Sack­gas­sen-Effekt

(Fer­ran Suñer Muñoz)

Sack­gas­sen-Effek­te kom­men vor, wenn das Ergeb­nis der syn­tak­ti­schen Ana­ly­se durch die dar­auf­fol­gen­de seman­ti­sche Ana­ly­se kor­ri­giert wer­den muss. Durch den soge­nann­ten Sack­gas­sen-Effekt wird gezeigt, dass die Syn­tax­ver­ar­bei­tung auch durch die Seman­tik gesteu­ert wer­den kann.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Sali­enz / salient

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Der Begriff Sali­enz drückt aus, dass in einer Sze­ne stets ein oder meh­re­re Aspek­te stär­ker her­vor­tre­ten und wahr­ge­nom­men wer­den als ande­re Aspek­te. Nach dem Figur-Grund-Prin­zip der Gestalt­theo­rie ist die Figur das sali­en­te Ele­ment. Ele­men­te im Fokus sind sali­ent. Sie kön­nen beson­ders betont, groß oder fett geschrie­ben, durch die pro­mi­nen­te Posi­ti­on her­vor­ste­chend, beson­ders bedeu­tungs­tra­gend oder anders her­vor­ge­ho­ben sein. Star­ke Ver­ben des Deut­schen sind sali­en­ter als die schwa­chen, wegen der Qua­li­tät der Voka­le und der grö­ße­ren Pro­mi­nenz der Endun­gen. Als Stra­te­gie beim Spra­chen­ler­nen kann Sali­enz-Machung gezielt ein­ge­setzt wer­den, um die Nach­hal­tig­keit des Ler­nens zu erhö­hen. Mit der hand­lungs­ori­en­tier­ten Didak­tik kann Sali­enz durch Rele­vanz der kom­mu­ni­ka­ti­ven Hand­lung erzeugt werden.

Lite­ra­tur

  • Lang­acker, Ronald W. (2008), Cogni­ti­ve Grammar. A Basic Intro­duc­tion. Oxford/New York: Oxford Uni­ver­si­ty Press.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Scaf­fol­ding (Engl.: Gerüstbau)

(Agnes Ein­horn)

Alle Lern­ergrup­pen sind hete­ro­gen. Ler­ner unter­schei­den sich in Bezug auf die sozia­le Her­kunft, die öko­no­mi­sche Lage, die Bil­dung der Eltern, die indi­vi­du­el­len Fähig­kei­ten oder das Inter­es­se für den Lern­ge­gen­stand. Nach dem Scaf­fol­ding-Kon­zept müs­sen Lehr­kräf­te wie Gerüst­bau­er arbei­ten, um den Ver­schie­den­hei­ten der Ler­ner gerecht zu wer­den und sie auf ihrem Lern­weg sys­te­ma­tisch zu unter­stüt­zen (Kniff­ka & Neu­er 2008). Ler­ner soll­ten unter­stützt wer­den (zum Bei­spiel durch Anlei­tun­gen oder Mus­ter für eine bestimm­te Text­sor­te, ein Zeit­ge­rüst oder ähn­li­ches), sie soll­ten aber weder zu viel noch zu wenig Hil­fe bekommen.

Lite­ra­tur

  • Kniff­ka, Gabrie­le M. & Neu­er, Bir­git S. (2008), „Wo geht‘s hier nach ALDI? – Fach­spra­chen ler­nen im kul­tu­rell hete­ro­ge­nen Klas­sen­zim­mer.“ In: Bud­ke, Alex­an­dra (Hrsg.), Inter­kul­tu­rel­les Ler­nen im Geo­gra­phie-Unter­richt. Pots­dam: Uni­ver­si­täts­ver­lag, 121–135.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Scaf­fol­ding / Scaffoldingoption(en)

(Jörg Roche, Ste­fa­nie Hab­er­zettl, Gulio Pago­nis, Moi­ken Jes­sen & Nico­le Weidinger)

Scaf­fol­ding Option(s)

Als Scaf­fol­ding­op­tio­nen wer­den ver­schie­de­ne Hil­fe­stel­lun­gen und Denk­an­stö­ße bezeich­net, die den Lern­pro­zess unter­stüt­zen sol­len, um den Ler­nern maxi­mal natür­li­che Inter­ak­ti­ons­be­din­gun­gen für die Sprach­pro­duk­ti­on zu bie­ten. Sie las­sen sich, gleich einem Gerüst, stu­fen­wei­se wie­der abbau­en, sobald Teil­auf­ga­ben eigen­stän­dig lös­bar sind. Kin­der erler­nen bei­spiels­wei­se mor­pho­syn­tak­ti­sche Fein­hei­ten durch die Refor­mu­lie­run­gen ihrer Äuße­run­gen durch Erwach­se­ne und wer­den durch das Scaf­fol­ding moti­viert, ein Gespräch ohne fortzuführen.

Lite­ra­tur

Beh­rens, Hei­ke; Mad­le­ner, Karin & Sko­rup­pa, Kat­rin (2016), The role of scaf­fol­ding in children’s ques­ti­ons: Impli­ca­ti­ons for (pre­school) lan­guage assess­ment from a usa­ge-based per­spec­ti­ve. In: Gosch­ler, Julia­na & Nie­mei­er, Susan­ne (Eds.), Year­book of the Ger­man Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics Asso­cia­ti­on (Vol. 4). Ber­lin, Bos­ton: Mou­ton de Gruy­ter, 237–260.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Schein­ent­leh­nung

(Jörg Roche)

Pseu­do-Loan

Bei Schein­ent­leh­nun­gen han­delt es sich unter ande­rem um eine zuneh­men­de Anzahl von Neo­lo­gis­men, die nach nur schein­bar exis­tie­ren­den Mus­tern im Eng­li­schen gebil­det wer­den, auch wenn die­se für (Eng­lisch-) Mut­ter­sprach­ler unver­ständ­lich oder komisch wir­ken, wie zum Bei­spiel Air­con­di­ti­on statt kor­rekt air con­di­tio­ning (AC), Han­dy statt cell (pho­ne), Ser­vice­point (Deut­sche Bahn) statt cus­to­mer ser­vice, public vie­w­ing (Lei­chen­schau) statt public screening/presentation.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Schwel­len­hy­po­the­se

(Jörg Roche)

Thres­hold Hypothesis

Im bilin­gua­len Erst­spra­che­n­er­werb wer­den drei Schwel­len ange­nom­men, die mit Hil­fe von sprach­li­cher För­de­rung über­wun­den wer­den kön­nen, um in bei­den Spra­chen eine gleich­wer­tig hohe Kom­pe­tenz zu errei­chen. Wird die ers­te Schwel­le nicht über­wun­den, ent­wi­ckelt der Spre­cher kei­ne hohe Kom­pe­tenz in bei­den Spra­chen (Semi­lin­gua­lis­mus). Die zwei­te Schwel­le ver­hin­dert die wei­te­re Ent­wick­lung einer der Spra­chen (domi­nan­ter Bilin­gua­lis­mus). Nach der drit­ten Schwel­le liegt eine hohe Kom­pe­tenz in bei­den Spra­chen vor (aus­ba­lan­cier­ter Bilin­gua­lis­mus).

Lite­ra­tur

  • Cumm­ins, James (1982), Die Schwel­len­ni­veau- und Inter­de­pen­denz-Hypo­the­se: Erklä­run­gen zum Erfolg zwei­spra­chi­ger Erzie­hung. In: Swift, James (Hrsg.), Bilin­gua­le und mul­ti­kul­tu­rel­le Erzie­hung. Würz­burg: Königs­hau­sen & Neu­mann, 34–43.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Schwel­len­ni­veau

(Jörg Roche)

Thres­hold Level

Der Gemein­sa­me Euro­päi­sche Refe­renz­rah­men (GER) dien­te als Vor­la­ge für alle euro­päi­schen Fremd­spra­chen­cur­ri­cu­la und mitt­ler­wei­le auch für vie­le Cur­ri­cu­la für Deutsch als Zweit­spra­che. Das pro­mi­nen­tes­te dar­un­ter ist das Rah­men­cur­ri­cu­lum für Inte­gra­ti­ons­kur­se, (BAMF 2017) das Migran­tin­nen und Migran­ten Kennt­nis­se der deut­schen Spra­che und Kul­tur bis auf Niveau B1 ver­mit­teln will. Die­ses Niveau wird im GER als das Schwel­len­ni­veau (thres­hold) bestimmt, das zur Bewäl­ti­gung des All­tags und zur gesell­schaft­li­chen Teil­ha­be und somit zur Inte­gra­ti­on in eine Sprach­ge­mein­schaft (im Fall des Rah­men­cur­ri­cu­lums für Inte­gra­ti­ons­kur­se) vor­aus­ge­setzt wird. Die Kom­pe­tenz­be­schrei­bun­gen aus dem Gemein­sa­men Euro­päi­schen Refe­renz­rah­men die­nen folg­lich auch der Zer­ti­fi­zie­rung von Sprach­kennt­nis­sen. Im Fall des Inte­gra­ti­ons­kur­ses wer­den durch das Bestehen des „Deutsch­test für Zuwan­de­rer“ (kurz: DTZ) Deutsch­kennt­nis­se auf dem Niveau B1 oder A2 aner­kannt. Auch die meis­ten inter­na­tio­na­len Sprach­prü­fun­gen wer­den auf der Grund­la­ge der Kom­pe­tenzbeschrei­bun­gen des GER ent­wi­ckelt. Die Annah­me von Schwel­len­ni­veaus fin­det sich bereits in Vor­läu­fern des GER und in der Mul­ti­l­in­gua­lis­mus-For­schung der 1970er und 1980er Jah­re und hat damals unter ande­rem den mut­ter­sprach­li­chen För­der­un­ter­richt begründet.

