Iden­ti­täts­kon­struk­ti­on von Sprache

(Jörg Roche & San­dra Drumm)

Über eine  bestimm­te sprach­li­che Varie­tät erfolgt eine Reprä­sen­ta­ti­on und Kon­struk­ti­on von Iden­ti­tät. Damit zeigt man sich als eine Per­son, die einer bestimm­ten Grup­pe zuge­hö­rig ist. Dies kann einer­seits die Natio­nal­spra­che sein, aber auch auf klei­ne­re Grup­pen bezo­gen wer­den (Ver­wen­dung der Fach­spra­che Jura, um sich als Jurist dar­zu­stel­len). Spra­che und Sprach­kom­pe­tenz prä­gen und fun­die­ren die Kon­struk­ti­on unse­rer Iden­ti­tät, für uns selbst und für ande­re. Ein bestimm­ter sprach­li­cher Code, eine Varie­tät wie etwa die Kanaks­prak, kann auch die Zugangs­be­rech­ti­gung zu einer sozia­len Grup­pe dar­stel­len. Wer sie nicht beherrscht, gehört nicht dazu. Umge­kehrt gehö­ren auch bestimm­te sozia­le Eigen­schaf­ten dazu, um eine Berech­ti­gung zum Sprach­ge­brauch zu erhal­ten. In vie­len Gesell­schaf­ten ist die Kon­struk­ti­on einer natio­na­len Iden­ti­tät – trotz aller sozio­lo­gi­scher und kul­tur­wis­sen­schaft­li­cher Beden­ken, auch gesetz­lich mit der Spra­chen­po­li­tik ver­bun­den und führt daher oft zu Unru­hen und lang­wie­ri­gem Streit.

Lite­ra­tur

  • Morek, Miri­am; Hel­ler, Vivi­en (2012), Bil­dungs­spra­che – kom­mu­ni­ka­ti­ve, epis­te­mi­sche, sozia­le und inter­ak­ti­ve Aspek­te ihres Gebrauchs. In: Zeit­schrift für ange­wand­te Lin­gu­is­tik 57, 67–101.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Illu­si­on

(Isa­bel Hoffmann)

Illu­si­on hängt eng mit Immersi­on und Prä­senz zusam­men. Wäh­rend Immersi­on das Ein­tau­chen in ein Medi­um bedeu­tet und Prä­senz das Gefühl, in einer vir­tu­el­len Welt anwe­send zu sein, bezeich­net Illu­si­on das Bewusst­sein, die com­pu­ter­ge­nerier­te Welt über­haupt als eine Welt zu begrei­fen, in die ein­ge­taucht wer­den kann (Orts­il­lu­si­on) und in der rea­le Hand­lun­gen mit ihren Kon­se­quen­zen, die man aus dem ech­ten Leben kennt, mög­lich sind (Plau­si­bi­li­täts­il­lu­si­on) (ver­glei­che Dör­ner et al. 2013: 18).

Lite­ra­tur

  • Dör­ner, Ralf; Broll, Wolf­gang; Grimm, Paul & Jung, Bern­hard (2013), Vir­tu­al and Aug­men­ted Rea­li­ty (VR/AR). Grund­la­gen und Metho­den der Vir­tu­el­len und Aug­men­tier­ten Rea­li­tät. Berlin/Heidelberg: Sprin­ger Verlag.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 9 Grund­la­gen der Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­di­dak­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Immersi­on

(Isa­bel Hoffmann)

Beim Immersi­ons­be­griff spie­len kogni­ti­ve, affek­ti­ve und syn­äs­the­ti­sche Aspek­te eine Rol­le (ver­glei­che Voss 2008: 70–71). Umso wich­ti­ger erscheint eine aus­dif­fe­ren­zier­te Beschrei­bung die­ses Ober­be­griffs. Immersi­on ist ein kon­ver­gen­ter Pro­zess, bei dem die Gedan­ken auf das Gesche­hen einer Hand­lungs­ab­fol­ge oder Geschich­te gerich­tet sind. Sie beschreibt den durch eine Situa­ti­on, Umge­bung oder gra­fi­sche Dar­stel­lung her­vor­ge­ru­fe­nen Grad des Ein­tau­chens. Je immersi­ver eine Umge­bung gestal­tet ist, des­to stär­ker tritt die Wahr­neh­mung des ver­mit­teln­den Medi­ums in den Hin­ter­grund, sodass die vir­tu­el­le Umge­bung als real emp­fun­den wird. Das Ein­tau­chen selbst ist bedingt durch objek­ti­ve, quan­ti­fi­zier­ba­re Sti­mu­li, sprich mul­ti­mo­da­le Sti­mu­la­tio­nen der mensch­li­chen Wahr­neh­mung. Immersi­on fun­giert zum einen als Moti­va­tor, indem sie zu einer wie­der­hol­ten Medi­en­nut­zung führt, da ange­neh­me, genuss­vol­le und fes­seln­de Gefüh­le emp­fun­den wer­den. Wei­ter ist sie als Media­tor anzu­se­hen, da sie Aus­wir­kun­gen auf das indi­vi­du­el­le Wis­sen und die per­sön­li­chen Ein­stel­lun­gen der Nut­zer und Nut­ze­rin­nen haben kann (ver­glei­che Biland­zic 2013: 273–274; Dör­ner et al. 2013: 46; Lan­ge 2019: 56–57; Engel­mann 2018: 22).

