review of Psychology 49, 65–85.
- Stürmer, Stefan (2009), Die Kontakthypothese. In: Petersen, Lars-Eric & Six, Bernd (Hg.), Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung. Theorien, Befunde und Interventionen. Weinheim: Beltz PVU, 283–288.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
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(Gesine Lenore Schiewer)
Contact Linguistics
Kontaktlinguistik beschäftigt sich mit der Erfassung, der Beschreibung, der Modellierung, der Typisierung, der Interpretation und der Evaluation jeglicher Manifestationen von Sprachenkontakt, sowohl im Hinblick auf die Bedingungen als auch auf den Prozess und dessen Ergebnis, einschließlich des Kontaktverhaltens und des Kontakterlebens der Sprecher (vergleiche Földes 2010). Zum Beispiel hat die literarische Verwendung und Gestaltung des Deutschen in der Gegenwart, wie auch in der Vergangenheit, kontaktlinguistische Dimensionen, auch wenn dieser Aspekt in der Kontaktlinguistik und Mehrsprachigkeitsforschung bislang eher am Rande behandelt wird. Die deutschsprachige Literatur wird mit anderen Worten von anderssprachigen Literaturen beeinflusst und wirkt ihrerseits auf andere. Darüber hinaus bezieht sich der Begriff „internationale Literatursprache“ auch darauf, dass das Deutsche über nationale Grenzen hinweg literarisch verwendet wird und dabei natürlich auch stetig variiert und fortentwickelt wird.
Literatur
- Földes Csaba (2010), Was ist Kontaktlinguistik? Notizen zu Standort, Inhalten und Methoden einer Wissenschaftskultur im Aufbruch. In: Bergmann, Hubert, Glauninger Manfred M., Wandl-Vogt, Evelyne & Winterstein, Stefan (Hg.), Fokus Dialekt. Analysieren – Dokumentieren – Kommunizieren. Festschrift für Ingeborg Geyer zum 60. Geburtstag. (= Germanistische Linguistik. 199–201). Olms Hildesheim/ Zürich/ New York 2010, 133–156.
- Schiewer, Gesine Lenore (2015), Die Nomadisierung der Moderne (Ilja Trojanow) als sprachpoetisches Programm. Interkulturelle Literaturwissenschaft und Fremdsprachenunterricht am Beispiel von ‚Chamisso-Literatur’. In: IDT 2013, Bd. 1, Hauptvorträge, hg. von Hans Drumbl und Antonie Hornung. Bozen: bu,press, 149–171.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
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(Gesine Lenore Schiewer)
Contextualization (Interactional Sociolinguistics)
Man spricht von interaktionaler Soziolinguistik und Kontextualisierungstheorie. Diesem Ansatz zufolge ist Sprache und Kommunikation in räumliche, zeitliche und situative Kontexte eingebettet; diese Kontexte werden von den Interaktanten im Prozess der Verständigung berücksichtigt. Die Art, wie Menschen ihre objektiven Lebensgegebenheiten mittels Sprache gestalten – die denotative Bedeutung – werden ebenso berücksichtigt wie der subjektiv gemeinte Sinn mit seinen kulturellen Dimensionen. Rechnung getragen wird also sowohl den Freiheiten der Sprachverwendung – das heißt der individuellen oder kreativen Sinngebung – als auch der verständigungssichernden Norm- und Regelorientierung des Sprachgebrauchs. Im Zentrum steht die interaktive Abklärung des jeweils Gemeinten durch die Kommunikationspartner und ‑partnerinnen im emergenten Prozess der sozialen Aushandlung von Bedeutungen.
Literatur
- Gumperz, John (1982), Discourse Strategies. Cambridge: Cambridge University Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Contextual Metaphor
Wenn bei piktorialen Metaphern die Information aus dem Kontext (zum Beispiel das begleitende Bild) zur Erschließung der Metapher beiträgt, spricht man von einer kontextuellen Metapher. Wenn eine Sprachschule „Rückendeckung“ beim Sprachenlernen anbietet und dazu ein Bild von Gardesoldaten verwendet, kann die Metapher SPRACHENLERNEN IST EIN KAMPF kontextuell erschlossen werden. Es wird evoziert, dass die Sprachschule den Schülern die Unterstützung bietet, die sie zur Bewältigung kommunikativer Situationen in der Fremdsprache benötigen.
