Fach- und Sprach­in­te­grier­ter Unter­richt (CLIL)

(Jörg Roche & San­dra Drumm)

Con­tent and Lan­guage Inte­gra­ted Learning

Unter CLIL ver­steht man ein Unter­richts­kon­zept, in dem fach­li­che Inhal­te (bei­spiels­wei­se Geschich­te oder Metall­bau) in einer Fremd­spra­che unter­rich­tet wer­den. Ziel ist der gleich­zei­ti­ge Auf­bau von Fach- und Sprach­kom­pe­tenz durch die Aneig­nung sprach­li­cher Mit­tel in authen­ti­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­tio­nen. Vor­schlä­ge für das inhalts­be­zo­ge­ne Ler­nen fin­den sich bereits bei Come­ni­us, in der Reform­päd­ago­gik, in Immersi­onsver­fah­ren und in Ansät­zen wie For­eign Lan­guages in/across the Cur­ri­cu­lum (FLIC/FLAC), in der Sze­na­ri­en­di­dak­tik, im fall­ba­sier­ten Ler­nen und im auf­ga­benba­sier­ten Unter­richt. Auch wenn rele­van­te Inhal­te das Ler­nen beför­dern, sind sie allei­ne nicht für den Lern­erfolg ver­ant­wort­lich. Ent­schei­dend ist auch die Fra­ge, was man mit den Inhal­ten Sinn­vol­les tut. Ver­wand­te For­men sind der fach­sen­si­ble Sprach­un­ter­richt und der sprach­sen­si­ble Fachunterricht.

Lite­ra­tur

  • Breid­bach, Ste­phan; Bach, Ger­hard & Wolff, Die­ter (Hrsg.) (2002),  Bilin­gua­ler Sach­fach­un­ter­richt. Didak­tik, Leh­rer-/ Lern­erfor­schung und Bil­dungs­po­li­tik zwi­schen Theo­rie und Empi­rie. Frank­furt a.M.: Peter Lang.
  • Euro­päi­sche Kom­mis­si­on (2012), CLIL Con­tent and lan­guage inte­gra­ted lear­ning. [Online unter http://ec.europa.eu/languages/language-teaching/content-and-language-integrated-learning_en.htm 4. Sep­tem­ber 2018].

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Fach­spe­zi­fi­sches Inhaltswissen

(Agnes Ein­horn & Eva Major)

Con­tent Skills and Knowledge

Nach der Know­led­geable Tea­cher Hypo­the­sis müs­sen zukünf­ti­ge Lehr­kräf­te in der Leh­rer­aus­bil­dung in unter­schied­li­chen Berei­chen geför­dert wer­den. Ein Bereich stellt das fach­spe­zi­fi­sche Inhalts­wis­sen dar, das Spek­trum an Wis­sen und Infor­ma­tio­nen in einem bestimm­ten Fach- oder Inhalts­ge­biet, das Leh­rer und Leh­re­rin­nen unter­rich­ten und das Ler­ner erler­nen sol­len. Dazu gehö­ren Inhal­te der Fächer, die das Fach­wis­sen der zukünf­ti­gen Lehr­per­so­nen in der Leh­rer­aus­bil­dung ent­wi­ckeln: zum Bei­spiel Mathe­ma­tik, Lite­ra­tur usw. (Kun­ter et al. 2013). Bei Fremd­spra­chen­lehr­kräf­ten gehö­ren dazu zum Bei­spiel lin­gu­is­ti­sche, lite­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che und inter­kul­tu­rel­le Inhalte.

Lite­ra­tur

  • Kun­ter, Marie­ke; Klus­mann, Uta; Bau­mert, Jür­gen; Rich­ter, Dirk; Voss, Tha­mar & Hach­feld, Axin­ja (2013), Pro­fes­sio­nal com­pe­tence of tea­chers: Effects on ins­truc­tion­al qua­li­ty and stu­dent deve­lo­p­ment. Jour­nal of Edu­ca­tio­nal Psy­cho­lo­gy 105: 3, 805–820.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Fach­spe­zi­fi­sches, päd­ago­gi­sches Inhaltswissen

(Agnes Ein­horn & Eva Major)