Lite­ra­tur

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 5 Spra­chen­leh­ren der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Sekun­dä­rer Ethnolekt

(Jörg Roche)

Secon­da­ry Ethnolect

Der pri­mä­re Eth­no­lekt fun­giert als Quel­le für den sekun­dä­ren Eth­no­lekt, der meist in den öffent­li­chen Medi­en (etwa in Come­dy, Fil­men, Zei­tungs­ar­ti­keln etc.) oder auch in lite­ra­ri­scher Gestal­tung auf­tritt und dort als typi­sche Aus­drucks­form von tür­ki­schen, bezie­hungs­wei­se von Jugend­li­chen, deren Erst­spra­che nicht Deutsch ist, dar­ge­stellt wird. Da der sekun­dä­re Eth­no­lekt in die­ser Form nicht von den ursprüng­li­chen Spre­chern und Spre­che­rin­nen des pri­mä­ren Eth­no­lekts ver­wen­det wird, wird er auch als eine Art Usur­pie­rung, Trans­gres­si­on oder als For­eig­ni­zing (Dar­stel­lung einer frem­den Iden­ti­tät) bezeichnet.

Lite­ra­tur

  • Auer, Peter (2003), ‚Tür­kens­lang‘: Ein jugend­sprach­li­cher Eth­no­lekt des Deut­schen und sei­ne Trans­for­ma­tio­nen. In: Häcki-Buho­fer, Anne­lies (Hrsg.), Sprach­er­werb und Lebens­al­ter. Tübin­gen: Fran­cke, 255–264.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Selek­ti­ons­kri­te­ri­um Bildungssprache

(San­dra Drumm)

Sel­ec­tion Cri­te­ria of Eru­di­te Language

Mit der Selek­ti­ons­funk­ti­on der Bil­dungs­spra­che ist gemeint, dass die­se als gehei­mes, aber ent­schei­den­des Cur­ri­cu­lum die­nen kann. Ler­ner, die die­ses Regis­ter nicht erwer­ben, kön­nen nicht als erfolg­rei­che Ler­ner gel­ten, da sie sich in schu­li­schen Kon­tex­ten nicht ange­mes­sen aus­drü­cken kön­nen – unab­hän­gig davon, ob sie die fach­li­chen Inhal­te ver­ste­hen oder nicht (ver­glei­che Morek und Hel­ler 2012). Dar­aus lässt sich schlie­ßen, dass ohne die Fähig­keit, Bil­dungs­spra­che ange­mes­sen zu ver­ste­hen und pro­du­zie­ren zu kön­nen, Men­schen nicht am gesell­schaft­li­chen Dis­kurs und der Ver­mitt­lung von Wis­sen teil­ha­ben kön­nen. Der Bil­dungs­spra­che ent­spricht in etwa auch der CALP-Begriff (Cogni­ti­ve Aca­de­mic Lan­guage Pro­fi­ci­en­cy), der aber eben­falls schwer genau umris­sen wer­den kann.

Lite­ra­tur

  • Morek, Miri­am & Hel­ler, Vivi­en (2012), Bil­dungs­spra­che – kom­mu­ni­ka­ti­ve, epis­te­mi­sche, sozia­le und inter­ak­ti­ve Aspek­te ihres Gebrauchs. Zeit­schrift für ange­wand­te Lin­gu­is­tik, 57, 67–101.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Seman­ti­scher Akkommodationsprozess

(Manue­la Sato-Prinz)

Seman­tic Accommodation

Der Begriff des seman­ti­schen Akkom­mo­da­ti­ons­pro­zes­ses stammt aus dem Bereich der kogni­ti­ven Seman­tik und beschreibt die Anpas­sung und Ver­än­de­rung eines vor­han­de­nen Bedeu­tungs­kon­zepts eines Begriffs oder Kon­strukts durch neue Impul­se von außen. Ein mög­li­cher Impuls kann dabei das Erler­nen einer neu­en Spra­che und der durch sie über­mit­tel­ten Sicht auf die Welt sein. Seman­ti­sche Akkom­mo­da­ti­ons­pro­zes­se kön­nen etwa durch Wort­as­so­zia­ti­ons­expe­ri­men­te sicht­bar gemacht wer­den oder durch die Erhe­bung von con­cept maps. So kann zum Bei­spiel auf­ge­zeigt wer­den, wie sich ein Natio­nen­bild und somit das seman­ti­sche Kon­zept, das hin­ter einer Län­der­be­zeich­nung steht, ver­än­dern kann.

Lite­ra­tur

  • Ifen­tha­ler, Dirk (2006), Dia­gno­se lern­ab­hän­gi­ger Ver­än­de­rung men­ta­ler Model­le. Ent­wick­lung der SMD-Tech­no­lo­gie als metho­do­lo­gi­sches Ver­fah­ren zur rela­tio­na­len, struk­tu­rel­len und seman­ti­schen Ana­ly­se indi­vi­du­el­ler Modell­kon­struk­tio­nen. Frei­burg: Uni­ver­si­tät Freiburg.
  • Roche, Jörg (2016), „Zur Rol­le von Ste­reo­typisie­run­gen bei Assi­mi­la­ti­ons- und Akkom­mo­da­ti­ons­pro­zes­sen“. In: Lin­gu­is­tik online 79: 5, 149–164 [Online unter https://bop.unibe.ch/linguistik-online/article/view/3340/5111 15.Juni 2018].

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Serious Games

Unter Serious Games ver­steht man im wei­tes­ten Sin­ne „spie­le­ri­sche“ Simu­la­tio­nen, Fall­stu­di­en oder Sze­na­ri­en, meist in elek­tro­ni­scher Form. Spie­le­risch an ihnen sind vor allem die krea­ti­ven Erpro­bungs­mög­lich­kei­ten von Lösun­gen in authen­ti­schen oder qua­si-authen­ti­schen Situa­tio­nen, ohne dabei jedoch die rea­len Kon­se­quen­zen tra­gen zu müs­sen. Für Lehr‑, Lern- und Dia­gno­se­zwe­cke eig­nen sich Serious Games in mehr­fa­cher Hin­sicht: sie ermög­li­chen rea­lis­ti­sche, facet­ten­rei­che, adres­sa­ten­spe­zi­fi­sche und varia­ble Hand­lungs­kon­tex­te für sprach­mo­ti­vie­ren­de Hand­lungs­si­tua­tio­nen. Damit stel­len sie eine beson­de­re Art von Lehr­ma­te­ri­al da, das ers­tens nicht pro­du­ziert wer­den muss und zwei­tens sich im Pro­zess des Lernens/Arbeitens inter­ak­tiv gene­riert und drit­tens viel­fach Ver­wen­dung fin­den kann. Selbst für klei­ne Kin­der lie­gen ent­spre­chen­de digi­ta­le Anwen­dun­gen vor, die mit ein­fachs­ten und leicht zu erler­nen­den Fer­tig­kei­ten bedient wer­den können.