Lite­ra­tur

  • Biland­zic, Hele­na (2013), Immersi­on. In: Wünsch, Cars­ten & Schramm, Hol­ger (Hrsg.), Hand­buch Medi­en­re­zep­ti­on. Baden-Baden: Nomos, 273–290.
  • Dör­ner, Ralf; Broll, Wolf­gang; Grimm, Paul & Jung, Bern­hard (2013), Vir­tu­al and Aug­men­ted Rea­li­ty (VR/AR). Grund­la­gen und Metho­den der Vir­tu­el­len und Aug­men­tier­ten Rea­li­tät. Berlin/Heidelberg: Sprin­ger Verlag.
  • Engel­mann, Niko­layi (2018), Vir­tu­al Rea­li­ty Gam­ing. Poten­ti­al der Tech­no­lo­gie für die Welt der digi­ta­len Spie­le. Baden-Baden: Tectum.
  • Lan­ge, Ste­fa­nie (2019), Enhan­ced E‑Books – Eine empi­ri­sche Stu­die zum immersi­ven Erle­ben. Ber­lin: Springer-Verlag.
  • Voss, Chris­tia­ne (2008), Fik­tio­na­le Immersi­on. mon­ta­ge AV. Zeit­schrift für Theo­rie & Geschich­te audio­vi­su­el­ler Kom­mu­ni­ka­ti­on 17: 2, 69–87.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 9 Grund­la­gen der Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­di­dak­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inchoa­ti­vi­tät

Der Aus­druck des Ein­set­zens eines tem­po­ra­len Ereig­nis­ses (Akti­ons­art), zum Bei­spiel das Erwa­chen oder Auf­blü­hen des Früh­lings, wird als Inchoa­ti­vi­tät bezeich­net. Das Deut­sche ver­fügt über ein aus­ge­präg­tes Inven­tar an Prä­fi­xen zum Aus­druck unter­schied­li­cher Aktionsarten.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

indi­vi­du­el­le, sozia­le und kul­tu­rel­le Bedeutsamkeit

(Gesi­ne Len­ore Schie­wer & Jörg Roche)

Indi­vi­du­el­le, sozia­le und kul­tu­rel­le Bedeut­sam­keit bedeu­tet, dass Lite­ra­tur mit ent­spre­chen­den didak­ti­schen Kon­zep­ten zur Refle­xi­on, Iden­ti­täts­bil­dung, Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung und Sozia­li­sa­ti­on wesent­lich bei­tra­gen kann. Lite­ra­ri­sche Tex­te gehö­ren in die­sem Zusam­men­hang einem gesam­ten „Hand­lungs­feld Lite­ra­tur“ an und gewin­nen hier­durch in den drei fol­gen­den Berei­chen an Bedeutung.

Indi­vi­du­el­le Bedeut­sam­keit hat Lite­ra­tur ins­be­son­de­re für her­an­wach­sen­de Kin­der und Jugend­li­che, die sich in der Lek­tü­re mit alter­na­ti­ven Lebens­ent­wür­fen iden­ti­fi­zie­ren oder sie ver­wer­fen, in frem­de Wel­ten ein­tau­chen und auf fik­ti­ve Figu­ren ihre Träu­me, Wün­sche und Zukunfts­ent­wür­fe projizieren.

Sozia­le Bedeut­sam­keit hat Lite­ra­tur beson­ders in Kon­tex­ten, in denen Lese­rin­nen und Leser über einen gemein­sam rezi­pier­ten Text ins Gespräch kom­men. Hier ergibt sich eine Viel­falt von Mög­lich­kei­ten der Lek­tü­re sowie des Aus­tau­sches über per­sön­li­che Deu­tungs­mus­ter der Hand­lung.  Es kann zur Bestä­ti­gung, Revi­die­rung oder gar Ver­wer­fung von eige­nen Deu­tungs­mus­tern kommen.

Wie jede Kunst­form besitzt schließ­lich auch die Lite­ra­tur inner­halb einer Gemein­schaft kul­tu­rel­le Bedeut­sam­keit, da sie ein Teil ihres kul­tu­rel­len Gedächt­nis­ses aus­macht. Über lite­ra­ri­sche Tex­te erfah­ren wir, wel­che his­to­ri­schen Ereig­nis­se, poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen und sozia­len Wand­lun­gen eine Kul­tur zu einem bestimm­ten Zeit­punkt geprägt haben.

Vor allem der drit­te Bereich gewinnt im fremd­sprach­li­chen Lite­ra­tur­un­ter­richt an Bedeu­tung, da über die Lek­tü­re von lite­ra­ri­schen Tex­ten der Ziel­kul­tur sich Wege des Kul­tur­dia­logs öff­nen. Für das Zustan­de­kom­men die­ses Dia­logs muss inner­halb des Lite­ra­tur­un­ter­richts Raum geschaf­fen wer­den, in dem die Lite­ra­tur der Ziel­kul­tur nicht aus­schließ­lich als Quel­le lan­des­kund­li­chen Wis­sens gese­hen wird, son­dern durch ent­spre­chen­de Didak­ti­sie­run­gen Brü­cken zwi­schen mut­ter­sprach­li­cher und fremd­sprach­li­cher Lite­ra­tur geschla­gen wer­den. In die­sem Zusam­men­hang sind Ler­nerak­ti­vi­tä­ten, die zum Erpro­ben und Expe­ri­men­tie­ren mit eige­nen lite­ra­ri­schen Schreib­ver­su­chen anre­gen, ein wesent­li­cher Schritt zur Eröff­nung des inter­kul­tu­rel­len Dialogs.