Tea­ching Skills and Knowledge 

Nach der Know­led­geable Tea­cher Hypo­the­sis müs­sen zukünf­ti­ge Lehr­kräf­te in der Leh­rer­aus­bil­dung in unter­schied­li­chen Berei­chen geför­dert wer­den. Beim fach­spe­zi­fi­schen päd­ago­gi­schen Inhalts­wis­sen han­delt es sich um einen Wis­sens­vor­rat, den nur Leh­re­rin­nen und Leh­rer besit­zen (For­scher und Wis­sen­schaft­ler des Fach­be­reichs aber nicht) und der dar­auf basiert, wie Lehr­kräf­te ihr päd­ago­gi­sches Wis­sen (was sie über das Leh­ren wis­sen) mit ihrem Fach­wis­sen ver­bin­den (was sie dar­über wis­sen, was sie unter­rich­ten). Dazu gehö­ren Inhal­te der Fächer, in denen Metho­den und Päd­ago­gik behan­delt wer­den, ganz spe­zi­fisch auf die ent­spre­chen­den Fächer bezo­gen (Kun­ter et al. 2013).

Lite­ra­tur

  • Kun­ter, Marie­ke; Klus­mann, Uta; Bau­mert, Jür­gen; Rich­ter, Dirk; Voss, Tha­mar & Hach­feld, Axin­ja (2013), Pro­fes­sio­nal com­pe­tence of tea­chers: Effects on ins­truc­tion­al qua­li­ty and stu­dent deve­lo­p­ment. Jour­nal of Edu­ca­tio­nal Psy­cho­lo­gy 105: 3, 805–820.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Fachun­spe­zi­fi­sches psy­cho­lo­gisch-päd­ago­gi­sches Wissen

(Agnes Ein­horn & Eva Major)

Gene­ral Tea­ching Skills and Knowledge

In der Leh­rer­aus­bil­dung müs­sen zukünf­ti­ge Lehr­kräf­te in unter­schied­li­chen Berei­chen geför­dert wer­den. Ein Bereich beinhal­tet der Know­led­geable Tea­cher Hypo­the­sis zufol­ge fachun­spe­zi­fi­sches psy­cho­lo­gisch-päd­ago­gi­sches Wis­sen. Das ist das Wis­sen, das zur Gestal­tung und zur Opti­mie­rung des Unter­richts benö­tigt wird – fach­über­grei­fen­de Lern­si­tua­tio­nen, dekla­ra­ti­ves und pro­ze­du­ra­les Wis­sen über die Pro­zes­se im Unter­richt und über die Lern­pro­zes­se der Ler­ner. Beson­ders wich­tig sind Inhal­te wie zum Bei­spiel die Lern­psy­cho­lo­gie, Moti­va­ti­on und das Ermög­li­chen eige­ner Lern­we­ge (Kun­ter et al. 2013).

Lite­ra­tur

  • Kun­ter, Marie­ke; Klus­mann, Uta; Bau­mert, Jür­gen; Rich­ter, Dirk; Voss, Tha­mar & Hach­feld, Axin­ja (2013), Pro­fes­sio­nal com­pe­tence of tea­chers: Effects on ins­truc­tion­al qua­li­ty and stu­dent deve­lo­p­ment. Jour­nal of Edu­ca­tio­nal Psy­cho­lo­gy 105: 3, 805–820.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Fal­si­fi­zie­rung

(Ruth Albert)

Fal­si­fi­ca­ti­on

Unter Fal­si­fi­zie­rung ver­steht man die Wider­le­gung von wis­sen­schaft­li­chen Hypo­the­sen, Theo­rien, Ansät­zen, Metho­den etc. durch einen empi­ri­schen oder logi­schen Beweis. Wenn zum Bei­spiel die Hypo­the­se wäre: „Alle Män­ner kön­nen nicht mit dem Auto ein­par­ken“, dann wäre die­se Hypo­the­se fal­si­fi­ziert, sobald man einen ein­zi­gen Mann gefun­den hat, der ein­par­ken kann.

