Par­ser

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Der Par­ser ist eine Kom­po­nen­te oder ein Instru­ment der natür­li­chen oder künst­li­chen Sprach­ana­ly­se. Er zer­legt das Sprach­si­gnal in ein­zel­ne Tei­le: Ers­tens muss ein Wort­er­ken­nungs­sys­tem Zugang zum men­ta­len Lexi­kon haben, um Wör­ter zu iden­ti­fi­zie­ren. Zwei­tens muss sich ein Teil­sys­tem der Ana­ly­se der syn­tak­ti­schen Bezie­hun­gen zwi­schen den Wör­tern anneh­men und drit­tens muss ein wei­te­res Teil­sys­tem die seman­ti­sche Inter­pre­ta­ti­on leisten.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Per­spek­ti­vie­rung

(Fer­ran Suñer Muñoz & Jörg Roche)

Van­ta­ge Point

Im Unter­schied zur All­tags­spra­che wird der Begriff „Per­spek­ti­vie­rung“ (van­ta­ge point) zur Bezeich­nung von drei spe­zi­fi­schen Dimen­sio­nen der Kon­zep­tua­li­sie­rung ver­wen­det. Tal­my unter­schei­det 1. die inter­ne und die exter­ne Per­spek­ti­ve, so zum Bei­spiel bei Die Tür öff­ne­te sich und er kam ins Zim­mer (intern) und Er öff­ne­te die Tür und ging ins Zim­mer (extern). Mit dem nicht-pro­gres­si­ven Aspekt wird eine Art glo­ba­le bezie­hungs­wei­se exter­ne Per­spek­ti­ve ein­ge­nom­men, die bei per­fek­ti­ven Ver­ben die Betrach­tung des Anfangs- und/oder des End­punkts eines Pro­zes­ses ermög­licht (zum Bei­spiel Er schläft ein). Mit dem pro­gres­si­ven Aspekt wird hin­ge­gen eine loka­le bezie­hungs­wei­se inter­ne Per­spek­ti­ve ein­ge­nom­men, die auf eine ein­zel­ne Kom­po­nen­te des Pro­zes­ses fokus­siert und daher auch Anfangs- und End­punkt des Pro­zes­ses aus­blen­det (zum Bei­spiel Er ist am Ein­schla­fen):

Boun­ded event (links) und unboun­ded event (rechts) (Rad­den & Dir­ven 2007: 178)

Die 2. Dimen­si­on betrifft die mit­lau­fen­de und die fes­te Kame­ra­per­spek­ti­ve. So wäre im Satz Auf der Zug­stre­cke sind meh­re­re Tun­nel eine fes­te Kame­ra­per­spek­ti­ve anzu­neh­men, wäh­rend im Satz Auf der Zug­stre­cke fah­ren wir ab und an durch einen Tun­nel eine mit­lau­fen­de Kame­ra­per­spek­ti­ve ein­ge­nom­men wird.
Die 3. Dimen­si­on der Per­spek­ti­vie­rung drückt die Loka­li­sie­rung von Objek­ten, den Bezugs­punkt, aus. Die Bei­spiel­sät­ze Hin­ter dem Baum steht ein Radar oder Vor dem Baum steht ein Radar könn­ten sich durch­aus auf die­sel­be Situa­ti­on bezie­hen. Neben der Figur Radar und dem Grund Baum ist hier ein secon­da­ry land­mark als Bezugs­punkt gege­ben. Bezugs­punk­te kön­nen sich auf das betrach­ten­de Sub­jekt bezie­hen (ego-ali­gned ver­sus ego-oppo­sed), eine objekt­zen­trier­te Per­spek­ti­ve oder und die abso­lu­te Per­spek­ti­ve mar­kie­ren. Die objekt­zen­trier­te Per­spek­ti­ve ist dann mög­lich, wenn ein Refe­renz­ob­jekt eine intrin­si­sche vor­de­re und hin­te­re Sei­te hat. Die abso­lu­te Per­spek­ti­ve bezieht sich auf ein unver­än­der­tes Ori­en­tie­rungs­sys­tem aus der Umwelt, wie die Himmelsrichtungen.