Lite­ra­tur

  • Abra­ham, Ulf & Kep­ser, Mat­this (2006), Lite­ra­tur­di­dak­tik Deutsch. Eine Ein­füh­rung. 2. durch­ge­se­he­ne Auf­la­ge. Ber­lin: Erich Schmidt Verlag.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inne­re Sprache

Inner Speech

Inne­re Spra­che ist eine meta­pho­ri­sche Bezeich­nung für die vom For­mu­la­tor pro­du­zier­te Spra­che im Pro­zess der Sprach­ver­ar­bei­tung vor der Pha­se der Arti­ku­la­ti­on. Als „inne­re Spra­che“ wird auch das „Durch­spie­len“ ver­schie­de­ner Aus­drucks­mög­lich­kei­ten bezeich­net. Sie wird als hoch pro­duk­tiv und wich­tig in der Schreib­di­dak­tik ange­se­hen, weil beim inne­ren Spre­chen unter­schied­li­che Vari­an­ten „durch­ge­spielt“ und erprobt werden.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inte­gra­ti­ve Landeskunde

(Jörg Roche)

Die inte­gra­ti­ve Lan­des­kun­de ist ein Ansatz einer in Abgren­zung von frü­he­ren — von den Kul­tur­wis­sen­schaf­ten als pro­ble­ma­tisch ange­se­he­nen — Ansät­zen  der Kultur‑, Län­der- oder Lan­des­kun­de alter­na­ti­ven Lan­des­kun­de, die inter­dis­zi­pli­nä­re The­men auf­greift und die­se von Exper­ten der Aus­gangs- und Ziel­kul­tu­ren gemein­sam für die inter­kul­tu­rel­le Nut­zung im Unter­richt erar­bei­ten lässt. Sie beschäf­tigt sich vor allem mit gesell­schafts­po­li­ti­schen, his­to­ri­schen und The­men der All­tags­or­ga­ni­sa­ti­on. Wich­tigs­ter Ver­tre­ter ist das Tübin­ger Modell mit dem Lehr­werk Typisch Deutsch.

Lite­ra­tur

  • Mog, Paul & Alt­haus, Hans-Joa­chim (1992), Die Deut­schen in ihrer Welt. Tübin­ger Modell einer inte­gra­ti­ven Lan­des­kun­de. Ber­lin & New York: Langenscheidt.
  • Alt­haus, Hans-Joa­chim (2009), Was müss­te man nicht alles wis­sen! Lan­des­kun­de als Teil­dis­zi­plin im Stu­di­um Deutsch als Fremd­spra­che. In: Joa­chims­tha­ler, Jür­gen (Hrsg.), Theo­rie ohne Pra­xis Pra­xis ohne Theo­rie? Kulturwissenschaft(en) im Span­nungs­feld zwi­schen Theo­rie, Didak­tik und kul­tu­rel­ler Pra­xis. Mün­chen: Mei­den­bau­er, 131– 142.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 5 Spra­chen­leh­ren der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inte­grier­te Metapher

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Inte­grier­te Meta­phern stel­len im Gegen­satz zu hybri­den Meta­phern kei­ne unwahr­schein­li­che Gestalt dar, son­dern deu­ten die­se nur an. So wird bei­spiels­wei­se in der Wer­bung für eine Kaf­fee­ma­schi­ne durch ihre gebück­te Form die Meta­pher EINE KAF­FEMA­SCHI­NE IST EIN DIE­NER bzw. EIN KELL­NER sug­ge­riert, das heißt die Kaf­fee­ma­schi­ne ser­viert den fer­ti­gen Kaf­fee wie ein ech­ter Kellner.

Lite­ra­tur

  • Force­ville, Charles (2008), Meta­phor in pic­tures and mul­ti­mo­dal repre­sen­ta­ti­ons. In: Gibbs, Ray­mond W. Jr. (Ed.), The Cam­bridge Hand­book of Meta­phor and Thought. Cam­bridge: Cam­bridge Uni­ver­si­ty Press, 462–482.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inter­ak­ti­vi­tät

(Isa­bel Hoffmann)

Die neu­en Tech­no­lo­gien, wie Aug­men­ted Rea­li­ty (AR) und Vir­tu­al Rea­li­ty (VR), hän­gen in ihrer Funk­ti­on oft­mals voll­kom­men von der Nut­ze­rin oder dem Nut­zer und ihren oder sei­nen Hand­lun­gen ab. Die viel­sei­ti­gen Inter­ak­ti­ons­mög­lich­kei­ten stel­len einen bedeu­ten­den Fak­tor beim Ler­nen dar, wel­cher einer­seits die immersi­ve Erfah­rung stei­gern kann und ande­rer­seits für Unter­bre­chun­gen die­ser sorgt, sofern es sich um tech­nisch weni­ger ent­wi­ckel­te Sys­te­me han­delt. „Durch­bricht die media­le Mach­art die Sub­ti­li­tät der tech­ni­schen Ver­mitt­lung demons­tra­tiv, lenkt sie die Auf­merk­sam­keit des Rezi­pi­en­ten zu stark auf das Wie des Dar­ge­stell­ten und nicht mehr auf das Dar­ge­stell­te selbst“ (Lan­ge 2019: 61–62). Bei hoch immersi­ven Medi­en oder Lern­um­ge­bun­gen besteht dage­gen ein hoher Grad an Natür­lich­keit der Inter­ak­ti­on, sodass die Ein­ga­be­for­men und Erfah­run­gen des Nut­zers oder der Nut­ze­rin bei­na­he deckungs­gleich mit dem Umgang mit der rea­len Welt sind (ver­glei­che Gerth & Kru­se 2020: 148).