Lite­ra­tur

  • Albert, Ruth & Marx, Nico­le (2014), Empi­ri­sches Arbei­ten in Lin­gu­is­tik und Sprach­lehr­for­schung. Anlei­tung zu quan­ti­ta­ti­ven Stu­di­en von der Pla­nungs­pha­se bis zum For­schungs­be­richt (2. über­ar­bei­te­te Auf­la­ge). Tübin­gen: Narr.
  • Pop­per, Karl (1963/1994), Ver­mu­tun­gen und Wider­le­gun­gen. Das Wachs­tum der wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis. Tübin­gen: Mohr Siebeck.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Figur-Grund-Prin­zip

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Figure–Ground Orga­niza­ti­on

Die Wahr­neh­mung einer (meist beweg­li­chen) Figur (Tra­jek­tor) vor einem (oft sta­ti­schen), grö­ße­ren Hin­ter­grund ent­steht aus dem Kon­trast der bei­den. Die Buch­sta­ben im Buch oder auf der Tafel wir­ken im Kon­trast zum wei­ßen Papier oder der wei­ßen Tafel und sind nur dadurch erkenn- und erschließbar.
In der Syn­tax wir­ken die rhe­ma­ti­schen (fokus­sier­ten) Figu­ren vor dem Hin­ter­grund des The­mas, in der Pho­ne­tik die beton­ten vor dem Hin­te­grund­ge­räusch. Im Bei­spiel­satz Der Kon­trol­leur hat einen Schwarz­fah­rer erwischt ist der Kon­trol­leur die Figur und der Schwarz­fah­rer der Grund. Auch bei intran­si­ti­ven Sät­zen mit einem Prä­po­si­tio­nal­ob­jekt lässt sich eine sol­che Figur-Grund-Kon­stel­la­ti­on gut ver­an­schau­li­chen: Der Schau­spie­ler (Figur) geht in die Talk­show (Grund).

Lite­ra­tur

  • Tal­my, Leo­nard (2008), Aspects on lan­guage atten­ti­on. In: Robin­son, Peter & Ellis, Nick (Eds.), Hand­book of Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics and Second Lan­guage Acqui­si­ti­on. New York: Rout­ledge, 27–38.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Figu­ra­ti­on

(Jörg Roche)

Kul­tu­ren kön­nen als Figu­ra­tio­nen und Defi­gu­ra­tio­nen von sich pro­zes­su­al kon­sti­tu­ie­ren­den (figu­rie­ren­den) Ein­hei­ten ver­stan­den wer­den, die sich zugleich in einer stän­di­gen Ver­än­de­rungs­be­we­gung befin­den. Ver­än­der­bar­keit und Dyna­mik spren­gen die Gren­zen gän­gi­ger, auch trans­kul­tu­rel­ler Kul­tur­kon­zep­te (sie­he Transdifferenz).

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Flow(-Erleben)

(Isa­bel Hoffmann)

„Flow is a sta­te in which an indi­vi­du­al is com­ple­te­ly immer­sed in an acti­vi­ty wit­hout reflec­ti­ve self-con­scious­ness but with a deep sen­se of con­trol” (Enge­ser & Schie­pe-Tis­ka 2012: 1). Vor­aus­set­zun­gen für das Flow-Erle­ben sind neben dem sub­jek­ti­ven Gefühl von Kon­trol­le auch Ver­gnü­gen, Kon­zen­tra­ti­on, Neu­gier und ein hoher Grad an Wahr­neh­mungs­kom­pe­tenz. Für ein Flow-Erle­ben muss eine Pas­sung zwi­schen Anfor­de­rung und Fähig­keit gege­ben sein (ver­glei­che Lan­ge 2019: 68).

Lite­ra­tur

  • Enge­ser, Ste­fan & Schie­pe-Tis­ka, Anja (2012), His­to­ri­cal lines and an over­view of cur­rent rese­arch on flow. In: Enge­ser, Ste­fan (Ed.), Advan­ces in Flow Rese­arch. New York/Dordrecht/Heidelberg/London: Sprin­ger, 1–22.
  • Lan­ge, Ste­fa­nie (2019), Enhan­ced E‑Books – Eine empi­ri­sche Stu­die zum immersi­ven Erle­ben. Ber­lin: Springer-Verlag.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 9 Grund­la­gen der Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­di­dak­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Flüs­si­ger (Spra­chen-) Wech­sel & sti­lis­ti­scher (Sprachen-)Wechsel