Literatur 

  • Lang­acker, Ronald W. (2008a), Cogni­ti­ve Grammar. A Basic Intro­duc­tion. Oxford/New York: Oxford Uni­ver­si­ty Press.
  • Lang­acker, Ronald W. (2008b), Cogni­ti­ve grammar as a basis for lan­guage ins­truc­tion. In: Robin­son, Peter & Ellis, Nick C. (Eds.), Hand­book of Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics and Second Lan­guage Acqui­si­tion. New York: Rout­ledge, 66–88.
  • Rad­den, Gün­ter & Dir­ven, René (2007), Cogni­ti­ve Eng­lish Grammar. Ams­ter­dam: John Ben­ja­mins Pub.
  • Tal­my, Leo­nard (2000), Toward a Cogni­ti­ve Seman­ti­cs. Vol. 1: Con­cept Struc­tu­ring Sys­tems. Cam­bridge: MIT Press.

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Phra­sem

(Sabi­ne De Knop & Jörg Roche)

Phra­se­me

Ein Phra­sem ist ein sprach­li­ches Ele­ment, das aus meh­re­ren Wör­tern besteht, deren Bedeu­tung aber aus der syn­tag­ma­ti­schen Ein­heit en bloc ent­steht. Neue­re Model­le des Fremd­spra­che­n­er­werbs gehen davon aus, dass ein Ler­nen in fes­ten Sequen­zen und Chunks, beson­ders in den Anfangs­pha­sen des Erwerbs, eine Grund­be­din­gung für erfolg­rei­chen Erwerb ist (Hand­wer­ker 2008). Die zugrun­de­lie­gen­de Idee ist, dass „much of com­mu­ni­ca­ti­on makes use of fixed expres­si­ons memo­ri­zed as for­mu­laic chunks” (Ellis & Cadier­no 2009: 114). Kom­mu­ni­ka­ti­on beruht auf sol­chen Sequen­zen, ent­we­der in der Form von Kol­lo­ka­ti­onen, von Mehr­wort-Sequen­zen, von Holo­phra­sen, von Phra­se­men, von Idio­men (Wulff 2012). Das Fremd­spra­chen­ler­nen ist „the lear­ning of an inven­to­ry of pat­terns as arran­ge­ments of words with their asso­cia­ted struc­tu­ral mea­nings” (Ellis & Cadier­no 2009: 114). Pat­terns sind hier nicht zu ver­ste­hen als fixier­te, aber kon­text­lo­se Scha­blo­nen im Sin­ne der audio­lin­gua­len Metho­de, son­dern als rekur­ren­te, bedeu­tungs­vol­le Muster.

 

 

Lite­ra­tur

Ellis, Nick & Cadier­no, Tere­sa (2009), Con­s­truc­ting a Second Lan­guage. Intro­duc­tion to the spe­cial sec­tion. Annu­al Review of Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics 7, 11–139.

Hand­wer­ker, Bri­git­te (2008), ‘Chunks’ und Kon­struk­tio­nen – Zur Inte­gra­ti­on von lern­theo­re­ti­schem und gram­ma­ti­schem Ansatz. Estu­di­os Filoló­gi­cos Ale­ma­nes 15, 49–64.

Wulff, Ste­fa­nie (2012), Idio­ma­ti­ci­ty. In: Robin­son, Peter (Ed.), The Rout­ledge Ency­clo­pe­dia of Second Lan­guage Acqui­si­ti­on. Lon­don: Rout­ledge, 291–293.

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Phre­no­lo­gie

(Kees de Bot)

Phre­no­lo­gy

Die­se Leh­re ver­such­te, ver­schie­de­ne kogni­ti­ve und emo­tio­na­le Eigen­schaf­ten klar abge­grenz­ten Hirn­area­len zuzu­ord­nen. Dabei wur­de ein Zusam­men­hang zwi­schen Schä­del­form und Cha­rak­ter unterstellt.