Lite­ra­tur

  • Marr, Ann Chris­ti­ne (Hrsg.) (2010), Serious Games für die Infor­ma­ti­ons- und Wis­sens­ver­mitt­lung. Biblio­the­ken auf neu­en Wegen. Wies­ba­den: Din­ges & Frick.
  • Lam­pert, Clau­dia; Schwin­ge, Chris­tia­ne & Tolks, Dani­el (2009), Der gespiel­te Ernst des Lebens. Bestands­auf­nah­me und Poten­zia­le von Serious Games (for Health). Medi­en­päd­ago­gik 15/16, 1–16.
  • This­sen, Frank (2014), Von der vir­tu­el­len Lern­um­ge­bung (vir­tu­al lear­ning envi­ron­ment) zum vir­tu­el­len Lern­raum (vir­tu­al lear­ning space). In: Olaf Eigen­brodt & Richard Stang (Hrsg), For­mie­run­gen von Wis­sens­räu­men. Optio­nen des Zugangs zu Infor­ma­ti­on und Bil­dung. Ber­lin: De Gruy­ter, 151–163.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Sin­gu­lä­re Gesten

(Sil­va Ladewig)

Sin­gu­lä­re Ges­ten sind nicht kon­ven­tio­na­li­siert. Sie ver­kör­pern Bedeu­tung, die sich auf die Pro­po­si­ti­on einer Äuße­rung bezieht. Sie wer­den spon­tan erzeugt und sind inde­xi­ka­lisch mit dem kon­kre­ten Gesprächs­kon­text ver­bun­den (Mül­ler 2010). Sie ste­hen im Gegen­satz zu rekur­ren­ten oder emble­ma­ti­schen Ges­ten, die eine fes­te Form- und Bedeu­tungs­be­zie­hung auf­wei­sen. Die nach oben gerich­te­te, fla­che Hand (palm up open hand) wird bei­spiels­wei­se dazu gebraucht, um eine Argu­ment anzu­bie­ten oder ein­zu­for­dern, die Kreis­be­we­gungs­ges­te (cyclic ges­tu­re) um unter ande­rem eine Wort­su­che zu markieren.

Lite­ra­tur

  • Mül­ler, Cor­ne­lia (2010), Wie Ges­ten bedeu­ten. Eine kogni­tiv-lin­gu­is­ti­sche und sequenz­ana­ly­ti­sche Per­spek­ti­ve. Spra­che und Lite­ra­tur 41: 105, 37–68.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 2 Kogni­ti­ve Lin­gu­is­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Sinus-Stu­die

(Jörg Roche)

Sinus Stu­dy

Die Sinus-Stu­die zeigt eine viel­fäl­ti­ge und dif­fe­ren­zier­te Milieu­land­schaft der Migran­ten­po­pu­la­ti­on in Deutsch­land: ins­ge­samt acht Migran­ten-Milieus, die sich in Bezug auf den sozia­len Sta­tus und die damit ver­bun­de­nen Wert­vor­stel­lun­gen, Lebens­sti­le und ästhe­ti­schen Vor­lie­ben unter­schei­den. Die Ein­tei­lung der Milieus erfolgt nicht nach glo­ba­len eth­ni­schen Merk­ma­len. Dadurch wird die Aus­bil­dung gemein­sa­mer lebens­welt­li­cher Mus­ter bei Migran­ten aus unter­schied­li­chen Her­kunfts­kul­tu­ren (Eth­ni­en) deut­lich. Die Sinus-Stu­die zeigt, Men­schen des glei­chen Milieus mit unter­schied­li­chem Migra­ti­ons­hin­ter­grund ver­bin­det mehr mit­ein­an­der als mit Lands­leu­ten aus ande­ren Milieus. Der Inte­gra­ti­ons­grad in die Ziel­ge­sell­schaft steht dem­nach in Zusam­men­hang mit der Bil­dung und der sozia­len Her­kunft: Je höher das Bil­dungs­ni­veau und je urba­ner die Her­kunfts­re­gi­on, des­to leich­ter und bes­ser gelingt die Inte­gra­ti­on in die Auf­nah­me­ge­sell­schaft. Fak­to­ren wie eth­ni­sche Zuge­hö­rig­keit, Reli­gi­on und Zuwan­de­rungs­ge­schich­te beein­flus­sen die All­tags­kul­tur, sind letz­ten Endes aber nicht milieu­prä­gend und iden­ti­täts­stif­tend für das Milieu. Höher ent­wi­ckel­te Sprach­kom­pe­ten­zen kor­re­lie­ren mit einem höhe­ren Grad der Inte­gra­ti­on in die Zielgesellschaft.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Situa­tio­nal Codeswitching

(Kees de Bot & Jörg Roche)

Situa­tio­nal code­s­wit­ching mar­kiert den Wech­sel der sozia­len Rol­le, wie er etwa zwi­schen der Spra­che zu Hau­se und der Spra­che in der Schu­le zu beob­ach­ten ist. Die situa­ti­ven Code­wech­sel sind gesell­schaft­lich kodi­fi­ziert und dem­nach vor­her­sag­bar. In man­chen Fäl­len kann mit dem Hin­weis auf bestimm­te sozia­le Kate­go­rien in eine ande­re Spra­che gewech­selt wer­den, um einen bestimm­ten Teil der Kon­ver­sa­ti­on her­vor­zu­he­ben oder den Ton des Gesprächs zu ändern. Dann liegt eine pha­ti­sche Funk­ti­on eines Spra­chen­wech­sels vor. Meta­pho­ri­sche Wech­sel kön­nen inner­halb einer sprach­li­chen Äuße­rung unab­hän­gig von dem situa­ti­ven Kon­text auf­tre­ten. Ein meta­pho­ri­scher Wech­sel ist gegen­über dem situa­ti­ven Spra­chen­wech­sel nicht vor­her­sag­bar, son­dern wird ent­spre­chend den indi­vi­du­el­len Inten­tio­nen des Spre­chers bezie­hungs­wei­se der Spre­che­rin absicht­lich oder auch unbe­wusst ein­ge­setzt, hat also eine prag­ma­ti­sche Funk­ti­on. Gum­perz modi­fi­ziert in sei­nen spä­te­ren Arbei­ten  den Fach­aus­druck und führt den Ter­mi­nus con­ver­sa­tio­nal code­s­wit­ching ein (ver­glei­che Gum­perz 1982: 59).

Lite­ra­tur

  • Blom, Jan-Pet­ter & Gum­perz, John Joseph (1972), Social mea­ning in lin­gu­i­stic struc­tu­re: code­s­wit­ching in Nor­way. In: Gum­perz, John Joseph & Hymes, Dell H. (Hrsg.). Direc­tions in socio­lin­gu­i­stics. The eth­no­gra­phy of com­mu­ni­ca­ti­on. New York: Holt, Rine­hart and Win­s­ton, 407–434.
  • Gum­perz, John Joseph (1982). Con­ver­sa­tio­nal Code Swit­ching. In: Gum­perz, John Joseph (Hrsg.), Dis­cour­se stra­te­gies. Cam­bridge, UK/New York: Cam­bridge Uni­ver­si­ty Press, 59–99.

Soma­tis­mus

(Jörg Roche)

Soma­tis­men bezeich­nen bild­spen­den­de Kör­per­or­ga­ne. Wie sehr Spra­che und Kul­tur in einem lin­gua­kul­tu­rel­len Sys­tem (Lin­gua­kul­tur) ver­wo­ben sind, lässt sich an Bei­spie­len aus ver­schie­de­nen Spra­chen zei­gen, die jeweils ande­re Per­spek­ti­ven aus­drü­cken, als im Deut­schen kon­ven­tio­na­li­siert sind. Im Tür­ki­schen etwa hat die Leber als bild­spen­den­des Kör­per­or­gan (Soma­tis­mus) eine ähn­li­che Bedeu­tung wie das Herz oder der Magen im Deut­schen (zum Bei­spiel in Lie­be geht durch den Magen oder Herz­blatt). Um gro­ße Wert­schät­zung aus­zu­drü­cken, wird im Tür­ki­schen ger­ne Cige­rim (wört­lich ‚mei­ne Leber’; ‚mein Schatz’) benutzt.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 5 Spra­chen­leh­ren der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Spon­t­angram­ma­tik (Inter­kom­pre­hen­si­ons­di­dak­tik)

(Jörg Roche)

Die Spon­t­angram­ma­tik wird als eine flüch­ti­ge, instink­ti­ve Hypo­the­sengram­ma­tik ver­stan­den. Sie ent­steht bei der ers­ten Begeg­nung mit einer eini­ger­ma­ßen inter­kom­pre­hen­si­blen oder trans­pa­ren­ten Spra­che, und zwar im Moment des ers­ten Deko­die­rungs­vor­gangs der neu­en sprach­li­chen Struk­tur. Der Ler­ner erkennt bedeu­tungs­hal­ti­ges lexi­ka­li­sches Mate­ri­al und gege­be­nen­falls wei­te­re Regu­la­ri­tä­ten in und zwi­schen den erwor­be­nen Spra­chen. Die Spon­t­angram­ma­tik wird im wei­te­ren Lern­pro­zess modi­fi­ziert, sofern sich das dekla­ra­ti­ve und pro­ze­du­ra­le Wis­sen auf den sys­te­mi­schen Cha­rak­ter der Spra­chen ein­stellt und sei­nen Umfang erweitert. 