Literatur
- Forceville, Charles (2008), Metaphor in pictures and multimodal representations. In: Gibbs, Raymond W. Jr. (Ed.), The Cambridge Handbook of Metaphor and Thought. Cambridge: Cambridge University Press, 462–482.
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(Isabel Hoffmann)
Darunter versteht man die räumliche und zeitliche Nähe bei der Darbietung von multimodalen Informationen. Diese sind nach der kognitiven Theorie des multimedialen Lernens für den Lernerfolg förderlicher als die jeweils räumlich oder zeitlich getrennte Präsentation entsprechender Informationen (vergleiche Mayer 2014; Mayer, Heiser & Lonn 2001; Mayer & Moreno 1998a, 1998b).
Literatur
- Mayer, Richard. E., Heiser, Julie & Lonn, Steve (2001), Cognitive constraints on multimedia learning: When presenting more material results in less under-standing. Journal of Educational Psychology 93: 1, 187–198.
- Mayer, Richard E. & Moreno, Roxana (1998a), A cognitive theory of multimedia learning: Implications for design principles. In: CHI-98 Workshop on Hyped-Media to Hyper-Media, Los Angeles, USA.
- Mayer, Richard E. & Moreno, Roxana (1998b), A split-attention effect in multimedia learning: Evidence for dual pro-cessing systems in working memory. Journal of Educational Psychology 90, 312–320.
- Mayer, Richard E. (Ed.) (2014), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (2nd ed.). New York: Cambridge University Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 9 Grundlagen der Medienwissenschaft und Mediendidaktik der Multilingua Akademie)
Die vergleichsweise junge Disziplin der kontrastiven Textologie beschäftigt sich mit wissenschaftsspezifischen Objektivationen. Ihre Verfahren und Ergebnisse schlagen sich nicht nur in begrifflichen, sondern auch in textuellen Strukturen nieder.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissenschaftssprachen der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Conventionalization
Im Prozess der Sprachentwicklung entstehen Neologismen, die durch häufigere Verwendung bei einer Person oder in einer Sprachgemeinschaft allgemeine Akzeptanz finden. Sie bürgern sich ein, bis sie sich zu festen Konstruktionen verfestigen (entrenchment). Die einzelnen Teile mehrteiliger Konstruktionen sind oft nicht mehr als Einzelteile erkennbar (siehe Nicht-Kompositionalität).
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Kees de Bot)
Convergence
Anstelle genereller Prinzipien im Code-Switching können gemeinsame Tendenzen der Konvergenz angeführt werden. Demnach gleichen sich Sprachen einander mehr an, um Codewechsel zu erleichtern.
Literatur
Clyne, Michael (2003), Dynamics of language contact. Cambridge: Cambridge University Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
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Concept
Viele Bereiche der Sprache lassen sich im Kontext der kognitiven Linguistik anhand von allgemeinen Prinzipien der Perzeption sowie Prozessen des bildlichen Denkens beschreiben. Beim Sprechen greift man häufig auf alltägliche körperliche Erfahrungen, wie bespielsweise Raumerfahrungen (OBEN — UNTEN, VORNE-HINTEN, VERTIKALITÄT etc.) oder Kraft und Dynamik zurück. So nutzt man zum Beispiel bei Ausdrücken wie wir haben den Termin vorverlegt oder nach hinten verschoben räumliche Konzepte wie VOR und HINTEN, um sich auf das abstrakte Konzept der Zeit zu beziehen.
Auch Metaphern lassen sich häufig auf körperliche Erfahrungen zurückführen, so sitzt man zwischen zwei Stühlen, wenn man sich nicht entscheiden kann oder in einer Situation unwohl fühlt.
Durch die kulturspezifische Prägung der Konzepte entstehen häufig sprachliche Fehler, deren wirkliche Ursache an der Oberfläche nicht unbedingt sichtbar werden.