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Pidgin

Wenn Spra­chen auf­ein­an­der­tref­fen, ohne dass die Mög­lich­keit eines gemein­sa­men Codes besteht, ent­ste­hen Sprach­mi­schun­gen. Die­se sind zunächst insta­bil und tem­po­rär und ent­hal­ten außer ver­schie­de­nen Ele­men­ten der betei­lig­ten Spra­chen auch neue Sprach­schöp­fun­gen. Bei län­ge­rem Kon­takt ver­fes­ti­gen sich die Struk­tu­ren, bis eine neue Spra­che (Kreol­spra­che) ent­steht. Vie­le Pidgins und Kreol­spra­chen sind in den Zei­ten der Kolo­ni­sie­rung entstanden.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Pidgi­ni­sie­rung

(Jörg Roche  & Sven­ja Uth)

 Pidginiza­ti­on

Als Pidginisie­rung bezeich­net man den Pro­zess, in dem sich Sub­strat und Super­strat im Kon­takt mischen und dabei eine Misch­spra­che ent­steht. In die­sem Pro­zess wird meist das redu­zier­te Voka­bu­lar einer weit­rei­chend kodi­fi­zier­ten, domi­nan­ten Spra­che mit der ver­ein­fach­ten Gram­ma­tik der ande­ren Spra­che ver­mischt. Wäh­rend die Pidginisie­rung mit der Reduk­ti­on des Voka­bu­lars und der Ver­ein­fa­chung der Gram­ma­tik ein­her­geht, kommt es bei der Kreo­li­sie­rung zu einem umge­kehr­ten Prozess.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Plu­ri­lin­gua­lis­mus

(Eni­kő Öveges)

Plu­ri­lin­gua­lism

Der Gemein­sa­me Euro­päi­sche Refe­renz­rah­men für Spra­chen för­dert Plu­ri­lin­gua­lis­mus und ver­folgt einen hand­lungs- und kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Ansatz. Plu­ri­lin­gua­lis­mus als didak­ti­sches Kon­zept geht über die Mehr­spra­chig­keit hin­aus: Das Kon­zept meint nicht nur, dass meh­re­re Spra­chen in einem spe­zi­el­len Set­ting ange­bo­ten wer­den und dass Sprach­er­werb von mehr als einer Fremd­spra­che unter­stützt wird, son­dern betont auch, dass der Sprach­er­werb kein klar abge­grenz­ter Pro­zess ist, son­dern in Ver­bin­dung mit den gemach­ten Erfah­run­gen und dem erwor­be­nen Wis­sen geschieht.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Port­fo­lio

(Agnes Ein­horn)

Beim Fremd­spra­chen­ler­nen wer­den sehr oft Port­fo­li­os ver­wen­det, um den Kom­pe­tenzzuwachs der Ler­ner trans­pa­ren­ter zu machen. Das bekann­tes­te Bei­spiel dafür ist das Euro­päi­sche Spra­chen­port­fo­lio. Das Port­fo­li­os kann viel­fäl­tig ein­ge­setzt wer­den: Port­fo­li­os bie­ten näm­lich die Mög­lich­keit, Lern­we­ge und Lern­pro­zes­se sicht­bar zu machen. Die Idee ist ähn­lich wie bei Lern­ta­ge­bü­chern: Regel­mä­ßi­ge Zusam­men­fas­sun­gen, eige­ne Über­le­gun­gen und Stel­lung­nah­men wer­den gesam­melt, außer­dem aber auch Ergeb­nis­se der Selbst­eva­lua­ti­on. Port­fo­li­os kön­nen dazu bei­tra­gen, den Schü­lern und Schü­le­rin­nen bereits vor­han­de­ne Kom­pe­ten­zen und Fort­schrit­te bewusst zu machen. Die inten­si­ve Beschäf­ti­gung mit den Lern­fort­schrit­ten ver­stärkt auch die Ler­nerau­to­no­mie und för­dert die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­keit über das Ler­nen (meta­ko­gni­ti­ve Stra­te­gien).