Lite­ra­tur

  • Marx, Nico­le (2008), Is it neces­sa­ry to train lear­ners in inter­lin­gu­al com­pre­hen­si­on stra­te­gies? In: Gib­son, Mar­tha; Huf­ei­sen, Brit­ta & Per­son­ne, Cor­ne­lia (Hrsg.). Mehr­spra­chig­keit: Ler­nen und leh­ren, Mul­ti­l­in­gua­lism: lear­ning and ins­truc­tion, Le Plu­ri­lin­gu­is­me: appen­d­re er ens­eig­ner, O Plu­ri­lin­gu­is­mo: apren­der ensi­nar. Sel­ec­ted papers from the L3 con­fe­rence in Freiburg/Switzerland 2005. Balt­manns­wei­ler: Schnei­der Ver­lag Hohen­geh­ren, 135–150.
  • Meiß­ner, Franz-Joseph (2004), Trans­fer und Trans­ferieren. Anlei­tun­gen zum Inter­kom­pre­hen­si­onsun­ter­richt. In: Klein, Horst G. & Rut­ke, Doro­thea (Hrsg.), Neue­re For­schun­gen zur Euro­päi­schen Inter­kom­pre­hen­si­on. Aachen: Shaker, 39–66.
  • Interkomprehension

    (Jörg Roche)

    Inter­com­pre­hen­si­on

    Das Prin­zip der Inter­kom­pre­hen­si­on bezieht sich dar­auf, dass Trans­ferbasen die Grund­la­ge der Ver­ständ­lich­keit von Spra­chen einer Sprach­fa­mi­lie bil­den. Wenn die gemein­sa­me Basis iden­ti­fi­ziert oder aus­ge­fil­tert ist, blei­ben mono­lin­gua­le Pro­fil­ele­men­te als Spe­zi­fi­ka einer zu erwer­ben­den Spra­che übrig. Beim Erwerb einer wei­te­ren nah­ver­wand­ten Fremd­spra­che, zu der der Ler­ner bereits Vor­wis­sen ver­fügt, kommt es dem­nach dar­auf an, das vor­han­de­ne Wis­sen und sei­ne Orga­ni­sa­ti­on so zu akti­vie­ren, dass die zwi­schen den Aus­gangs­spra­chen und der Ziel­spra­che lie­gen­den kogni­ti­ven Sche­ma­ta mit­ein­an­der ver­bun­den wer­den kön­nen. Es geht also dar­um, das Bekann­te mit dem Neu­en zu ver­knüp­fen, um das Spe­zi­fi­sche der zu erler­nen­den Spra­che ver­an­kern zu kön­nen (Trans­fer­di­dak­tik). Das Prin­zip der (vor­wie­gend struk­tu­rel­len) Ähn­lich­kei­ten greift die Euro­Com-Initia­ti­ve auf, die Lehr­plä­ne und Mate­ria­li­en für roma­ni­sche, ger­ma­ni­sche und sla­wi­sche Spra­chen ent­wi­ckelt. Die Inter­kom­pre­hen­si­onsdi­dak­tik stellt das sys­te­mi­sche Vor­ge­hen ver­schie­de­ner Model­le dar, die auf Ähn­lich­kei­ten von Spra­chen auf­bau­en und bemüht sind, die­se in Unter­richts­me­tho­den umzu­set­zen. Zu ihren wich­tigs­ten Ele­men­ten gehö­ren: die Spon­t­angram­ma­tik, der Mehr­spra­chen­spei­cher und der Didak­ti­sche Moni­tor. Das Kon­zept der Trans­fer­dif­fe­renz in der kogni­ti­ven Sprach­di­dak­tik erwei­tert das Inter­kom­pre­hen­si­onskon­zept als didak­ti­sches Prin­zip auch im Umgang mit sprach­kul­tu­rel­len Dif­fe­renzen.

    Lite­ra­tur

    • Klein, Horst G. & Steg­mann, Til­bert Dídac (2000), Euro­Com­Rom – die sie­ben Sie­be. Roma­ni­sche Spra­chen sofort lesen kön­nen. Aachen: Shaker.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Sprach­auf­merk­sam­keits­übun­gen (inter­kul­tu­rell)

    (Ulrich Zeu­ner)

    Lan­guage Awa­re­ness Exercises

     Inter­kul­tu­rel­le Sprach­auf­merk­sam­keits­übun­gen sind Übun­gen, die die Ler­ner ver­an­las­sen sol­len, über die Ver­wen­dung von Spra­che (der eige­nen und der Fremd­spra­che) nach­zu­den­ken, um eine Sprach­be­wusst­heit zu ent­wi­ckeln. Dabei kann man über ein­zel­ne sprach­li­che Phä­no­me­ne wie gram­ma­ti­sche Struk­tu­ren und deren Gebrauch, Wort­be­deu­tun­gen und ein­zel­ne Rede­mit­tel, aber auch Unter­schie­de in den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sti­len reflektieren.

    So kann man zum Bei­spiel über Höf­lich­keit in der Kom­mu­ni­ka­ti­on nach­den­ken: Wel­che Regeln der Höf­lich­keit ken­nen die Ler­ner aus ihren Mut­ter­spra­chen? Wie wer­den die­se Regeln sprach­lich und non­ver­bal umge­setzt? Wel­che Regeln gibt es in der deut­schen Spra­che? Wel­che Gemein­sam­kei­ten und wel­che Unter­schie­de las­sen sich feststellen?

    Lite­ra­tur

    • House, Julia­ne (1996), Zum Erwerb Inter­kul­tu­rel­ler Kom­pe­tenz im Unter­richt des Deut­schen als Fremd­spra­che. Zeit­schrift für Inter­kul­tu­rel­len Fremd­spra­chen­un­ter­richt 1: 3 [Online unter  http://tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/index.php/zif/article/view/734/711  14. August 2018].

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Sprach­bad

    (San­dra Drumm & Jörg Roche)

    Immersi­ve Ins­truc­tion

    Der Begriff Sprach­bad bezeich­net das sprach­li­che Umfeld, in dem sich Zweit­spra­chen­ler­ner befin­den und in dem sie am Unter­richt und/oder dem All­tag im Ziel­spra­chen­land oder einem ziel­sprach­li­chen Umfeld teil­neh­men. Damit das Sprach­bad, die Immersi­on, lern­för­der­lich für den Sprach­er­werb sein kann, muss es aus­rei­chend sprach­lich anspruchs­vol­len, aber zu bewäl­ti­gen­den Input beinhal­ten. Dies wird im Unter­richt beson­ders durch die Bereit­stel­lung von sprach­li­chen Hilfs­mit­teln (Wort­ge­län­der, Wort­lis­ten, Satz­bau­mus­ter) erreicht. Es gibt unter­schied­li­che For­men der Immersi­on/des Sprach­ba­des. Allein der Kon­takt oder das Ein­tau­chen in die frem­de Spra­che ist jedoch nicht aus­rei­chend. Dann müss­ten alle Aus­län­der, die in deutsch­spra­chi­gen Län­dern leben, schnell gut Deutsch spre­chen und die Deut­schen selbst auch. Ent­schei­dend ist, was in die­sem Sprach­bad pas­siert, wie inten­siv die Beschäf­ti­gung mit der Spra­che ist und wie sinn­voll ihr Gebrauch für den Ler­ner wirk­lich ist.