Lite­ra­tur:

  • Gerth, Sebas­ti­an & Kru­se, Rolf (2020), VR/AR-Tech­no­lo­gien im Schu­lungs­ein­satz für Indus­trie­an­wen­dun­gen. In: Orso­lits, Horst & Lack­ner, Maxi­mi­li­an (Hrsg.), Vir­tu­al Rea­li­ty und Aug­men­ted Rea­li­ty in der Digi­ta­len Pro­duk­ti­on. Wies­ba­den: Sprin­ger Gab­ler, 145–179.
  • Lan­ge, Ste­fa­nie (2019), Enhan­ced E‑Books – Eine empi­ri­sche Stu­die zum immersi­ven Erle­ben. Ber­lin: Springer-Verlag.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 9 Grund­la­gen der Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­di­dak­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inter­de­pen­denz­hy­po­the­se

(Jörg Roche)

Inter­de­pen­dence Hypothesis

Die Inter­de­pen­denz­hy­po­the­se (Cumm­ins 1982, 2000) geht von der Annah­me aus, dass sich die situa­ti­ons­ge­bun­de­nen Basis­kom­pe­ten­zen (BICS) in Erst- und Zweit­spra­che unab­hän­gig von­ein­an­der ent­wi­ckeln. In Hin­blick auf die Ent­fal­tung einer kogni­ti­ven aka­de­mi­schen Sprach­fä­hig­keit (CALP) sind bei­de Spra­chen jedoch durch­läs­sig. Dies bedeu­tet, dass ein Zweit- oder Fremd­spra­chen­ler­ner ganz ent­schie­den davon pro­fi­tie­ren kann, wenn ent­spre­chen­de Fähig­kei­ten und ent­spre­chen­des Wis­sen in der Erst­spra­che vor­han­den sind, weil sich die CALP auf wei­te­re Spra­chen über­trägt. Das Modell von Cumm­ins ist jedoch umstrit­ten, weil sich die Begrif­fe nicht klar defi­nie­ren las­sen und eine empi­ri­sche Über­prü­fung nicht mög­lich ist.

Lite­ra­tur

  • Cumm­ins, James (1982), Die Schwel­len­ni­veau- und Inter­de­pen­denz-Hypo­the­se: Erklä­run­gen zum Erfolg zwei­spra­chi­ger Erzie­hung. In: Swift, James (Hrsg.), Bilin­gua­le und mul­ti­kul­tu­rel­le Erzie­hung. Würz­burg: Königs­hau­sen & Neu­mann, 34–43.
  • Cumm­ins, James (2000), Lan­guage, Power and Pedgo­gy: Bilin­gu­al Child­ren in the Cross­fi­re. Cle­ve­don: Mul­ti­l­in­gu­al Matters.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Inter­fe­renz

Inter­fe­rence

Der Begriff Inter­fe­renz bezeich­net die nega­ti­ven Ein­flüs­se des Vor­wis­sens in einer Spra­che auf neu zu erwer­ben­de Struk­tu­ren in einer ande­ren Spra­che. Die Kon­tras­tiv­hy­po­the­se geht von der Annah­me aus, dass Unter­schie­de in der Ziel­spra­che im Ver­gleich zur Erst­spra­che zu Erwerbs­schwie­rig­kei­ten füh­ren und es infol­ge­des­sen zu Inter­fe­ren­zen kommt.
Der Begriff Trans­fer lässt zunächst offen, wel­che Wir­kung das Vor­wis­sen hat. Er bezeich­net ledig­lich die Über­nah­me aus einer Spra­che in die ande­re beim Sprach­er­werb (auch retro­ak­tiv von der L2 auf die L1) und beim Codewechsel.

Lite­ra­tur

  • Königs, Frank G. (2010), Zweit­spra­che­n­er­werb und Fremd­spra­chen­ler­nen: Begrif­fe und Kon­zep­te. In: Krumm, Hans-Jür­gen; Fan­drych, Chris­ti­an; Huf­ei­sen, Brit­te & Rie­mer, Clau­dia (Hrsg.), Deutsch als Fremd- und Zweit­spra­che: Ein inter­na­tio­na­les Hand­buch. Ber­lin: Wal­ter de Gruy­ter, 754–763.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inter­kom­pre­hen­si­on

(Jörg Roche)