Lite­ra­tur

Spra­chen ler­nen. Euro­päi­sches Spra­chen­port­fo­lio für Erwach­se­ne. (2009) Coun­cil of Euro­pe. [Online unter http://www.hueber.de/sixcms/media.php/36/978–3‑19–002963-1_EuropaeischesSprachenportfolio.pdf 15. Febru­ar 2015].

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Posi­tro­nen-Emis­si­ons-Tomo­gra­phie (PET)

(Kees de Bot)

Posi­tron-Emis­si­on Tomo­gra­phy (PET)

Bei die­sem Neu­ro­ima­ging-Ver­fah­ren wird durch die Injek­ti­on einer klei­nen Men­ge Flüs­sig­keit mit einem radio­ak­ti­ven Ele­ment in den Blut­kreis­lauf unter­sucht, wel­che Gehirn­re­gio­nen wäh­rend der Ver­ar­bei­tung spe­zi­el­ler Sti­mu­li aktiv sind.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Prag­ma­tik

Prag­ma­tics

Die lin­gu­is­ti­sche Prag­ma­tik unter­sucht die Spra­che als Hand­lungs­sys­tem (Orga­non-Modell). Hier­zu gehört meis­tens auch eine funk­tio­na­le Betrach­tung sprach­li­cher Erschei­nun­gen, wie zum Bei­spiel die Struk­tu­rie­rung von Äuße­run­gen nach Gesichts­punk­ten der Infor­ma­ti­ons­ver­tei­lung und der Erwerb sprach­li­cher Struk­tu­ren nach Gesichts­punk­ten der Sprachökonomie.

 

prag­ma­ti­scher und syn­tak­ti­scher Modus

(Jörg Roche)

prag­ma­tic and syn­tac­tic mode

Die Unter­schei­dung von prag­ma­ti­schem und syn­tak­ti­schem Modus geht auf die typo­lo­gi­sche Klas­si­fi­ka­ti­on von Givóns (1979) zurück. Erst- und Fremd-Spra­che­n­er­werb, Wie­der­erwerb, Sprach­wan­del und Sprach­va­ria­ti­on im All­ge­mei­nen ent­wi­ckeln sich onto- und phy­lo­ge­ne­tisch von einem prag­ma­tic mode (prag­ma­ti­scher Modus) in Rich­tung auf einen syn­tac­tic mode (syn­tak­ti­scher Modus). Die Prin­zi­pi­en des prag­ma­ti­schen Modus sind Grund­la­ge von Gram­ma­ti­ken aus­ge­bil­de­ter Spra­chen und auch im Deut­schen in vie­len Varie­tä­ten erhal­ten, zum Bei­spiel SMS, Tele­gram­men, Über­schrif­ten, Wer­be­tex­ten, Xeno­lek­ten, Eth­no­lekten, Apha­si­en. Der Pro­zess der Gram­ma­ti­ka­li­sie­rung mani­fes­tiert sich in ver­schie­de­nen sprach­li­chen Bereichen:

Lite­ra­tur

  • Givón, Tal­my (1979), From dis­cour­se to syn­tax. Grammar as a pro­ces­sing stra­tegy. In: Kim­ball, John, P. & Givón, Tal­my (Eds.), Syn­tax and seman­ti­cs. New York, San Fran­cis­co & Lon­don: Aca­de­mic Press, Har­court Brace Jova­no­vich, 81–112.
  • Klein, Wolf­gang & Dim­roth, Chris­ti­ne (2003), Der unge­steu­er­te Zweit­sprach­er­werb Erwach­se­ner. Ein Über­blick über den For­schungs­stand. In: Maas, Utz & Meh­lem, Ulrich (Hrsg.), Qua­li­täts­an­for­de­run­gen für die Sprach­för­de­rung im Rah­men der Inte­gra­ti­on von Zuwan­de­rern (Bd. 21). Osna­brück: IMIS (=IMIS-Bei­trä­ge, 21), 127–161.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Prak­ti­ka­bi­li­täts­prin­zip

(Jörg Roche)