    Lite­ra­tur

    • Wode Hen­ning (2001), Mul­ti­l­in­gu­al edu­ca­ti­on in Euro­pe – What can pre­schools con­tri­bu­te? In: Björ­klund, Siv & Kas­te­maa, Veera (Hrsg.), Lan­guage as a Tool – Immersi­on Rese­arch and Prac­ti­ces. Uni­ver­si­ty of Vaa­sa: Vaa­san ylio­pis­ton jul­kai­su­ja, Report 83, 424–446.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wissen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Spra­chen­cur­ri­cu­lum

    (Eni­kő Öve­ges & Jörg Roche)

    Lan­guage Curriculum

    Spra­chen­cur­ri­cu­la fokus­sie­ren die Ent­wick­lung der Fremd­spra­chen­kennt­nis­se. Sie stüt­zen sich auf drei Haupt­kom­po­nen­ten: (1) Inhal­te, (2) Metho­den und (3) Leis­tungs­be­ur­tei­lung. Die Grund­bau­stei­ne der sprach­li­chen Inhal­te kön­nen Voka­bu­lar, Gram­ma­tik, Funk­tio­nen, Notio­nen und Text- oder Auf­ga­benty­pen sein. Zur Metho­dik gehö­ren die Lern­ak­ti­vi­tä­ten, die Pro­zes­se und die Tech­ni­ken, die von den Lehr­kräf­ten ange­wandt wer­den; und die Lern­ergeb­nis­se zei­gen, wel­che Fähig­kei­ten die Ler­ner am Ende eines Unter­richts­zeit­raums erwor­ben haben. Die Eva­lua­ti­on als drit­tes Ele­ment kann breit gefasst sein: Sie kann in Form eines anvi­sier­ten Erfül­lungs­gra­des auf einer Kennt­nis­ska­la erfol­gen, mit einem stan­dar­di­sier­ten Test erfol­gen, oder die Fähig­keit mei­nen, effek­tiv an ver­schie­de­nen kom­mu­ni­ka­ti­ven Situa­tio­nen teilzunehmen.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Spra­chen­po­li­tik

    (Jörg Roche)

    Der Begriff Spra­chen­po­li­tik bezeich­net das Gesamt expli­zi­ter Rege­lun­gen (Geset­ze, Vor­schrif­ten, Restrik­tio­nen) und kon­ven­tio­na­li­sier­ter Pra­xen in Bezug auf Mehr- oder Ein­spra­chig­keit. Spra­chen­po­li­tik betrifft die Rege­lun­gen einer Amts­spra­che, mög­li­cher Min­der­hei­ten­spra­chen, der Schul­fremd­spra­chen, inter­na­tio­na­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­re­ge­lun­gen. Man­che Län­der besit­zen meh­re­re Amts­spra­chen, oft in unter­schied­li­cher Gewich­tung. Deutsch ist in Tei­len Bel­gi­ens Amts­spra­che, auch in der EU, wird dort aber in der Pra­xis wenig genutzt. Dänisch ist in Schles­wig-Hol­stein Min­der­hei­ten­spra­che, Sor­bisch in Sach­sen. In wei­ter­füh­ren­den Schu­len sind in Deutsch­land zwei Fremd­spra­chen Pflicht, in der EU gilt das spra­chen­po­li­ti­sche Ide­al von Mut­ter­spra­che plus zwei Fremd­spra­chen. In der Luft­fahrt und ande­ren Arbeits­be­rei­chen ist eine Lin­gua Fran­ca wie Eng­lisch vor­ge­schrie­ben. Auch die Rol­le der Migran­ten­spra­chen kann spra­chen­po­li­tisch gere­gelt sein. Spra­chen­po­li­tik kann in die­sem Bereich in der äußers­ten Posi­ti­on von Spra­chen­ver­drän­gung, über assi­mi­la­ti­ve Ansät­ze (Bei­spiel Frank­reich) bis hin zur ande­ren Sei­te des Spek­trums mit kon­se­quent dyna­mi­scher Spra­chen­po­li­tik (Bei­spiel Schwe­den) rei­chen. Deutsch­lands Spra­chen­po­li­tik ist zwi­schen den bei­den Extre­men als mul­ti­l­in­gu­al-dyna­misch ver­or­tet. In Deutsch­land zei­gen sich dem­nach ambi­va­len­te Ten­den­zen zwi­schen der Beto­nung der Natio­nal­spra­che als Inte­gra­ti­ons­spra­che und der För­de­rung oder Berück­sich­ti­gung von Migrantensprachen.

    Lite­ra­tur

    • Stol­le, Anne-Kat­rin (2013), Inte­gra­ti­ons­po­li­tik und ‑pra­xis im euro­päi­schen Ver­gleich. Theo­re­ti­sche Dis­kus­si­on und Dar­stel­lung anhand exem­pla­ri­scher Geset­ze und bil­dungs­po­li­ti­scher Richt­li­ni­en. Zeit­schrift für inter­kul­tu­rel­len Fremd­spra­chen­un­ter­richt 1.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

     

    Sprach­er­werb

    Sprach­er­werb bezeich­net ganz all­ge­mein das Sich-Aneig­nen einer Spra­che unge­ach­tet der Situa­ti­on, der Metho­de oder des erreich­ten Beherr­schungs­gra­des. Die gele­gent­lich gemach­te Unter­schei­dung zwi­schen “Erwerb” und “Ler­nen” kann kei­ne wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Aus­sa­gen über unter­schied­li­che Erwerbs­pro­zes­se machen. Aller­dings unter­schei­den sich Situa­ti­on und Bedin­gun­gen im unge­steu­er­ten und gesteu­er­ten Spracherwerb.

    Sprach­li­che Handlung

    (San­dra Drumm)

    Speech Act

    Sprach­li­che Hand­lun­gen sind Äuße­run­gen, die selbst Hand­lun­gen voll­zie­hen: Sie wur­den im Rah­men der Sprech­akt-Theo­rie des­halb als sprach­li­che Hand­lun­gen bezeich­net. Zu ihnen zäh­len zum Bei­spiel Befeh­len, Tau­fen, Ver­spre­chen, also Tätig­kei­ten, die Aus­wir­kun­gen auf die Rea­li­tät haben und die nur auf sprach­li­chem Wege voll­bracht wer­den kön­nen. Beson­ders in der Dis­kus­si­on um Spra­che und Sprach­kom­pe­ten­zen im Rah­men von Bil­dung sind aber auch sprach­li­che Hand­lun­gen, die für das Leh­ren und Ler­nen gro­ße Bedeu­tung haben, in den Blick gera­ten wie bei­spiels­wei­se Erklä­ren, Beschrei­ben, Defi­nie­ren, Argu­men­tie­ren usw.

    Zu den wich­tigs­ten Ver­tre­tern der klas­si­schen Sprech­akt-Theo­rie zäh­len John Aus­tin und John Sear­le. Sie unter­tei­len den Vor­gang einer Äuße­rung in unter­schied­li­che Teil­ak­te, um zu erfas­sen, wel­che Pro­zes­se bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on ablau­fen. Dies sind nach Aus­tin (1962) die Loku­ti­on (der Akt des ‚etwas Sagens‘, die Kom­bi­na­ti­on von Laut­pro­duk­ti­on, gram­ma­ti­scher Struk­tur usw.); die Illo­ku­ti­on (Fra­ge, Bit­te, War­nung usw.); die Per­lo­ku­ti­on (das Erzie­len einer Wir­kung des Gesag­ten, zum Bei­spiel Über­zeu­gen, Ver­un­si­chern, Trös­ten). Die letz­ten bei­den Akte sind hier in einer wenn-dann Bezie­hung ver­bun­den, das heißt, wenn ich jeman­dem (erfolg­reich) Trost aus­spre­che, dann fühlt die­ser sich getröstet.

    Searl (1969) ergänzt die Theo­rie von Aus­tin um die Pro­po­si­ti­on, die er zwi­schen Loku­ti­on und Illo­ku­ti­on ansie­delt. Die­se bezeich­net den Aus­sa­ge­ge­halt des Satzes.

    Lite­ra­tur

    • John L. Aus­tin (1962), How to Do Things with Words. Cam­bridge: Har­vard Uni­ver­si­ty Press.
    • John R. Sear­le (1969), Speech Acts. An Essay in the Phi­lo­so­phy of Lan­guage. Cam­bridge: Uni­ver­si­ty Press Cambridge.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Sprach­li­che Handlungsfähigkeit

    (Jörg Roche)

    Sprach­li­che Hand­lungsfä­hig­keit, bestimmt als die Fähig­keit eines Indi­vi­du­ums sich grund­le­gend in der eige­nen Lebens­welt zu ori­en­tie­ren und alle rele­van­ten Situa­tio­nen kom­mu­ni­ka­tiv erfolg­reich zu meis­tern, umfasst eine gan­ze Rei­he von phy­sio­lo­gi­schen und kogni­ti­ven Vor­aus­set­zun­gen sowie lin­gu­is­ti­schen, sozia­len und metho­di­schen Kom­pe­tenzen. Sehr ver­kürzt gesagt, bedeu­tet dies, dass neben der Fähig­keit, Lau­te wahr­zu­neh­men und zu arti­ku­lie­ren, auch jene gege­ben sein muss, Kon­zep­te aus­zu­bil­den und Nach­rich­ten zu ent­wer­fen und zu for­mu­lie­ren. Dies allein befä­higt Indi­vi­du­en aller­dings noch nicht dazu, sprach­lich ange­mes­sen zu han­deln: Benö­tigt wird dazu auch jede Men­ge Welt- und Situa­ti­ons­wis­sen, pro­ze­du­ra­les Wis­sen, kul­tur­spe­zi­fi­sches Wis­sen zum Ablauf von Dis­kursprak­ti­ken sowie Inter­es­se am Kom­mu­ni­zie­ren. Das wie­der­um umfasst sowohl sprach­li­che als auch sozia­le Kom­pe­tenzen. Letz­te­re beinhal­ten ihrer­seits auch die Fähig­keit zu erken­nen, wann das eige­ne sprach­li­che Han­deln nicht jenem der Gesprächs­part­ner bezie­hungs­wei­se ihren Erwar­tun­gen ent­spricht. In einer sol­chen Situa­ti­on müs­sen stra­te­gi­sche (meta­ko­gni­ti­ve, kri­ti­sche) Kom­pe­tenzen akti­viert wer­den, die zur Anpas­sung der eige­nen Hand­lungs­kom­pe­tenz bei­tra­gen, zum Bei­spiel, indem feh­len­des Wis­sen in Erfah­rung gebracht wird.