Literatur
- Evans, Vyvyan (2012), Cognitive linguistics. Wiley Interdisciplinary Reviews: Cognitive Science 3: 2, 129–141.
- Evans, Vyvyan & Green, Melanie (2006), Cognitive Linguistics. An Introduction. Mahwah, N.J: L. Erlbaum.
- Langacker, Ronald W. (2008), Cognitive Grammar. A Basic Introduction. Oxford, New York: Oxford University Press.
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(Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche)
Conceptualisation
Unter Konzeptualisierung versteht man in der kognitiven Linguistik die Fähigkeit, Erfahrungen auf eine bestimmte Weise mental zu konstruieren (construal bei Langacker 2008, imaging system bei Talmy 2000). Aspekte der Spezifizität, Fokussierung, Salienz und Perspektivierung bestimmen die Konzeptualisierung, die sich an der sprachlichen Oberfläche in unterschiedlichen lexikalischen oder grammatischen Realisierungen niederschlagen.
All diese Prinzipien allgemeiner Kognition sind für eine erfolgreiche Kommunikation ausschlaggebend, bleiben aber den Sprechern in der Regel verborgen, da sie beim Zuhören in der Regel auf den Inhalt fokussiert sind. Im Kontext der Sprachvermittlung erweist es sich als sehr hilfreich, die verschiedenen Möglichkeiten der Organisation konzeptuellen Inhalts sichtbar zu machen. Da die Konzeptualisierung auch den Prozess der Formulierung von sprachlichen Nachrichten steuert, kann nur die angemessene Konzeptualisierung den Ausgangspunkt für die Grammatikvermittlung darstellen.
Literatur
Langacker, Ronald W. (2008), Cognitive grammar as a basis for language instruction. In: Robinson, Peter & Ellis, Nick C. (Eds.), Handbook of Cognitive Linguistics and Second Language Acquisition. New York: Routledge, 66–88.
Talmy, Leonard (2000), Toward a Cognitive Semantics. Vol. 1: Concept Structuring Systems. Cambridge: MIT Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche)
Conceptual Competence
Die konzeptuelle Kompetenz beschreibt die Fähigkeit, die physische und soziale Konstruktion einer fremden Situation wahrzunehmen und in der Lage zu sein, sich darin angemessen zu bewegen, ohne sich ihr konformistisch anzupassen.
Literatur
Danesi, Marcel (2008), Conceptual errors in second-language learning. In: De Knop, Sabine & De Rycker, Teun (Eds.), Cognitive Approaches to Pedagogical Grammer. Berlin/New York: De Gruyter, 231–256.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz)
Conceptual Metaphor
Mit dem Begriff der konzeptuellen Metapher wird das konzeptuelle Gerüst einer Metapher bezeichnet. Es entsteht aus der Projektion (Mapping) einer Quellendomäne (hierbei kann es sich auch um eine Basisdomäne handeln) auf eine Zieldomäne. Konzeptuelle Metaphern bestimmen den Sprachgebrauch und sind allgegenwärtig. Ein Chat Room hat zum Beispiel keine physische Gestalt wie ein Raum, der Kopf/Anfang eines Monats hat in asiatischen Sprachen weder Kopf, Hand noch Fuß, genauso wenig wie einen räumlichen Anfang oder ein räumliches Ende im Deutschen. Konzeptuelle Metaphern unterscheiden sich vom rhetorischen Metaphernbegriff, der auf sprachliche (literarische) Figuren begrenzt ist. Die sprachliche Manifestation des konzeptuellen Metapherngehalts zeigt sich in linguistischen Metaphern.
Aus der konzeptuellen Metapher DIE LIEBE (Bildempfänger-Domäne) IST EINE REISE (Bildspender-Domäne) lassen sich beispielsweise die linguistischen Metaphern unsere Beziehung führt zu nichts oder wir wollen einen gemeinsamen Weg gehen ableiten.