Inter­com­pre­hen­si­on

Das Prin­zip der Inter­kom­pre­hen­si­on bezieht sich dar­auf, dass Trans­ferbasen die Grund­la­ge der Ver­ständ­lich­keit von Spra­chen einer Sprach­fa­mi­lie bil­den. Wenn die gemein­sa­me Basis iden­ti­fi­ziert oder aus­ge­fil­tert ist, blei­ben mono­lin­gua­le Pro­fil­ele­men­te als Spe­zi­fi­ka einer zu erwer­ben­den Spra­che übrig. Beim Erwerb einer wei­te­ren nah­ver­wand­ten Fremd­spra­che, zu der der Ler­ner bereits Vor­wis­sen ver­fügt, kommt es dem­nach dar­auf an, das vor­han­de­ne Wis­sen und sei­ne Orga­ni­sa­ti­on so zu akti­vie­ren, dass die zwi­schen den Aus­gangs­spra­chen und der Ziel­spra­che lie­gen­den kogni­ti­ven Sche­ma­ta mit­ein­an­der ver­bun­den wer­den kön­nen. Es geht also dar­um, das Bekann­te mit dem Neu­en zu ver­knüp­fen, um das Spe­zi­fi­sche der zu erler­nen­den Spra­che ver­an­kern zu kön­nen (Trans­fer­di­dak­tik). Das Prin­zip der (vor­wie­gend struk­tu­rel­len) Ähn­lich­kei­ten greift die Euro­Com-Initia­ti­ve auf, die Lehr­plä­ne und Mate­ria­li­en für roma­ni­sche, ger­ma­ni­sche und sla­wi­sche Spra­chen ent­wi­ckelt. Die Inter­kom­pre­hen­si­ons­di­dak­tik stellt das sys­te­mi­sche Vor­ge­hen ver­schie­de­ner Model­le dar, die auf Ähn­lich­kei­ten von Spra­chen auf­bau­en und bemüht sind, die­se in Unter­richts­me­tho­den umzu­set­zen. Zu ihren wich­tigs­ten Ele­men­ten gehö­ren: die Spon­t­angram­ma­tik, der Mehr­spra­chen­spei­cher und der Didak­ti­sche Moni­tor. Das Kon­zept der Trans­fer­dif­fe­renz in der kogni­ti­ven Sprach­di­dak­tik erwei­tert das Inter­kom­pre­hen­si­ons­kon­zept als didak­ti­sches Prin­zip auch im Umgang mit sprach­kul­tu­rel­len Dif­fe­renzen.

Lite­ra­tur

  • Klein, Horst G. & Steg­mann, Til­bert Dídac (2000), Euro­Com­Rom – die sie­ben Sie­be. Roma­ni­sche Spra­chen sofort lesen kön­nen. Aachen: Shaker.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inter­kul­tu­rell / mul­ti­kul­tu­rell / transkulturell

Inter­cul­tu­ral / Mul­ti­cul­tu­ral / Trans­cul­tu­ral

Mul­ti­kul­tu­ra­li­tät bezeich­net im wei­tes­ten Sin­ne das Neben­ein­an­der von Kul­tu­ren (in offi­zi­ell oder inof­fi­zi­ell mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaf­ten oder Gemein­schaf­ten). Der Begriff inter­kul­tu­rell betont dar­über hin­aus das Mit­ein­an­der von Kul­tu­ren, das heißt die Pro­zes­se des Aus­tau­sches und gegen­sei­ti­gen Ver­ste­hens. Im Begriff trans­kul­tu­rell drückt sich des Wei­te­ren ein offe­nes Kul­tur­ver­ständ­nis aus, das weni­ger von klar umris­se­nen Kul­tur­gren­zen aus­geht, als die bei­den ande­ren Begrif­fe.

Inter­kul­tu­rel­le Her­me­neu­tik (Ver­ste­hens­ar­beit)

(Gesi­ne Len­ore Schiewer)

Die Inter­kul­tu­rel­le Her­me­neu­tik geht der Fra­ge nach, wie Ver­ste­hens­pro­zes­se theo­re­tisch begrün­det und metho­disch ange­lei­tet wer­den kön­nen. Sie ist die Grund­la­ge der Ver­ste­hens­ar­beit in der inter­kul­tu­rel­len Lite­ra­tur­wis­sen­schaft und Basis des ent­spre­chen­den metho­di­schen Vor­ge­hens in Unter­richts­pro­jek­ten sowie didak­ti­scher Kon­zep­te für den Fremd­spra­chen­un­ter­richt (sie­he auch her­me­neu­ti­scher Fremd­spra­chen­un­ter­richt).

Im Aus­gang von Ansät­zen von Wis­sens­so­zio­lo­gen wie Max Weber, Alfred Schütz und ande­ren wird die Ein­sicht zugrun­de gelegt, dass mit einer sorg­sa­men Text­ar­beit, die Auf­ga­be der Inter­kul­tu­rel­len Phi­lo­lo­gie ist, der Pro­zess des Ver­ste­hens ein­her­ge­hen muss. Das Prin­zip der inter­kul­tu­rel­len Phi­lo­lo­gie, der Text­ar­beit, wird daher ergänzt um das der inter­kul­tu­rel­len Her­me­neu­tik und das bedeu­tet, um eine theo­re­tisch fun­dier­te und metho­disch gelei­te­te Ver­ste­hens­ar­beit. Hier­für fin­den sich bei Karl Mann­heim mit einer wesent­li­chen Dif­fe­renzierung des Ver­ste­hens­be­griffs maß­geb­li­che Anre­gun­gen. Im Zen­trum des ers­ten ana­ly­ti­schen Schrit­tes ste­hen dabei immer die for­ma­len Eigen­schaf­ten lite­ra­ri­scher Tex­te, die jedoch nicht rein ästhe­tisch betrach­tet, son­dern als Doku­men­te von Welt­an­schau­un­gen aus­ge­wer­tet wer­den (ver­glei­che Bar­bo­za 2009: 57f.). Dies ent­spricht vie­len als inter­kul­tu­rell bezeich­ne­ten lite­ra­ri­schen Tex­ten inso­fern, als sie sich häu­fig durch for­mal-sprach­li­che Beson­der­hei­ten wie zum Bei­spiel spe­zi­fi­sche Wei­sen der Mehr­spra­chig­keit auszeichnen.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Lite­ra­tur