    Lite­ra­tur

    • Roche, Jörg (2013), Fremd­spra­che­n­er­werb und Fremd­spra­chen­di­dak­tik. 3. völ­lig neu bear­bei­te­te Auf­la­ge. Tübin­gen: UTB Basics.

    Sprach­li­ches Poten­zi­al von Gesten

    (Sil­va Ladewig)

    Lin­gu­i­stic Poten­ti­al of Gestures

    Das sprach­li­che Poten­zi­al rede­be­glei­ten­der Ges­ten bezieht sich auf deren Eigen­schaft, in ein Sprach­sys­tem wie das der Gebär­den­spra­che ein­zu­tre­ten bezie­hungs­wei­se selbst ein sol­ches zu ent­wi­ckeln (Mül­ler 2013, sie­he auch Arm­strong & Wil­cox 2007). Eine Vor­aus­set­zung dafür ist die Fähig­keit von Ges­ten, die sprach­li­chen Funk­tio­nen nach Büh­ler (1931) zu erfül­len wie „Dar­stel­lung“, „Aus­druck“ und „Appell“. Des Wei­te­ren müs­sen sie in der Lage sein, ein gro­ßes Spek­trum an Bedeu­tung zu über­tra­gen, was bei manu­el­len Ges­ten auf­grund ihrer arti­ku­la­to­ri­schen Fle­xi­bi­li­tät gege­ben ist. Wie Mül­ler (2013) zeigt, sind die Hän­de neben den Sprech­werk­zeu­gen die ein­zi­gen Arti­ku­la­to­ren, die feins­te Bedeu­tungs­un­ter­schie­de her­stel­len können.

    Lite­ra­tur

    • Arm­strong, David F.& Wil­cox, Sher­man (2007), The ges­tural ori­gin of lan­guage. Oxford/New York: Oxford Uni­ver­si­ty Press.
    • Büh­ler, Karl (1934), Sprach­theo­rie. Die Dar­stel­lungs­funk­ti­on der Spra­che. Stuttgart/New York: Fischer.
    • Mül­ler, Cor­ne­lia (2013), Ges­tu­res as a medi­um of expres­si­on: The lin­gu­i­stic poten­ti­al of ges­tu­res. In: Mül­ler, Cor­ne­lia; Cien­ki, Alan; Fri­cke, Ellen;  Lade­wig, Sil­va H.; McN­eill, David & Tes­sen­dorf, Sed­in­ha (Hrsg.), Body – Lan­guage – Com­mu­ni­ca­ti­on: An Inter­na­tio­nal Hand­book on Mul­ti­mo­da­li­ty in Human Inter­ac­tion (Hand­books of Lin­gu­i­stics and Com­mu­ni­ca­ti­on Sci­ence 38). Ber­lin, Bos­ton: Mou­ton de Gruy­ter, 202–217.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 2 Kogni­ti­ve Lin­gu­is­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Sprach­poe­sie

    (Gesi­ne Len­ore Schiewer)

    Der Begriff bezeich­net das Nach­den­ken über die Gestal­tung lite­ra­ri­scher Spra­che und ästhe­tisch gestal­te­te For­men der Sprach­ver­wen­dung, in denen zum Bei­spiel die Laut­lich­keit einer Spra­che rhyth­mi­siert wird oder die gram­ma­ti­schen Mög­lich­kei­ten einer Spra­che für lite­ra­ri­sche Aus­for­mun­gen genutzt, viel­leicht sogar über die im All­tag übli­che Sprach­ver­wen­dung hin­aus gedehnt wird. Inter­kul­tu­rel­le Autorin­nen und Autoren wie zum Bei­spiel Fer­idun Zai­mo­g­lu und Ili­ja Tro­ja­now ver­bin­den damit poe­to­lo­gi­sche Pro­gram­me wie die Auf­fas­sung, dass sol­che For­men der Anrei­che­rung des Deut­schen Bei­trä­ge zur all­ge­mei­nen Sprach­ver­wen­dung und sicht­ba­re Spu­ren lite­ra­ri­scher Tex­te in der deut­schen Spra­che sein können.

    Lite­ra­tur

    • Schie­wer, Gesi­ne Len­ore (2015), Die Noma­di­sie­rung der Moder­ne (Ilja Tro­ja­now) als sprach­poe­ti­sches Pro­gramm. Inter­kul­tu­rel­le Lite­ra­tur­wis­sen­schaft und Fremd­spra­chen­un­ter­richt am Bei­spiel von ‚Cha­mis­so-Lite­ra­tur’. In: IDT 2013, Bd. 1, Haupt­vor­trä­ge, hg. von Hans Drumbl und Anto­nie Hor­nung. Bozen: bu,press, 149–171.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Stan­dard­spra­che

    (Jörg Roche)

    Lin­gu­i­stic Standard

    Der Begriff Stan­dard­spra­che mar­kiert den Ver­such, eine neu­tra­le Sprach­norm zu defi­nie­ren, als größ­ter gemein­sa­mer Nen­ner ver­schie­de­ner Varie­tä­ten. Die Stan­dard­spra­che ist dem­nach eine über­ge­ord­ne­te, auto­no­me Varie­tät, die von der gesam­ten Sprach­ge­mein­schaft akzep­tiert wird. Spra­chen bestehen aber immer aus ver­schie­de­nen Varie­tä­ten, die sich auf­grund ver­schie­de­ner kom­mu­ni­ka­ti­ver Kri­te­ri­en (Zweck, Ver­traut­heit, Öffent­lich­keits­grad) und vor allem durch den Sprach­ge­brauch (Situa­ti­on) und aus der Sprach­ge­schich­te her­aus­ge­bil­det haben. Sie unter­schei­den sich dar­über hin­aus auch in ihrer media­len Rea­li­sie­rung. Daher müss­te man unter ande­rem eine münd­li­che und schrift­li­che Stan­dard­spra­che anset­zen. Da zwi­schen den Varie­tä­ten wegen der Viel­falt der Ein­fluss­fak­to­ren so gro­ße Unter­schie­de bestehen, ist es schwer, eine Stan­dard­spra­che fest­zu­le­gen. In den eng­li­schen Sprach­ge­bie­ten gibt es des­halb meh­re­re regio­na­le Stan­dard­spra­chen. Auch von der Zei­chen­spra­che gibt es meh­re­re Stan­dards. In der Recht­schrei­bung ist im Deut­schen die Kri­te­ri­en der Stan­dard­spra­che für den öffent­li­chen Gebrauch fest­ge­legt wor­den. Den­noch wei­chen die ein­schlä­gi­gen Stan­dard-Wer­ke in über 1000 Kri­te­ri­en von­ein­an­der ab.  Im Unter­richt ist Stan­dard­spra­che ein Ver­such, die natür­li­che sprach­li­che Viel­falt auf ein ope­ra­tio­na­les Maß zu vereinfachen.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Ste­reo­typ

    (Manue­la Sato-Prinz & Ulrich Zeuner)

    Ste­reo­ty­pe 

    Ein Ste­reo­typ ist eine gene­ra­li­sie­ren­de Kate­go­rie, Zuschrei­bung oder Äuße­rung, die sich zumeist auf eine Grup­pe von Men­schen bezieht. Den Indi­vi­du­en, die der jewei­li­gen Grup­pe ange­hö­ren, wer­den auf­grund ihrer Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit bestimm­te Eigen­schaf­ten zuge­schrei­ben. Unter­schei­det man sie von Vor­ur­tei­len, gel­ten Ste­reo­ty­pe als wert­frei, wäh­rend Vor­ur­tei­le ten­den­zi­ell nega­tiv geprägt sind. Ob eine sol­che Unter­schei­dung jedoch not­wen­dig ist, wird sehr kon­tro­vers diskutiert.