(Kees de Bot & Jörg Roche)

Smooth Swit­ching &  Flag­ged Switching

Die Ver­mei­dung ungram­ma­ti­scher Erschei­nungs­for­men durch syn­tak­tisch kor­rekt durch­ge­führ­te Spra­chen­wech­sel bezeich­nen Pop­lack & San­koff (1988) mit dem Begriff der so genann­ten flüs­si­gen Wech­sel (smooth swit­ching). Der sti­lis­ti­sche Wech­sel (flag­ged swit­ching) zielt, im Gegen­satz zu dem flüs­si­gen Wech­sel, auf eine sti­lis­ti­sche Funk­ti­on ab. Bei sti­lis­ti­schen Wech­seln spie­len Pau­sen, Ver­zö­ge­run­gen und meta­sprach­li­che Kom­men­ta­re, die pri­mär adres­sa­ten­be­zo­gen sind, eine gro­ße Rol­le. Durch die­se meta­lin­gu­is­ti­schen und para­sprach­li­chen Mar­kie­run­gen wird der Wech­sel zuerst „ange­kün­digt“. Dadurch kann es zu Beein­träch­ti­gun­gen des Sprech­flus­ses kom­men. Die com­mu­ni­ca­ti­on accom­mo­da­ti­on theo­ry von Giles (2008) ver­sucht Code-Swit­ching dage­gen nicht als Mar­kie­rung sti­lis­ti­scher Aspek­te, son­dern als Aus­druck kom­mu­ni­ka­ti­ver Anpas­sun­gen zu behan­deln. Sie sieht Code-Swit­ching in der zuneh­men­den Annä­he­rung von Spre­chern und Spre­che­rin­nen in der Kon­ver­sa­ti­on moti­viert, als eine Art Kon­ver­genz­mar­kie­rung, oder als Diver­genz­mar­kie­rung, wo sozia­le Unter­schie­de her­vor­ge­ho­ben wer­den und bestehen blei­ben sol­len. Kon­ver­genz oder Diver­genz zei­gen sich in Dia­lekt, Into­na­ti­on, Akzent und para­lin­gu­is­ti­schen Merk­ma­len. Dem­nach wäre die Rich­tung des Spra­chen­wech­sels vor­wie­gend durch den Gesprächs­part­ner oder die ‑part­ne­rin vor­ge­ge­ben. Bei einer strik­ten Aus­le­gung des Kon­ver­genz­prin­zips müss­te ein Deut­scher, der mit einem Chi­ne­sen redet, folg­lich zuneh­mend ins Chi­ne­si­sche wech­seln, der Chi­ne­se ins Deut­sche. Wo sol­che Spre­cher­kon­stel­la­tio­nen vor­lie­gen, las­sen sich ten­den­zi­ell oft Kon­ver­genz­ef­fek­te empi­risch beob­ach­ten, aber sie erklä­ren nicht die gra­du­el­len Unter­schie­de in den Wech­seln, nicht die zeit­li­che Begrenzt­heit der Wech­sel, nicht die Wech­sel in drit­te Spra­chen und nicht die Rol­le der oft man­geln­den Kom­pe­ten­zen eines Spre­chers oder einer Spre­che­rin in der Spra­che sei­nes oder ihres Gegen­übers. Die Dyna­mik des Spra­chen­wech­sels lässt sich dem­nach nicht allein aus Fix­punk­ten der Spra­chen­kon­stel­la­tio­nen erklä­ren. Das Ver­hält­nis von Spre­cher oder Spre­che­rin und Adres­sat bezie­hungs­wei­se Adres­sa­tin und wei­te­re prag­ma­ti­sche Aspek­te der Mit­tei­lungs­kon­struk­ti­on sind eben­falls zu berück­sich­ti­gen. Hier­zu gehö­ren situa­tions- und the­men­ab­hän­gi­ge Wech­sel von einer Spra­che in die andere.