Literatur
- Lakoff, George & Johnson, Mark (1980), Metaphors we live by. Chicago: The University of Chicago Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Ruth Albert & Patricia Boos)
Corpus
Ein Korpus ist eine Sammlung schriftlicher oder gesprochener (meist transkribierter) Sprachdaten als Grundlage für sprachwissenschaftliche Analysen. Für das Deutsche gibt es eine große Anzahl an Korpora. Häufig dienen folgende Korpustypen als Untersuchungsgrundlage: Korpora geschriebener/gesprochener Sprache, Referenzkorpora (zum Beispiel das deutsche Referenzkorpus), spezialisierte Korpora (zum Beispiel zur Wissenschaftssprache), synchrone/diachrone Korpora (Sprachgebrauch zu einem bestimmten Zeitpunkt/Sprachwandel im Laufe der Zeit; zum Beispiel das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache), multimediale Korpora, Korpora zu Lernersprachen (zum Beispiel das FALKO-Korpus) etc.
Viele Korpora liegen digitalisiert (meist auch über das Internet frei zugänglich) vor, so dass ein computerbasiertes automatisches Durchsuchen der Korpora möglich wird. Meist können einzelne Wörter oder Wortkombinationen eingegeben werden und man bekommt Belegstellen, die diese Wörter in ihrem Kontext zeigen (Kollokationen). Noch mehr Hilfestellung bieten so genannte ‚annotierte Korpora‘. Diese sind bereits nach bestimmten Kriterien vor-ausgewertet. Sind zum Beispiel die syntaktischen Rollen der einzelnen Teile im Satz angegeben, so kann man das Korpus unter anderem nach Akkusativobjekten durchsuchen.
Literatur
- Albert, Ruth & Marx, Nicole (2014), Empirisches Arbeiten in Linguistik und Sprachlehrforschung. Anleitung zu quantitativen Studien von der Planungsphase bis zum Forschungsbericht (2. überarbeitete Auflage). Tübingen: Narr.
- Lemnitzer, Lothar & Zinsmeister, Heike (2006), Korpuslinguistik. Tübingen: Narr.
- Scherer, Carmen (2006), Korpuslinguistik. Heidelberg: Winter.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 3 Propädeutikum wissenschaftliches Arbeiten der Multilingua Akademie)
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(Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche)
Force-Dynamics
Ein besonders intensiv erforschter Bereich der Nutzung von Bildschemata als konzeptuelle Basis bestimmter Grammatikbereiche findet sich im sogenannten Vorstellungssystem der Kraft-Dynamik von Talmy (2000). In diesem Ansatz nimmt Talmy kinästhetische Erfahrungen (körperliche Erfahrungen in Bezug auf Kraft und Bewegung) sowie somatosensorische Erfahrungen (körperliche Erfahrungen in Bezug auf Druck und Schmerz) als Grundlage zur Beschreibung von Sprache und vor allem der Kausalität. So kann der Satz Das Flugzeug stürzte ins Meer sowohl in Bezug auf die verursachende Kraft ergänzt werden (Das Flugzeug stürzte ins Meer wegen eines Anfängerfehlers des Piloten) als auch in Bezug auf die dynamische Opposition (Das Flugzeug stürzte ins Meer trotz des starken Auftriebs). Diese Interaktionen zwischen Kraft und Dynamik überträgt Talmy unter anderem auch auf psychologische und soziale Domänen. So unterscheidet sich der eher neutrale Satz Die DDR öffnete die Mauer beträchtlich vom Satz Die DDR wurde dazu gezwungen, die Mauer zu öffnen, und zwar in der sozialen Kraft, die auf sie ausgeübt wird („Wir sind das Volk“). Kraft-Dynamik-Verhältnisse können unter anderem zur systematischen Erklärung der konzeptuellen Struktur von Konnektoren und Präpositionen (konzessive, kausale etc.) und Modalverben herangezogen werden.
Literatur
- Evans, Vyvyan & Melanie Green (2006), Cognitive Linguistics. An Introduction. Mahwah, N.J.: L. Erlbaum.