    Ste­reo­ty­pe sind Kon­struk­tio­nen der Wirk­lich­keit, die der Reduk­ti­on von Kom­ple­xi­tät die­nen (kogni­ti­ve Funk­ti­on) und Iden­ti­tät durch Kon­struk­ti­on von Alteri­tät sta­bi­li­sie­ren (sozia­le Funk­ti­on). Ste­reo­ty­pe über­neh­men somit für die mensch­li­che Wahr­neh­mung und das sozia­le Mit­ein­an­der wich­ti­ge Funk­tio­nen. Aus kogni­ti­ver Sicht stel­len sie Kate­go­ri­sie­rungs­sche­ma­ta zur Ver­fü­gung, die es Men­schen ermög­li­chen, die Flut an Wahr­neh­mun­gen und Infor­ma­tio­nen in einer kom­ple­xen Welt zu ord­nen. Psy­cho­dy­na­misch erlau­ben es Ste­reo­ty­pe, Psy­cho­hy­gie­ne zu betrei­ben. So kön­nen Men­schen Aggres­sio­nen und sons­ti­ge nega­ti­ve Gefüh­le gegen sich selbst auf ande­re Per­so­nen oder Per­so­nen­grup­pen durch Ste­reo­ty­pe aus­la­gern. Ste­reo­ty­pe sind des­halb in der Regel eine rela­tio­na­le Kate­go­rie und müs­sen vor dem Hin­ter­grund der äußern­den Per­son oder Grup­pe betrach­tet wer­den. Für Grup­pen wir­ken Ste­reo­ty­pe zwar nach außen aus­gren­zend, jedoch nach innen ein­gren­zend und stärkend.

    Auf­grund die­ser essen­ti­el­len Funk­tio­nen von Ste­reo­ty­pen kann es beim inter­kul­tu­rel­len Ler­nen nicht um die Bekämp­fung von Ste­reo­ty­pen gehen, son­dern um eine selbst­re­flek­tie­ren­de Aus­ein­an­der­set­zung mit den eige­nen Ste­reo­ty­pen, um bes­ser zu ver­ste­hen, wie die­se ent­stan­den sind und wel­che Rol­le sie bei der Wahr­neh­mung und Inter­pre­ta­ti­on der Umwelt spie­len.  Der ers­te Schritt dabei besteht dar­in, sich durch Aus­spre­chen oder Auf­schrei­ben oder auch Auf­zeich­nen die eige­nen Ste­reo­ty­pe bewusst zu machen. Mit die­sen bewuss­ten Vor­stel­lun­gen kann man wei­ter­ar­bei­ten, indem man sich zum Bei­spiel die fol­gen­den Fra­gen stellt: Wie haben sich die­se Vor­stel­lun­gen her­aus­bil­det? Wel­chen Anteil haben bei ihnen Vor­ur­tei­le und wel­chen die Erfah­rung? In wel­chen Situa­tio­nen haben sie sich bestä­ti­gen, bezie­hungs­wei­se erwei­tern lassen?

    Lite­ra­tur

    •  All­port, Gor­don W. (1954), The Natu­re of Pre­ju­di­ce. Cam­bridge, Mass.: Addi­son-Wes­ley Publi­shing Company.
    • Klein­steu­ber, Hans, J. (1991), Ste­reo­ty­pe, Images und Vor­ur­tei­le — Die Bil­der in den Köp­fen der Men­schen. In: Gün­ter Traut­mann (Hrsg.), Die häß­li­chen Deut­schen? Die Deut­schen im Spie­gel der west­li­chen und öst­li­chen Nach­barn. Darm­stadt: Wis­sen­schaft­li­che Buch­ge­sell­schaft, 60–68.
    • Schnei­der, David J. (2004), The Psy­cho­lo­gy of Ste­reo­ty­p­ing. New York: Guil­ford Press.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

     

    Lite­ra­tur

    • All­port, Gor­don W. (1954), The Natu­re of Pre­ju­di­ce. Cam­bridge, Mass.: Addi­son-Wes­ley Publi­shing Company.
    • Klein­steu­ber, Hans, J. (1991), Ste­reo­ty­pe, Images und Vor­ur­tei­le — Die Bil­der in den Köp­fen der Men­schen. In: Gün­ter Traut­mann (Hrsg.), Die häß­li­chen Deut­schen? Die Deut­schen im Spie­gel der west­li­chen und öst­li­chen Nach­barn. Darm­stadt: Wis­sen­schaft­li­che Buch­ge­sell­schaft, 60–68.
    • Schnei­der, David J. (2004), The Psy­cho­lo­gy of Ste­reo­ty­p­ing. New York: Guil­ford Press.

    Steue­rung

    (Agnes Ein­horn)

    Gui­dance

    Gute Testaufga­ben und Übungs­se­quenzen beinhal­ten alle nöti­gen Grund­la­gen, um von Ler­ner selbst­stän­dig gelöst wer­den zu kön­nen. Je nach Lern­zie­len kön­nen Auf­ga­ben unter­schied­li­che Arten der Steue­rung beinhal­ten: zum Bei­spiel for­ma­le, inhalt­li­che, sprach­li­che oder stra­te­gi­sche Steue­rung. Die for­ma­le Steue­rung bedeu­tet, dass in der Test­auf­ga­be ange­ge­ben wird, wel­cher Text­sor­te ent­spre­chend die Ler­ner den Text gestal­ten sol­len. Bei der sprach­li­chen Steue­rung wer­den Lösungs­bei­spie­le oder mög­li­che sprach­li­che Struk­tu­ren ange­bo­ten. Die stra­te­gi­sche Steue­rung bezieht sich dar­auf, die Auf­merk­sam­keit der Kan­di­da­ten und Kan­di­da­tin­nen vor der Lösung der Auf­ga­ben in Form einer Anlei­tung auf die ein­zel­nen Pha­sen der Text­pro­duk­ti­on (Pla­nung, Aus­füh­rung, Kon­trol­le oder Repa­ra­tur) zu lenken.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment  der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Stör­va­ria­ble

    (Ruth Albert)

    Con­foun­ding Variable

    Stör­va­ria­blen sind nicht kon­trol­lier­ba­re Ele­men­te eines Expe­ri­ments, die die Mes­sung der unab­hän­gi­gen oder abhän­gi­gen Varia­ble stö­ren und des­halb best­mög­lich aus­ge­schlos­sen wer­den soll­ten. Bei­spiels­wei­se könn­ten wäh­rend der Durch­füh­rung einer Unter­su­chung Müdig­keit oder lau­te Umge­bungs­ge­räu­sche die Ver­suchs­teil­neh­mer beein­flus­sen und somit die Test­ergeb­nis­se ver­fäl­schen. Stör­va­ria­blen kön­nen auch durch eine unge­eig­ne­te Ver­suchs­an­ord­nung  ent­ste­hen. Bei einer Unter­su­chung zum Voka­bel­ler­nen (abhän­gi­ge Varia­ble) mit ver­schie­de­nen Voka­bel­lern­stra­te­gien (unab­hän­gi­ge Varia­ble) könn­te bei­spiels­wei­se die Art des Tes­tens zu Stör­va­ria­blen füh­ren. Wenn eine Grup­pe die Voka­beln mit­hil­fe von Tex­ten und die ande­re Grup­pe  die­se durch das Nach­spre­chen des zu ler­nen­den Wor­tes mit gleich­zei­ti­gem Aus­füh­ren einer typi­schen Ges­te gelernt hat, dann soll­te man zur Über­prü­fung der Effi­zi­enz der Stra­te­gien die Voka­beln nicht (nur) schrift­lich abfra­gen.  Die Grup­pe, die die Text­me­tho­de ver­wen­det hat, hät­te dadurch einen deut­li­chen Vor­teil. Die Ver­suchs­teil­neh­mer wer­den bei die­ser Metho­de direkt mit der Schrift­form kon­fron­tiert, wäh­rend die ande­re Grup­pe die Voka­beln nur hört.

    Lite­ra­tur

    • Albert, Ruth & Marx, Nico­le (2014), Empi­ri­sches Arbei­ten in Lin­gu­is­tik und Sprach­lehr­for­schung. Anlei­tung zu quan­ti­ta­ti­ven Stu­di­en von der Pla­nungs­pha­se bis zum For­schungs­be­richt (2. über­ar­bei­te­te Auf­la­ge). Tübin­gen: Narr.