  • Bar­bo­za, Ama­lia (2009), Karl Mann­heim. Kon­stanz: UVK Verlagsgesellschaft.
  • Schie­wer, Gesi­ne Len­ore (2011), Von der Lite­ra­tur­spra­che zu „Bücher(n), die ihren Lesern Tore öff­nen“. Per­spek­ti­ven der inter­kul­tu­rel­len Lite­ra­tur­wis­sen­schaft an der Schnitt­stel­le von Trans­la­ti­ons­wis­sen­schaft und Wis­sens­so­zio­lo­gie. In: Ewert, Micha­el; Ried­ner, Rena­te & Schie­der­mair, Simo­ne (Hrsg.), Deutsch als Fremd­spra­che und Lite­ra­tur­wis­sen­schaft. Zugrif­fe, The­men­fel­der, Per­spek­ti­ven. Mün­chen: iudi­ci­um, 60–78.

Inter­kul­tu­rel­le oder Trans­kul­tu­rel­le Landeskunde

(Jörg Roche)

Inter-/Trans­cul­tu­ral Studies

Die inter­kul­tu­rel­le oder trans­kul­tu­rel­le Lan­des­kun­de ist ein Ansatz einer in Abgren­zung von frü­he­ren Ansät­zen der Kultur‑, Län­der- oder Lan­des­kun­de alter­na­ti­ven Lan­des­kun­de. Sie legt den Schwer­punkt auf die Ver­mitt­lungs­pro­zes­se zwi­schen den Kul­tu­ren und die Behand­lung der Kon­sti­tu­ti­on und Ver­än­der­bar­keit kul­tu­rel­ler Wahr­neh­mungs­mus­ter (sie­he inter­kul­tu­rel­le Sprachdidaktik).

Lite­ra­tur

  • Roche, Jörg (2001), Inter­kul­tu­rel­le Sprach­di­dak­tik. Eine Ein­füh­rung. Tübin­gen: Narr.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 5 Spra­chen­leh­ren der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inter­kul­tu­rel­le Phi­lo­lo­gie (Text­ar­beit)

(Gesi­ne Len­ore Schiewer)

In text­sor­tenbe­zo­ge­nen Unter­schei­dun­gen von Wis­sen­schaft und Lite­ra­tur – das heißt in der Wis­sen­schafts­theo­rie, der lin­gu­is­ti­schen Fach- und Wis­sen­schafts­sprach­for­schung, der Lite­ra­tur- und Trans­la­ti­ons­wis­sen­schaft – wird davon aus­ge­gan­gen, dass bestimm­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­rei­chen mit ein­deu­ti­gen und defi­ni­to­risch fest­schreib­ba­ren Ter­mi­no­lo­gien ande­re Berei­che gegen­über ste­hen, in denen dies nicht zutrifft. Lite­ra­tur und lite­ra­ri­sche Über­set­zun­gen wer­den zum zwei­ten Bereich gerech­net. Des­we­gen spie­len lite­ra­ri­sche Tex­te im Zusam­men­hang des Lern­ziels des Fremd­spra­chen­un­ter­richts, inter­kul­tu­rel­le Kom­pe­tenz zu erwer­ben, eine wich­ti­ge Rol­le. Die Inter­kul­tu­rel­le Phi­lo­lo­gie legt die Grund­la­gen für eine prä­zi­se Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Bedeu­tungs­spek­trum aller Ebe­nen einer Spra­che mit ihrem Lexi­kon und ihren Schlüs­sel­wör­tern, Rede­wei­sen, Aus­drucks­nu­an­cie­run­gen, Stil­ebe­nen, kom­mu­ni­ka­ti­ven Gat­tun­gen etc., wor­in eine zen­tra­le Vor­aus­set­zung für das Gelin­gen sprach- und kul­tur­über­grei­fen­der Kom­mu­ni­ka­ti­on besteht: Denn das genaue Ver­ständ­lich­ma­chen und die „exak­test­mög­li­che“ Abklä­rung des Gemein­ten steht viel­fach im Zen­trum kom­mu­ni­ka­ti­ver Bemü­hun­gen. Inter­es­san­te Bei­spie­le fin­den sich unter ande­rem in Zusam­men­hän­gen von Über­set­zung und Dol­met­schen, wenn bei­spiels­wei­se die bas­ki­sche Orga­ni­sa­ti­on ETA je nach­dem als ‚Unab­hän­gig­keits­or­ga­ni­sa­ti­on’ oder als ‚Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on’ bezeich­net wird.

Lite­ra­tur

  • Schie­wer, Gesi­ne Len­ore (2011), Von der Lite­ra­tur­spra­che zu „Bücher(n), die ihren Lesern Tore öff­nen“. Per­spek­ti­ven der inter­kul­tu­rel­len Lite­ra­tur­wis­sen­schaft an der Schnitt­stel­le von Trans­la­ti­ons­wis­sen­schaft und Wis­sens­so­zio­lo­gie. In: Ewert, Micha­el; Ried­ner, Rena­te & Schie­der­mair, Simo­ne (Hrsg.), Deutsch als Fremd­spra­che und Lite­ra­tur­wis­sen­schaft. Zugrif­fe, The­men­fel­der, Per­spek­ti­ven. Mün­chen: iudi­ci­um, 60–78.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Inter­kul­tu­rel­ler Dia­log (Dia­log der Kulturen)

(Gesi­ne Len­ore Schiewer)