In einer Umge­bung, in der Deutsch Ziel­spra­che oder Lin­gua Fran­ca ist, erfolgt die Kom­mu­ni­ka­ti­on auch unter ver­schie­den­spra­chi­gen Ler­nern des Deut­schen auto­ma­tisch auf Deutsch. Es sind daher kei­ne exter­nen Steue­rungs- oder Über­wa­chungs­ver­fah­ren nötig.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Prä­senz

(Isa­bel Hoffmann)

Prä­senz bezeich­net das Gefühl, in einer (vir­tu­el­len) Welt anwe­send zu sein. Wei­ter ver­steht man dar­un­ter das indi­vi­du­el­le Gefühl, sich in einer vir­tu­el­len Umge­bung zu befin­den und Teil die­ser zu sein (ver­glei­che Wit­mer & Sin­ger 1998: 225). Bei der räum­li­chen Prä­senz herrscht der Grund­ge­dan­ke vor, die Rezi­pi­en­tin oder der Rezi­pi­ent erschlie­ße sich „eine vir­tu­el­le Umge­bung durch die dar­in mög­li­chen Hand­lun­gen, etwa die eige­ne Bewe­gung im vir­tu­el­len Raum, das Anfas­sen von Objek­ten, Inter­ak­tio­nen mit ande­ren Akteu­ren“ (Biland­zic 2013: 276). Sozia­le Prä­senz dage­gen bedeu­tet, dass eine Kom­mu­ni­ka­ti­ons­part­ne­rin oder ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­part­ners durch ein Medi­um als natür­li­che Per­son wahr­ge­nom­men wird. Mit­hil­fe von media­len Dar­stel­lun­gen und tech­ni­schen Aspek­ten kann eine Rei­he von phy­sio­lo­gi­schen und psy­cho­lo­gi­schen Reak­tio­nen aus­ge­löst wer­den (ver­glei­che Zen­der et al. 2018: 3). Prä­senz ist dann erreicht, wenn die Nut­ze­rin­nen und Nut­zer sich in der com­pu­ter­ge­nerier­ten Umge­bung befin­den und sich wie in der rea­len Welt ver­hal­ten (ver­glei­che Dör­ner et al. 2013: 46).

Lite­ra­tur

  • Biland­zic, Hele­na (2013), Immersi­on. In: Wünsch, Cars­ten & Schramm, Hol­ger (Hrsg.), Hand­buch Medi­en­re­zep­ti­on. Baden-Baden: Nomos, 273–290.
  • Dör­ner, Ralf; Broll, Wolf­gang; Grimm, Paul & Jung, Bern­hard (2013), Vir­tu­al and Aug­men­ted Rea­li­ty (VR/AR). Grund­la­gen und Metho­den der Vir­tu­el­len und Aug­men­tier­ten Rea­li­tät. Berlin/Heidelberg: Sprin­ger Verlag.
  • Wit­mer, Bob & Sin­ger, Micha­el (1998), Mea­su­ring pre­sence in vir­tu­al envi­ron­ments: A pre­sence ques­ti­on­n­aire. Pre­sence 7: 3, 225–240.
  • Zen­der, Rapha­el; Wei­se, Mat­thi­as; Heyde, Mar­kus von der & Söb­ke, Hein­rich (2018), Leh­ren und Ler­nen mit VR und AR – Was wird erwar­tet? Was funk­tio­niert? In: Schiff­ner, Dani­el (Hrsg.), Pro­cee­dings der Pre-Con­fe­rence-Work­shops der 16. E‑Learning Fach­ta­gung Infor­ma­tik (DeL­FI), Frank­furt, Germany.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 9 Grund­la­gen der Medi­en­wis­sen­schaft und Medi­en­di­dak­tik der Mul­ti­l­in­gua Akademie)

Pri­ma­cy- und Recency-Effekt

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Pri­ma­cy Effect, Recen­cy Effect