     (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

    Stra­tegy Based Ins­truc­tion Model

    Stra­tegy based ins­truc­tion models zäh­len zu den direk­ten Trai­nings­maß­nah­men mit dem Ziel, dem Ler­ner Lern­stra­te­gien zu ver­mit­teln. Die­se Ver­mitt­lung beinhal­tet einen all­ge­mei­nen Über­blick, die Erklä­rung stra­te­gi­scher Lern­ak­ti­vi­tä­ten und die nöti­ge Fes­ti­gung durch Übun­gen.
    Abge­se­hen von weni­gen Abwei­chun­gen umfas­sen alle Model­le die vier Schrit­te rai­sing awa­re­ness, pre­sen­ta­ti­on & mode­ling of stra­te­gies, mul­ti­ple prac­ti­ce oppor­tu­ni­ties und self-eva­lua­ti­on of the effec­ti­ve­ness & trans­fer of stra­te­gies to fresh tasks.

    Lite­ra­tur

    • Cha­mot, Anna U. (2005), Lan­guage lear­ning stra­tegy ins­truc­tion. Cur­rent issues and rese­arch. Annu­al Review of Appli­ed Lin­gu­i­stics 25, 112–130.
    • Gren­fell, Micha­el & Har­ris, Vee (1999), Modern Lan­guages and Lear­ning Stra­te­gies. In Theo­ry and Prac­ti­ce. Lon­don: Routledge.
    • Oxford, Rebec­ca L. (1990), Lan­guage Lear­ning Stra­te­gies. What every tea­cher should know. Bos­ton, MA: Heinle.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Studienaustausch(aufenthalt)

    (Manue­la Sato-Prinz)

    Exch­an­ge Studies

    Ein Stu­di­en­aus­tausch­auf­ent­halt ist ein Auf­ent­halt im Kon­text von (uni­ver­si­tä­rer) Bil­dung, für den eine natio­na­le Gren­ze über­schrit­ten wird. Er ist zeit­lich begrenzt und geht nicht not­wen­di­ger­wei­se mit dem Erwerb eines Stu­di­en­ab­schlus­ses ein­her. Vie­le ande­re Rah­men­kom­po­nen­ten von Stu­di­en­aus­tausch­auf­ent­hal­ten sind sehr unter­schied­lich gere­gelt. Neben sehr indi­vi­du­el­len Ziel­set­zun­gen wie einem Zuwachs an fach­li­chen und fremd­sprach­li­chen Kennt­nis­sen oder per­sön­li­chem Wachs­tum sol­len Stu­di­en­aus­tausch­auf­ent­hal­te auch zur Völ­ker­ver­stän­di­gung bei­tra­gen. Eines der größ­ten Pro­gram­me zur För­de­rung von Stu­di­en­aus­tausch­auf­ent­hal­ten ist das so genann­te ERAS­MUS-Pro­gramm der Euro­päi­schen Union.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Sub­set-Hypo­the­se

    (Jörg Roche & Kees de Bot)

    Nach der Sub­set-Hypo­the­se (Para­dis 2004) bil­den Wör­ter (aber auch syn­tak­ti­sche Regeln und ande­re struk­tu­rel­le Phä­no­me­ne) aus einer bestimm­ten Spra­che ein Sub­set des Gesamt­in­ven­tars aller beherrsch­ten Spra­chen. Die­se Sub­sets wer­den durch die Ver­wen­dung von Wör­tern in bestimm­ten Situa­tio­nen gebil­det und auf­recht­erhal­ten. Wör­ter einer bestimm­ten Spra­che wer­den in den meis­ten Situa­tio­nen zusam­men ver­wen­det, aber in Situa­tio­nen, in denen Code-Swit­ching regel­mä­ßig vor­kommt, kön­nen Spre­cher und Spre­che­rin­nen ein Sub­set ent­wi­ckeln, in dem Wör­ter aus mehr als einer Spra­che vor­kom­men. Jedes Sub­set kann unab­hän­gig von den übri­gen akti­viert wer­den. Eini­ge (zum Bei­spiel Sub­sets aus typo­lo­gisch ver­wand­ten Spra­chen) kön­nen erheb­li­che Über­schnei­dun­gen in Form von ver­wand­ten Wör­tern aufweisen.
    Bei der Ent­wick­lung von Eth­no­lekten bei­spiels­wei­se, einer Misch­va­rie­tät, die in mehr­spra­chi­gen urba­nen Milieus ent­steht, kommt es zur Her­aus­bil­dung eines gemein­sa­men Sub­sets. Weil die Mit­glie­der der Grup­pe bestimm­te Wör­ter und Aus­drü­cke zusam­men ver­wen­den, wer­den sie zum Bestand­teil die­ses Sub­sets. Für die­se Spre­cher und Spre­che­rin­nen stam­men Wör­ter nicht aus der einen oder ande­ren Spra­che, son­dern gehö­ren zu dem neu­en, eigen­stän­di­gen Teilsystem.

    Lite­ra­tur

    • Para­dis, Michel (2004), A Neu­ro­lin­gu­i­stic Theo­ry of Bilin­gua­lism. Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Sys­tem asso­zi­ier­ter Gemeinplätze

     (Mark Web­ber)

    Sys­tem of Asso­cia­ted Commonplaces 

    Das ‚Sys­tem asso­zi­ier­ter Gemein­plät­ze‘ kommt in Blacks Inter­ak­ti­ons­theo­rie der Meta­pher vor (Black 1983a). Spä­ter (1983b) hat er von einem impli­ca­ti­ve com­plex (,Impli­ka­ti­ons­ge­fü­ge‘) gespro­chen. Für Black erfolgt der Meta­pho­ri­sie­rungs­pro­zess nicht durch die Sub­sti­tu­ti­on eines Wor­tes durch ein ande­res, son­dern in der Inter­ak­ti­on zwei­er Aus­drü­cke. Dadurch ent­ste­hen Pro­po­si­tio­nen, Aus­sa­gen, Argumente.

    Ein Bei­spiel: Die Meta­pher von einer „Mau­er im Kopf“ (Schnei­der 1982) ist seit 1989 zu einem Gemein­platz (einer all­ge­mein ver­ständ­li­chen und geläu­fi­gen Rede­wen­dung) gewor­den. Die Behaup­tung, wir hät­ten eine Mau­er im Kopf, impli­ziert und akti­viert in uns eine Fül­le zuge­hö­ri­ger, viel­leicht sogar wider­sprüch­li­cher Asso­zia­tio­nen, etwa: von schein­bar unüber­wind­li­chen Bau­ten; von undurch­dring­li­chem Mate­ri­al; von schüt­zen­den und abwei­sen­den Abgrenzungen.

    Die­se Impli­ka­tio­nen funk­tio­nie­ren als Fil­ter: sie blen­den bestimm­te Merk­ma­le der ‚Mau­er‘ aus und stel­len ande­re „ins Ram­pen­licht“. Sie erlau­ben uns, die dem Wort ‚Mau­er‘ inne­woh­nen­den Impli­ka­tio­nen zu erken­nen und für uns sinn­voll auszulegen.

    Die Exis­tenz von all­ge­mein ver­stan­de­nen Impli­ka­tio­nen wider­spricht nicht Blacks Über­zeu­gung, Meta­phern kön­nen ein­ma­lig, krea­tiv und heu­ris­tisch sein. Also ist der Begriff vom „Sys­tem asso­zi­ier­ter Gemein­plät­ze“ wich­tig, um den Pro­zess des Meta­pho­ri­sie­rens als Inter­ak­ti­ons­pro­zess und die Meta­pher als Argu­men­ta­ti­ons- und Erkennt­nis­mit­tel zu erklären.

    Lite­ra­tur

    • Black, Max (1983a), Die Meta­pher (1954), In: Haver­kamp, Anselm (Hrsg.), Theo­rie der Meta­pher. Darm­stadt: Wis­sen­schaft­li­che Buch­ge­sell­schaft, 55–79.
    • Black, Max (1983b), Black, Max (1977), Mehr über die Meta­pher. In: Haver­kamp, Anselm (Hrsg.), Theo­rie der Meta­pher. Darm­stadt: Wis­sen­schaft­li­che Buch­ge­sell­schaft, S. 479–413.
    • Jost, Jörg (2007), Topos und Meta­pher. Zur Prag­ma­tik und Rhe­to­rik des Ver­ständ­lich­ma­chens. Hei­del­berg: Uni­ver­si­täts­ver­lag Winter.
    • Schnei­der, Peter (1982), Der Mau­er­sprin­ger. Erzäh­lung. 6. Auf­la­ge. Rein­bek: Rowohlt.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)