Lite­ra­tur

  • Giles, Howard (2008), Com­mu­ni­ca­ti­on Accom­mo­da­ti­on Theo­ry: When in Rome… or Not! In: Bax­ter, Les­lie A. & Brai­thwai­te, Dawn O. (Hrsg.), Enga­ging theo­ries in inter­per­so­nal com­mu­ni­ca­ti­on. Mul­ti­ple per­spec­ti­ves. Los Ange­les: Sage Publi­ca­ti­ons, 161–173.
  • Pop­lack, Sha­na & San­koff, David (1988), Code-swit­ching. In: Ammon, Ulrich; Ditt­mar, Nor­bert & Matt­h­ei­er, Klaus (Hrsg.), Socio­lin­gu­i­stics. An inter­na­tio­nal hand­book of the sci­ence of lan­guague and socie­ty = Sozio­lin­gu­is­tik. Ein inter­na­tio­na­les Hand­buch zur Wis­sen­schaft von Spra­che und Gesell­schaft. Ber­lin & New York: Wal­ter de Gruy­ter, 1174–1180.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

För­dern­de oder for­ma­ti­ve Bewertung

(Agnes Ein­horn)

For­ma­ti­ve Assessment

Die för­dern­de (for­ma­ti­ve) Bewer­tung ist ein Mit­tel, um Leh­rer und Leh­re­rin­nen sowie Ler­nern einen Nach­weis dar­über zu geben, wo sie im Lern­pro­zess gera­de ste­hen und was sie für ihre wei­te­re Ent­wick­lung noch benö­ti­gen. Die Bewer­tung der Ler­ner erfolgt inner­halb des Lern­pro­zes­ses, aller­dings mit einer star­ken Per­spek­ti­ve auf die wei­te­re (zukünf­ti­ge) Ent­wick­lung. Ziel der Bewer­tung ist die Pro­gno­se der Leis­tungs­ent­wick­lung im Lau­fe der Zeit und nicht aus­schließ­lich die Beur­tei­lung der Leis­tung zu einem bestimm­ten Zeit­punkt. Die Bewer­tung erfolgt nicht nur mit­hil­fe  klas­si­scher Test­tech­ni­ken – son­dern zum Bei­spiel auch im Rah­men von Gami­fi­ca­ti­on – und die Ler­ner neh­men dar­an aktiv teil. Die for­ma­ti­ve Bewer­tung unter­stützt die Ent­wick­lung der Ler­ner, also ihren Lern­pro­zess (Black & Wil­liam 1998).

Lite­ra­tur

  • Black, Paul & Wiliam, Dylan (1998), Insi­de the black box: Rai­sing stan­dards through class­room assess­ment. Phi Del­ta Kap­pan 80: 2, 139–148.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

För­der­plan

(Agnes Ein­horn)

Pro­mo­ti­on Plan

Indi­vi­du­el­le För­der­plä­ne wer­den für  Schü­ler und Schü­le­rin­nen daten­ba­siert erstellt. In die­sen kön­nen die Lehr­kräf­te genau beschrei­ben, wel­che Lern­zie­le oder Lern­ergeb­nis­se für die ein­zel­nen Ler­ner rele­vant sind und wel­che Maß­nah­men, Unter­richt­vor­läu­fe dazu nötig sind, die­se Zie­le zu errei­chen. Im För­der­plan wer­den Metho­den, Auf­ga­ben, Akti­vi­tä­ten geplant und fest­ge­legt, die für die För­de­rung der Schü­ler und Schü­le­rin­nen nütz­lich sein kön­nen. För­der­plä­ne sind bei Ler­nern, die aus irgend­ei­nem Grun­de spe­zi­el­le Bedürf­nis­se haben, beson­ders wichtig.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Foren­si­sche Lin­gu­is­tik – Autoren- / Tätererkennung

(Ber­na Kahraman)

Foren­sic lin­gu­i­stics – aut­hor­ship attribution

Über­blick über die foren­si­sche Linguistik

Die Foren­si­sche Lin­gu­is­tik ist ein Anwen­dungs­be­reich der Sprach­wis­sen­schaft und vor allem in der Straf­ver­fol­gung ange­sie­delt. Der Begriff der Foren­sik geht zurück auf das latei­ni­sche Wort „foren­sis“ („gericht­lich“). Die Auf­ga­benbe­rei­che der Foren­si­schen Lin­gu­is­tik kön­nen grob in die Spra­che des Geset­zes, die Spra­che vor Gericht und die Spra­che des Täters/der Täte­rin unter­teilt wer­den. Spra­che ist in die­sen Berei­chen also Werk­zeug, Unter­su­chungs­ge­gen­stand und Beweismittel.