Inter­cul­tu­ral Dialogue

In einem inter­kul­tu­rel­len Dia­log (Dia­log der Kul­tu­ren) wer­den nicht rei­ne Infor­ma­tio­nen „ver­scho­ben“; auch wenn geläu­fi­ge Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mo­del­le die­ser Auf­fas­sung Vor­schub leis­ten, bei denen in tech­ni­zis­ti­schem Duk­tus von Sen­dern und Emp­fän­ger, Kanä­len und Stör­quel­len etc. gespro­chen wird. Auch Ansät­ze der ratio­na­len Dis­kurs­ethik gehen von ver­kür­zen­den Model­len aus, wenn sie das „bes­se­re Argu­ment“ und die Bereit­wil­lig­keit, ihm zu fol­gen, akzen­tu­ie­ren (vgl. z.B. Annan 2001). Viel­mehr han­delt es sich um Bemü­hun­gen dar­um, sich ver­ständ­lich zu machen, zu ange­mes­se­nen Deu­tun­gen zu gelan­gen, sich durch Rück­fra­gen zu ver­ge­wis­sern, mit­tels Para­phra­sen das bereits Gesag­te in ande­rer For­mu­lie­rung des gemein­ten bezie­hungs­wei­se auf­ge­fass­ten Inhalts erneut begreif­lich zu machen und der­glei­chen mehr.

Die Art, wie Men­schen ihre objek­ti­ven Lebens­ge­ge­ben­hei­ten mit­tels Spra­che gestal­ten – die deno­ta­ti­ve Bedeu­tung – wird eben­so berück­sich­tigt wie der sub­jek­tiv gemein­te Sinn mit sei­nen kul­tu­rel­len Dimen­sio­nen. Rech­nung getra­gen wird also sowohl den Frei­hei­ten der Sprach­ver­wen­dung – das heißt der indi­vi­du­el­len oder krea­ti­ven Sinn­ge­bung – als auch der ver­stän­di­gungs­si­chern­den Norm- und Regel­ori­en­tie­rung des Sprach­ge­brauchs. Akzen­tu­iert wird die von allen betei­lig­ten Part­nern geleis­te­te kogni­ti­ve, emo­tio­na­le und vor allem sprach­lich-seman­ti­sche Arbeit. Im Zen­trum steht die inter­ak­ti­ve Abklä­rung des jeweils Gemein­ten durch die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­part­ner im Ver­lauf eines Gesprächs oder der Pro­duk­ti­on und Rezep­ti­on eines Tex­tes. Es geht mit ande­ren Wor­ten um den emer­gen­ten Pro­zess der sozia­len Aus­hand­lung von Bedeutungen.

 

Lite­ra­tur

  • Annan, Kofi (2001), Brü­cken in die Zukunft. Ein Mani­fest für den Dia­log der Kul­tu­ren, mit einem Geleit­wort von Josch­ka Fischer, Frank­furt am Main: Fischer.
  • Schie­wer, Gesi­ne Len­ore (2009), Der „Dia­log der Kul­tu­ren“ als Pro­blem einer inter­kul­tu­rel­len Kommuni­kations­kultur. Anmer­kun­gen zur Initia­ti­ve der Ver­ein­ten Natio­nen. In: Kom­mu­ni­ka­ti­on und Kon­flikt: Kul­tur­kon­zep­te der inter­kul­tu­rel­len Ger­ma­nis­tik, hg. von Ernest W.B. Hess-Lüt­tich gemein­sam m. Ulrich Mül­ler, Sie­grid Schmidt und Klaus Zele­witz [VI. Intern. Kon­greß der GiG Wien 2006] (= Cross Cul­tu­ral Com­mu­ni­ca­ti­on 16 = Publi­ka­tio­nen der GiG 11), Frankfurt/Main: Peter Lang, 19–48, (Nach­druck von 2006).

 

Intrin­si­sche und kon­tex­tu­el­le (zeit­li­che) Referenz

Die intrin­si­sche Refe­renz betrifft das Ver­hält­nis von Ereig­nis­zeit und Refe­renz­zeit, die kon­tex­tu­el­le das Ver­hält­nis von Refe­renz­zeit und Sprech­zeit. In Bezug auf die intrin­si­sche Refe­renz stim­men Prä­sens und Prä­ter­itum im Deut­schen somit über­ein: Ereig­nis­zeit und Refe­renz­zeit sind simul­tan. In Bezug auf die kon­tex­tu­el­le Refe­renz von Refe­renz­zeit und Sprech­zeit stim­men dage­gen Prä­sens und Per­fekt über­ein: Die Refe­renz­zeit ist simul­tan mit der Sprech­zeit. Das heißt, das Per­fekt kann im Deut­schen die Sprech­zeit mit­um­fas­sen und ist, anders als das Prä­ter­itum, nicht vor die­ser aus­ge­schlos­sen. Die Klas­si­fi­zie­rung bezieht sich auf das Modell von Rei­chen­bach und wei­te­re Spe­zi­fi­zie­run­gen durch Ehrich/Vater und Klein.