Wenn ein Gesprächs­part­ner schein­bar nicht auf­merk­sam zuhört, aber den­noch den letz­ten Satz sei­nes Gegen­übers wie­der­ho­len kann, ist dies kein ein­deu­ti­ges Anzei­chen dafür, dass er ihm doch sei­ne unge­teil­te Auf­merk­sam­keit geschenkt hat.
Nach dem soge­nann­ten Recen­cy-Effekt (Hoff­mann & Engel­kamp 2013) wer­den näm­lich die letz­ten Wör­ter im Arbeits­ge­dächt­nis behal­ten, die als Sti­mu­li im sen­so­ri­schen Gedächt­nis wahr­ge­nom­men wur­den, ohne dass beson­de­re Auf­merk­sam­keits­pro­zes­se in Gang gesetzt wur­den. Die­se Wör­ter sind eini­ge Sekun­den im Arbeits­ge­dächt­nis ver­füg­bar, gehen aber ver­lo­ren, wenn kei­ne wei­te­ren Pro­zes­se der Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung mit einer wil­lent­li­chen Auf­merk­sam­keits­zu­wen­dung erfol­gen (Assi­mi­la­ti­on oder Akkomodation).
Auch die zuerst ver­ar­bei­te­ten Items wer­den nach dem Pri­ma­cy-Effekt (Hoff­mann & Engel­kamp 2013) oft bes­ser erin­nert als die Items in der Mit­te einer Serie.

Lite­ra­tur

  • Hoff­mann, Joa­chim & Engel­kamp, Johan­nes (2013), Lern- und Gedächt­nis­psy­cho­lo­gie. Hei­del­berg: Springer.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Pri­mä­rer Ethnolekt

(Jörg Roche)

 Pri­ma­ry Ethnolect

Als Eth­no­lekt bezeich­net man einen Grup­pen­code von Spre­chern, die sich von der Haupt­spra­che einer Gesell­schaft (bewusst) abgren­zen und damit eine eige­ne Iden­ti­tät mani­fes­tie­ren wol­len. Eth­no­lekte basie­ren auf ler­nersprach­li­chen Ele­men­ten, unter­schei­den sich aber von die­sen durch über­ge­ne­ra­li­sier­te gram­ma­ti­sche Merk­ma­le, spe­zi­fi­sche lexi­ka­li­sche Ele­men­te und for­mel­haf­te Aus­drü­cke. Die­se Merk­ma­le sind jedoch nicht unbe­dingt ein Zei­chen einer schlecht oder unvoll­stän­dig erwor­be­nen Ziel­spra­che, da die Spre­cher und Spre­che­rin­nen des pri­mä­ren Eth­no­lekts in for­mel­len Situa­tio­nen durch­aus oft in der Lage sind, die Ziel­spra­che kor­rekt zu ver­wen­den und den Eth­no­lekt zu ver­mei­den. Die­se Form ist somit stark situa­ti­ons­ab­hän­gig und wird vor allem iden­ti­täts­stif­tend als Selbst­sti­li­sie­rung ver­wen­det. Außer dem sprach­li­chen Code bedarf es wei­te­rer grup­pen­spe­zi­fi­scher Eigen­schaf­ten, um auto­ri­siert in den Kreis der pri­mä­ren Spre­cher auf­ge­nom­men zu wer­den. Sekun­dä­re und ter­tiä­re Eth­no­lek­te unter­schei­den sich zum Teil deut­lich von der pri­mä­ren Quel­le (sie­he auch Ein­trä­ge zu Kanaks­prak und Kiez­deutsch).

Lite­ra­tur

  • Auer, Peter (2003), ‚Tür­kens­lang‘: Ein jugend­sprach­li­cher Eth­no­lekt des Deut­schen und sei­ne Trans­for­ma­tio­nen. In: Häcki-Buho­fer, Anne­lies (Hrsg.), Sprach­er­werb und Lebens­al­ter. Tübin­gen: Fran­cke, 255–264.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Pro­cess prompts