Autoren-/Tä­ter­er­ken­nung

Das Haupt­au­gen­merk der foren­si­schen Lin­gu­is­tik liegt in Deutsch­land im Bereich der Autor­ana­ly­se und somit der Spra­che des Täters/der Täte­rin. Die Mit­tel, also die „pro­duk­ti­ons­tech­ni­schen Grund­la­gen“ (Schall 2011:600) spie­len nur eine peri­phe­re Rol­le. Die­ser Bereich ist in der Foren­si­schen Lin­gu­is­tik eng defi­niert und wird unter straf­recht­li­che Ver­fah­ren geglie­dert, wor­un­ter man die Autore­n­er­ken­nung ver­steht, die von dem Bun­des­kri­mi­nal­amt und den Lan­des­kri­mi­nal­äm­tern geleis­tet wird. Dass der Schwer­punkt in Deutsch­land auf der Autore­n­er­ken­nung liegt, hängt zusam­men mit der Auf­ga­benzu­wei­sung der Jus­tiz und dem Bewusst­sein, dass die foren­si­sche Lin­gu­is­tik als Hilfs­wis­sen­schaft für juris­ti­sche und kri­mi­no­lo­gi­sche Zwe­cke zum Tra­gen kommt.

Lin­gu­is­ti­sche Merk­ma­le der Autoren-/Tä­ter­er­ken­nung

Die Spra­che des Täters/der Täte­rin betrifft schrift­li­che und münd­li­che Erschei­nungs­for­men. Hier fin­det die Spre­cher­er­ken­nung in der gespro­che­nen Spra­che sowie die Autore­n­er­ken­nung in der geschrie­be­nen Spra­che bei soge­nann­ten inkri­mi­nier­ten Tex­ten statt. Bei der Spre­cher­er­ken­nung spie­len die Stim­me, die Spra­che und die Sprech­wei­se des Täters/der Täte­rin die wich­tigs­ten Rol­len. Stimm­ana­ly­sen betref­fen die Stimm­la­ge und die Stimm­hö­hen­va­ri­anz. Aspek­te wie Into­na­ti­on, Rhyth­mus, Sprech­ge­schwin­dig­keit, Pau­sen und Akzen­te sind Unter­su­chungs­ge­gen­stän­de der Teil­ka­te­go­rie Sprech­wei­se. Wei­te­re Auf­ga­benbe­rei­che der Spre­cher­er­ken­nung sind nicht-sprach­li­che Gege­ben­hei­ten, die rele­vant für die Ermitt­lung eines Täters/einer Täte­rin sein kön­nen, wie z.B. Hin­ter­grund­ge­räu­sche. Bei der Ana­ly­se geschrie­be­ner Tex­te wer­den unter­schied­li­che  Beschrei­bungs­ebe­nen, wie Ortho­gra­fie und Inter­punk­ti­on, Gram­ma­tik, Lexik, Text­struk­tur (vor allem auch auf­fäl­li­ge Eigen­schaf­ten und Feh­ler) und die äuße­re Form  (Schrift, Schreib­me­di­um) sowie grup­pen­spe­zi­fi­sche Varia­tio­nen erfasst.  Sie kön­nen einem Hand­schrif­ten­ver­gleich unter­zo­gen wer­den. Zu den sprach­li­chen Erschei­nungs­for­men gehö­ren Varie­täten wie Dia­lek­te, Sozio­lek­te, Ideo­lek­te sowie Ver­stel­lun­gen. Die lin­gu­is­ti­sche Ana­ly­se inkri­mi­nie­ren­der Tex­te dient der Ermitt­lung von Infor­ma­tio­nen zu einem mög­li­chen Autoren­pro­fil oder der Bestim­mung zu einer bestimm­ten Per­so­nen­grup­pe. Mit­tels der Autoren­ana­ly­se kön­nen Annah­men über Alter, Bil­dungs­grad, Mut­ter­spra­che, Berufs­grup­pe, Her­kunfts­re­gi­on und Anzahl der Autoren getrof­fen wer­den. Die sozia­le Iden­ti­tät (etwa Bil­dungs­grad, Alter und Berufs­grup­pe) lässt sich durch ver­wen­de­te sprach­li­che Regis­ter (Sozio­lek­te) ermit­teln. Ein wich­ti­ges lin­gu­is­ti­sches Merk­mal ist dabei der Code­wech­sel, der nicht unbe­dingt von einer Spra­che in die ande­re, son­dern auch zwi­schen ver­schie­de­nen Varie­täten erfol­gen kann.  Die unter­schied­li­chen Fak­to­ren des Wech­sels geben wich­ti­ge Hin­wei­se auf die Her­kunft und die Moti­va­ti­on eines mög­li­chen Täters. Bei der Ermitt­lung von Iden­ti­täts­merk­ma­len aus ver­stell­ten Sprech­wei­sen spielt die „fin­gier­te Ler­nerspra­che“ eine zen­tra­le Rol­le. Nicht sel­ten ver­wen­den Täter sprach­li­che Mit­tel, die bewusst eine ande­re Iden­ti­tät vor­täu­schen sol­len, um so die Ermitt­lun­gen auf eine ande­re Spur zu len­ken. Dabei imi­tie­ren Sprecherinnen/Sprecher ger­ne den Zweit­sprach­er­werb von Ler­nern. Die Täter/Täterinnen ori­en­tie­ren sich dabei aber meist an schrift­sprach­li­chen Xeno­lekt-Varie­täten, die sich aber erheb­lich von ech­ter Ler­nerspra­che unter­schei­den kön­nen. Eine wei­te­re Mög­lich­keit der vor­ge­täusch­ten Iden­ti­tät liegt in der Auf­wer­tung der Sprach­kom­pe­tenz vor, z.B. durch den Ein­satz von fach­sprach­li­chen Aus­drü­cken. Dabei wird eine ver­meint­li­che Pro­fes­sio­na­li­tät vorgetäuscht.