- Talmy, Leonard (2000), Toward a Cognitive Semantics. Vol. 1: Concept Structuring Systems. Cambridge: MIT Press.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 1 Sprachenlernen und Kognition der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Svenja Uth)
Creolisation, Restructuring & Fossilization
Da eine Kreolsprache im Gegensatz zu einer Pidginsprache nicht mehr auf bestimmte Situationen und Funktionsbereiche beschränkt ist, sondern alle möglichen Funktionen einer L1 abdecken soll, muss die Sprache ausgebaut werden. Es kommt zu einer Erweiterung des Vokabulars, zu einer Diversifikation und Regulation der phonetischen und strukturellen Muster, zu einer Elaboration der Ausdrucksweise und zu einer Anreicherung der Sprachfunktionen. Die Kreolisierung beschreibt die Entstehung und Verfestigung einer eigenständigen Sprache und ist daher also mit Fossilisierungsprozessen vergleichbar.
Basilektale Kreolvarietäten haben in karibischen Sprachen stark fossilisiert über viele Jahrhunderte bestanden und müssen genetisch von mesolektalen Varietäten unterschieden werden. Die mesolektalen Varietäten gelten als Produkt von kreativen Adaptationen und Restrukturierungsprozessen in einer intensiven Kontaktsituation von Substrat- und Superstratsprechern und ‑sprecherinnen im 17. und 18. Jahrhundert. Es handelt sich demnach weder um Imitationen von Superstratdialekten noch um dekreolisierte Varietäten von Basilekten. In den basilektalen Varietäten finden dagegen kaum Restrukturierungen der L2 oder des Superstrats statt. Da sich basilektale Varietäten grundsätzlich (genetisch) von anderen Kreolsprachen unterscheiden, findet also keine Restrukturierung zwischen den Stufen statt. Demnach erfolgt auch kein Übergang von basilektalen zu mesolektalen Varietäten.
Literatur
- Winford, Donald (2000), “Intermediate“ creoles and degrees of change in creole formation. The case of Bajan. In: Neumann-Holzschuh, Ingrid & Schneider, Edgar W. (Hrsg.), Degrees of restructuring in Creole languages. Amsterdam & Philadelphia: John Benjamins, 215–246.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 4 Mehrsprachigkeit und Sprachenerwerb der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche & Svenja Uth)
Creole
Eine Kreolsprache ist eine Sprache, die als ehemalige Pidginsprache als voll ausgebaute und vereinzelt auch standardisierte Muttersprache fungiert, wobei die funktionellen und grammatischen Beschränkungen, Vereinfachungen und Reduktionen des Pidgins beseitigt sind. Auch eine spontane Kreolisierung ohne eine Pidginphase ist möglich. Kreolsprachen sind hauptsächlich in Gebieten entstanden, in denen die einheimische Bevölkerung von europäischen Kolonialisatoren versklavt beziehungsweise in starke Abhängigkeit gebracht wurde. Die Sklaven kreieren eine neue Sprache durch Verbindung von Elementen der Muttersprache, insbesondere von syntaktischen und semantischen Elementen, mit Elementen der sozial dominanten Varietät (primär lexikalische Elemente) unter Rückgriff auf generelle linguisistische Strategien (siehe auch pragmatischer und syntaktischer Modus).
Den neuesten Angaben im Ethnologue nach existieren im Moment 93 Kreolsprachen und 16 Pidginssprachen, die am weitesten in der Karibik, in Westafrika und im Südpazifik verbreitet sind (Simons & Fennig 2018).
Folgende Tabelle listet einige Pidgin- und Kreolsprachen auf:
Literatur
- Simons, Gary F. & Fennig, Charles D. (Eds.), (2017), Ethnologue: Languages of the World (20th edition). Dallas, Texas: SIL International [Online unter http://www.ethnologue.com, 24. Juli 2018].
- Winford, Donald (2000), “Intermediate“ creoles and degrees of change in creole formation. The case of Bajan. In: Neumann-Holzschuh, Ingrid & Schneider, Edgar W. (Hrsg.), Degrees of restructuring in Creole languages. Amsterdam & Philadelphia: John Benjamins, 215–246.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
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(Agnes Einhorn)
Catalogue of Criteria
Im Bewertungsprozess beinhalten Kriterienkataloge die wichtigsten Aspekte, die zur Beurteilung der Ergebnisse verwendet werden. Im Fremdsprachunterricht sind dies häufige Bewertungsaspekte: der kommunikative Wert, die sprachliche Richtigkeit, die Breite und die Genauigkeit des Wortschatzes, Rechtsschreibung etc. Motivationen und Einstellungen können aber auch aufgenommen werden. Kriterienkataloge werden auch in Sprachprüfungen verwendet, in diesem Kontext werden sie oft Bewertungsskalen genannt.