Lite­ra­tur

  • Ehrich, Vero­ni­ka & Vater, Heinz (1989), Das Per­fekt im Däni­schen und im Deut­schen. In: Abra­ham, Wer­ner & Jans­sen, Theo (Hrsg.), Tem­pus — Aspekt — Modus: Die lexi­ka­li­schen und gram­ma­ti­schen For­men in den ger­ma­ni­schen Spra­chen. Tübin­gen: Nie­mey­er, 103 — 132.
  • Klein, Wolf­gang (1994), Time in Lan­guage. Lon­don, New York: Routledge.
  • Rei­chen­bach, Hans (1947), Ele­ments of Sym­bo­lic Logic. Ber­ke­ley: Uni­ver­si­ty of Cali­for­nia Press.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Intro­spek­ti­on

(Ruth Albert)

Intro­s­pec­tion

Die  Intro­spek­ti­on stellt eine For­schungs­me­tho­de dar, die auf  Selbst­be­ob­ach­tung beruht. In der Lin­gu­is­tik und der Sprach­lehr- und ‑lern­for­schung bezeich­net der Begriff die Beob­ach­tung des eige­nen Sprach­ver­hal­tens oder allein durch die Betrach­tung der eige­nen Sprach­ver­wen­dung gewon­ne­ne Fest­stel­lun­gen über die sprach­li­che Rich­tig­keit von Aus­drü­cken. Wenn ein kom­pe­ten­ter Sprecher/eine kom­pe­ten­te Spre­che­rin des Deut­schen wis­sen will, wie die Prä­ter­itums­form von ich sin­ge lau­tet, dann kann er/sie das durch Intro­spek­ti­on her­aus­fin­den und benö­tigt kei­ne auf­wän­di­ge empi­ri­sche Unter­su­chung einer reprä­sen­ta­ti­ven Stich­pro­be. Abwei­chun­gen von der Sprach­norm sind jedoch trotz aus­ge­präg­tem „Sprach­ge­fühl“ nicht aus­ge­schlos­sen. So genügt die Intro­spek­ti­on nicht, um über die Prä­ter­itum­ver­tei­lung im deut­schen Sprach­ge­biet Aus­sa­gen zu machen.

 

Lite­ra­tur

  • Albert, Ruth & Marx, Nico­le (2014), Empi­ri­sches Arbei­ten in Lin­gu­is­tik und Sprach­lehr­for­schung. Anlei­tung zu quan­ti­ta­ti­ven Stu­di­en von der Pla­nungs­pha­se bis zum For­schungs­be­richt (2. über­ar­bei­te­te Auf­la­ge). Tübin­gen: Narr.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Invol­viert­heit

(Isa­bel Hoffmann)

invol­vement

Invol­viert­heit (invol­vement) bezeich­net ein unmit­tel­ba­res, nicht-distan­zier­tes Erle­ben mit star­ker emo­tio­na­ler Betei­li­gung (ver­glei­che Appel & Koch 2002: 150). Emo­tio­nen sind dabei nach Frij­da (1988) und Lang (1994) als in Netz­wer­ke ein­ge­bet­te­te Hand­lungs­dis­po­si­tio­nen zu defi­nie­ren, die den mensch­li­chen Orga­nis­mus auf die Anfor­de­run­gen einer sich ver­än­dern­den Umge­bung ein­stel­len. Das heißt, dass mit dem Auf­tre­ten eines bedeut­sa­men Rei­zes affek­ti­ve Pro­zes­se ange­regt wer­den, die das Füh­len beein­flus­sen, und uns gege­be­nen­falls zu einer ent­spre­chen­den Hand­lung moti­vie­ren. Emo­tio­na­le Reak­tio­nen umfas­sen dem­zu­fol­ge Kon­ko­mi­tan­ten auf den Ebe­nen des Ver­hal­tens, des sub­jek­ti­ven Erle­bens und der psy­cho­lo­gi­schen Kör­per­vor­gän­ge (ver­glei­che Keil & Eder 2005: 225–227). Zum Zeit­punkt der voll­kom­me­nen Invol­viert­heit tritt die Wahr­neh­mung des ver­mit­teln­den Medi­ums in den Hin­ter­grund, sodass die vir­tu­el­le Umge­bung als real emp­fun­den wird.

Lite­ra­tur

  • Appel, Mar­kus & Erik Koch (2002), Aspek­te des Lese­er­le­bens: Ska­len­ent­wick­lung. Zeit­schrift für Medi­en­psy­cho­lo­gie 14: 4, 149–154.
  • Frij­da, Nico (1988), The Laws of Emo­ti­on. Ame­ri­can Psy­cho­lo­gist 34: 5, 349–358.
  • Lang, Peter (1994), The moti­va­tio­nal orga­niza­ti­on of emo­ti­on: Affect-reflex con­nec­tions. In: Van Goo­zen, Ste­pha­nie; Van de Poll, Nan­ne & Ser­geant, Joseph (Eds.), Emo­ti­ons: Essays on Emo­ti­on Theo­ry, 61–63.
  • Keil, Andre­as & Eder, Jens (2005), Ein Netz­werk­mo­dell audio­vi­su­el­ler Emo­ti­ons­len­kung. In: Grau, Oli­ver & Keil, Andre­as (Hrsg.), Media­le Emo­tio­nen: Auf dem Weg zu einer trans­dis­zi­pli­nä­ren Emo­ti­ons­for­schung. Frank­furt am Main: Fischer Ver­lag, 224–241.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 9 Grund­la­gen der Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­di­dak­tik der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Ite­ra­ti­vi­tät

(Jörg Roche)

Ite­ra­ti­vi­tät bezeich­net die Mar­kie­rung der Wie­der­ho­lung und Wie­der­hol­bar­keit von tem­po­ra­len Ereig­nis­sen. Im Fran­zö­si­schen wird dazu bei­spiels­wei­se das Impar­fait (Ver­gan­gen­heits­form) genutzt.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)