Lite­ra­tur

  • Gre­wen­dorf, Gün­ther (Hrsg.) (1992), Rechts­kul­tur als Sprach­kul­tur: Zur foren­si­schen Funk­ti­on der Sprach­ana­ly­se. Frank­furt am Main: Suhrkamp.
  • Fob­be, Eili­ka (2014), Fin­gier­te Ler­nerspra­chen. Stra­te­gien der mut­ter­sprach­li­chen Feh­ler­pro­duk­ti­on im Diens­te der Ver­stel­lung. In: Zeit­schrift für ger­ma­nis­ti­sche Lin­gu­is­tik1 4, 42: 2, 196 – 222.
  • Schall, Sabi­ne (2011), Foren­si­sche Lin­gu­is­tik. In: Knapp, Karl­fried (Hrsg.), Ange­wand­te Lin­gu­is­tik: Ein Lehr­buch. 3. Auf­la­ge, Tübin­gen: Narr Fran­cke Attemp­to Ver­lag, 600 – 618.

 

Fos­si­li­sie­rung

Fos­si­liza­ti­on

Wenn Sprach­er­werb auf einer bestimm­ten Ent­wick­lungs­stu­fe ste­hen bleibt, spricht man von Fos­si­li­sie­rung. Es fin­det eine vor­zei­ti­ge Ent­wick­lungs­un­ter­bre­chung statt. Fos­si­li­sie­rung kann bei nicht opti­ma­len Umge­bungs­be­din­gun­gen auf­grund ver­schie­de­ner inter­ner und exter­ner Fak­toren auf­tre­ten. Häu­fig kön­nen der feh­len­de kom­mu­ni­ka­ti­ve Druck und das Feh­len von Anrei­zen im Input als Ursa­che iden­ti­fi­ziert wer­den. Fos­si­li­sier­te Struk­tu­ren sind lang­fris­tig gegen­über Umfeld­ein­flüs­sen inklu­si­ve authen­ti­schen Inputs und Unter­richts resis­tent und las­sen sich nur schwer aufbrechen.
Ein Bei­spiel für Fos­si­li­sie­rung ist die Ver­wen­dung von inva­ri­an­ten Erschei­nun­gen: hat­ta für ‚hat er‘, selbst wenn die refe­rier­te Per­son noch ander­wei­tig genannt wird (hat­ta der Mann).
Im über­tra­ge­nen Sin­ne gibt es ähn­li­che Struk­tu­ren auch in ande­ren Wis­sens­be­rei­chen. Hier spricht man von Ste­reo­ty­pen. Die­se sind aller­dings ent­ge­gen der umgangs­sprach­li­chen Ver­wen­dung nicht not­wen­di­ger­wei­se nega­tiv besetzt, son­dern haben auch posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf das Verstehen.