Kriterienkataloge beinhalten konkrete Hinweise zur Bewertung des gegebenen Produkts (zum Beispiel produzierte Texte), was die Aufmerksamkeit der Schüler und Schülerinnen auf strategische Bereiche lenkt. Sie spielen also in der formativen Bewertung eine große Rolle. Kriterienkataloge zur Selbst- und Paarevaluation können den eigenen Lernfortschritt für die Schüler sehr gut veranschaulichen und ihnen auch dabei helfen, Maßnahmen für ihren weiteren Lernweg effektiv zu planen. Kriterienkataloge können aber auch mit den Lernern gemeinsam zusammengestellt werden. Der Prozess selbst, in dem die Lernziele reflektiert und wichtige Aspekte ausgewählt und versprachlicht werden, hat einen fördernden Charakter.
Literatur
- Kleppin, Karin (2008), Selbstevaluation. In: Tesch, Bernd; Leupold, Eynar & Köller, Olaf (Hrsg.), Bildungsstandards Französisch: konkret. Sekundarstufe I. Berlin, 205–215.
- Kleppin, Karin (2010), Fehler, Fehlerkorrektur, Fehlerbewertung. In: Hallet, Wolfgang & Königs, Frank G. (Hrsg.), Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber: Kallmeyer in Verbindung mit Klett, 224–228.
(Mehr zu diesem Thema in den Modulen 5 Sprachenlernen und 6 Unterrichtsmanagement der Multilingua Akademie)
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(Manuela Sato-Prinz)
Culture Shock Hypothesis
Die Kulturschockhypothese geht zurück auf Oberg (1960). Sie beschreibt verschiedene Stadien, die eine Person durchlebt, wenn sie sich in einem für sie fremden Umfeld befindet. Der Verlauf dieser Stadien gestaltet sich parabelförmig. Er beginnt mit einer honeymoon-Phase, in der die fremde Kultur als neu und interessant wahrgenommen wird. Auf diese positive Eingangsphase folgt eine Phase der Krise, des eigentlichen Kulturschocks. Das fremde Umfeld wird abgelehnt und das Individuum ist frustriert. Diese Phase kann mit psychosomatischen Symptomen einhergehen. Es folgt eine Phase der Erholung sowie letztlich eine Phase der Anpassung und Integration.
Literatur
- Oberg, Kalervo (1960), Cultural Shock: Adjustment to New Cultural Environments. Practical Anthropology: For the Christian Student of Anthropology 7, 177–182.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 7 Kultur- und Literaturwissenschaften der Multilingua Akademie)
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(Jörg Roche)
Cultural Studies
Die Kulturstudien mit Bezug zur Auslandsgermanistik und dem Fach Deutsch als Fremdsprache umfassen (Cultural Studies, German Studies, European Studies. Im Gegensatz zur traditionellen Landeskunde geht es dabei um mehr Wissenschaftlichkeit und andere Themenbereiche, wie die Vermittlung von gesellschaftlichen, historischen, wirtschaftlichen und politischen Themen des Ziellandes aus der (vermeintlichen) Perspektive des Ausgangslandes der Lerner.
Die German Studies oder auch die European Studies rücken wie die meisten Kulturstudien die zeitgenössischen kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Aspekte der (deutschsprachigen oder europäischen) Länder in ihrem geschichtlichen und internationalen Kontext in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Als die drei wichtigsten Merkmale der Kulturstudien gelten
- Multidisziplinarität und Wissenschaftlichkeit
- Ausrichtung auf die Verhältnisse der Zielkultur
- Aktualitätsbezug.
Literatur
- Webber, Mark J. (1990): Intercultural Stereotypes and the Teaching of German. Die Unterrichtspraxis/Teaching German 23: 2, 132–141.
(Mehr zu diesem Thema im Modul 5 Sprachenlehren der Multilingua Akademie)
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