Lite­ra­tur

  • Han, ZhaoHong (2004), Fos­si­liza­ti­on in Adult Second Lan­guage Acqui­si­ti­on. Cle­ve­don: Mul­ti­l­in­gu­al Matters.
  • Has­bún, Ley­la (2007), Fos­si­liza­ti­on and acqui­si­ti­on. A stu­dy of lear­ner lan­guage. Revis­ta de Filolo­gía y Lin­guí­sti­ca de la Uni­ver­si­dad de Cos­ta Rica 33: 1, 113–129.
  • Selin­ker, Lar­ry & Han, ZhaoHong (2005), Fos­si­liza­ti­on in L2 lear­ners. In: Hin­kel, Eli (Ed.), Hand­book of Rese­arch in Second Lan­guage Tea­ching and Lear­ning. Mah­wah, NJ: Law­rence Erl­baum, 455–470.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Funk­tio­nel­le Magnet­re­so­nanz­to­mo­gra­phie (fMRI)

(Kees de Bot & Jörg Roche)

Func­tion­al Magne­tic Reso­nan­ce Imaging

Die­se Tech­nik, die zu den Neu­ro­ima­ging-Ver­fah­ren zählt, misst das Ver­hält­nis zwi­schen oxi­dier­tem (mit Sau­er­stoff ange­rei­cher­tem) und des­oxi­dier­tem Hämo­glo­bin im Blut. Dadurch kann dar­auf geschlos­sen wer­den, was im Gehirn wäh­rend der Ver­ar­bei­tung von (lin­gu­is­ti­schen) Sti­mu­li passiert.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Funk­ti­ons­verb­ge­fü­ge in Ethnolekten

(Jörg Roche)

Light Verbs in Ethnolects

Adap­tier­te Funk­ti­ons­verb­ge­fü­ge sind ein cha­rak­te­ris­ti­sches Merk­mal der Kanaks­prak/des Kiez­deutsch. Vor allem das Verb machen nimmt in Äuße­run­gen wie Rote Ampel machen oder ich mach‘ dich Mes­ser eine ande­re Bedeu­tung an, als nor­ma­ler­wei­se im Deut­schen. Hier fin­det eine seman­ti­sche Blei­chung des Verbs statt. Das Verb ver­liert an Bedeu­tung und wird mit einer Nomi­nal­grup­pe kom­bi­niert, die die Haupt­be­deu­tung trägt:

Ich mach dich Mes­ser als Funk­ti­ons­verb­ge­fü­ge (Wie­se 2006: 266).

Neben der seman­ti­schen Blei­chung des Verbs, kommt es auch zur Ver­än­de­rung in der Nomi­nal­grup­pe, die zu einer ein­ge­schränk­ten Refe­renz­fä­hig­keit führt. Im Funk­ti­ons­verb­ge­fü­ge tritt das Nomen nicht mehr als Aktant auf, son­dern steht so eng mit dem Verb in Ver­bin­dung, dass sie gemein­sam die Bedeu­tung des Prä­di­kats bestimmen.

Lite­ra­tur

  • Wie­se, Hei­ke (2006): Wie­se, Hei­ke (2006). „Ich mach dich Mes­ser“: Gram­ma­ti­sche Pro­duk­ti­vi­tät in Kiez-Spra­che („Kanak Sprak“). Lin­gu­is­ti­sche Berich­te 207, 245–273.
  • Wie­se, Hei­ke (2012): Kiez­deutsch: Ein neu­er Dia­lekt ent­steht. Mün­chen: Beck.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)