Pro­ze­du­ra­le Lern­auf­for­de­run­gen (pro­cess prompts) zäh­len zu den wich­tigs­ten Lern­hil­fen (Scaf­folds). Sie wer­den den Ler­nern direkt wäh­rend ihres Lern­pro­zes­ses von der Lehr­per­son vorgegeben.
Zu den Promp­ting-Maß­nah­men zäh­len unter ande­rem Signal Words, Gene­ric Ques­ti­on Stems & Gene­ric Ques­ti­ons, Main Ide­as, Ques­ti­on Types, Sto­ry Grammar Cate­go­ries und No Appa­rent Pro­ce­du­ral Prompts.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Pro­po­si­ti­on

(San­dra Drumm)

Als Pro­po­si­tio­nen bezeich­net man die eigent­li­che Aus­sa­ge eines Sat­zes. Damit ist gemeint, dass eine Äuße­rung etwas über bestimm­te Gegen­stän­de oder Sach­ver­hal­te der Welt aus­sagt und die­se Äuße­rung ent­we­der wahr oder falsch sein kann. Aus­sa­ge­sät­ze sind daher immer Pro­po­si­tio­nen, wäh­rend dies gemein­hin nicht für Fra­gen oder Rela­tiv­sät­ze gilt.

In der Sprech­akt-Theo­rie von Sear­le (1969) besteht der pro­po­si­tio­na­le Akt aus zwei Tei­len: Zum einen aus der Refe­renz auf ein außer­sprach­li­ches Objekt (zum Bei­spiel der Eigen­na­me Arwen) und zum ande­ren aus den zuge­ord­ne­ten Eigen­schaf­ten (Arwen ist mutig; Arwen, sei mutig! Ist Arwen mutig?). Nach Searl (1969) ist die Pro­po­si­ti­on also auch bei Auf­for­de­run­gen und Fra­gen gegeben.

Lite­ra­tur

  • John R. Sear­le (1969), Speech Acts. An Essay in the Phi­lo­so­phy of Lan­guage. Cam­bridge: Uni­ver­si­ty Press Cambridge.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Pro­to­typ

(Sabi­ne De Knop & Patri­cia Boos)

Pro­to­ty­pe

Ein Pro­to­typ ist der zen­tra­le Ver­tre­ter einer Klas­se bezie­hungs­wei­se Kate­go­rie, der in der Regel die maxi­ma­le Anzahl an Cha­rak­te­ris­ti­ka auf­weist, die mit den ande­ren Ver­tre­tern der Kate­go­rie geteilt wer­den kön­nen (nicht müs­sen). So ist ein Sing­vo­gel eher ein Pro­to­typ für die Klas­se der Vögel als ein Huhn oder ein Pin­gu­in, auch wenn alle Arten Flü­gel, Federn und einen Schna­bel besit­zen. Nur ein Sing­vo­gel kann rich­tig flie­gen. Es gibt folg­lich Ver­tre­ter von Kate­go­rien, die leicht in die­se ein­zu­ord­nen sind, wäh­rend die Ein­ord­nung bei ande­ren nicht unstrit­tig ist.
Auch men­ta­le Kon­zep­te bil­den nach dem Pro­to­ty­pen­ef­fekt Kate­go­rien um einen zen­tra­len Vertreter.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Pro­to­ty­pen­ef­fekt

(Jörg Roche & Fer­ran Suñer Muñoz)

Pro­to­type Effect

Men­ta­le Kon­zep­te orga­ni­sie­ren sich als grund­le­gen­de kogni­ti­ve Enti­tä­ten nicht nach Kri­te­ri­en oder fes­ten Defi­ni­tio­nen, son­dern sie bil­den Kate­go­rien um einen zen­tra­len Ver­tre­ter (Pro­to­typ). Der zen­tra­le Ver­tre­ter weist in der Regel die maxi­ma­le Anzahl an Cha­rak­te­ris­ti­ka auf, die mit den ande­ren Ver­tre­tern der Kate­go­rie geteilt wer­den kön­nen. Die kon­zep­tu­el­le Orga­ni­sa­ti­on nach Pro­to­ty­pen setzt außer­dem vor­aus, dass es kein Cha­rak­te­ris­ti­kum gibt, das allen Ver­tre­tern der Kate­go­rie gemein­sam sein muss. Zur Ver­an­schau­li­chung des Pro­to­typenef­fekts kann das Kon­zept Kugel als Bei­spiel dienen:


Abbil­dung: Pro­to­typenef­fekt am Bei­spiel Kugel

An den ver­schie­de­nen Abbil­dun­gen ist zu erken­nen, dass a) den pro­to­ty­pi­schen und bes­ten Ver­tre­ter der Kate­go­rie Kugel dar­stellt. Die ande­ren Mit­glie­der der Kate­go­rie Kugel kön­nen zwar als sol­che erkannt wer­den, aber sie wei­chen auf irgend­ei­ne Wei­se vom zen­tra­len Ver­tre­ter ab: Wäh­rend d) eine meta­pho­ri­sche Exten­si­on von Kugel (Patro­nen­ku­gel) dar­stellt, bezieht sich b) auf Kugel in ihrer syn­ony­mi­schen Ver­wen­dung zu (Fuß-)Ball und c) auf eine bestimm­te Art von Kugel, näm­lich Bil­lard­ku­gel. Die Distanz zwi­schen dem Pro­to­ty­pen und den ande­ren Ver­tre­tern der Kate­go­rie vari­iert je nach Art der Abweichung.

Lite­ra­tur

  • Evans, Vyvyan & Green, Mela­nie (2006), Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics. An Intro­duc­tion. Mah­wah, N.J: L. Erlbaum.
  • Geer­aerts, Dirk (1989), Pro­s­pects and pro­blems of pro­to­ty­pe theo­ry. Lin­gu­i­stics 27: 4, 587–612.
  • Rad­den, Gün­ter (2008), The cogni­ti­ve approach to lan­guage. In: Andor, Jósef; Hol­ló­sy, Bela; Lacz­kó, Tibor & Pe-lyvás, Péter (Hrsg.), When Grammar Minds Lan­guage and Lite­ra­tu­re: Fest­schrift for Prof. Béla Kor­po­nay on the Occa­si­on of his 80th Bir­th­day. Debre­cen: Insti­tu­te of Eng­lish and Ame­ri­can Stu­dies, 387–412.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Prü­fungs­trai­ning

(Agnes Ein­horn)

Exami­na­ti­on Training

Prü­fungs­trai­ning ist die Vor­be­rei­tung der Schü­ler und Schü­le­rin­nen auf die Prü­fung. Dabei wer­den vor allem tech­ni­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Aspek­te der Prü­fung geübt –  Kom­pe­ten­zen, die zur Bewäl­ti­gung der Prü­fungs­si­tua­ti­on not­wen­dig sind.

Das Prü­fungs­trai­ning kann ein wich­ti­ger Bestand­teil des Unter­richts sein, soll­te aber nicht zu viel Raum ein­neh­men. Durch die Lösung von Modell­tests kön­nen Ler­ner eine qua­si-ech­te Prü­fungs­si­tua­ti­on erle­ben und ihren Kennt­nis­stand über­prü­fen. Dadurch wird jedoch die kom­mu­ni­ka­ti­ve Kom­pe­tenz der Ler­ner nicht unbe­dingt erhöht, weil Test­auf­ga­ben dazu meist nicht gut geeig­net sind.

Lite­ra­tur

  • Roche, Jörg (Hrsg.) (2005), Fit für den Test­DaF – Prü­fungs­trai­ning. München/Ismaning,: Hueber-Ver­lag  (inklu­si­ve Audio-CD).

 (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Psy­cho­lin­gu­is­tik

Psy­cho­lin­gu­i­stics

Die Psy­cho­lin­gu­is­tik beschäf­tigt sich im wei­tes­ten Sin­ne mit Aspek­ten der Sprach­fä­hig­keit und der Sprach­ver­ar­bei­tung des Men­schen und reicht damit in Nach­bar­be­rei­che wie die Lin­gu­is­tik, Neu­ro­lin­gu­is­tik und Psy­cho­lo­gie. Sie erforscht das kogni­ti­ve Sys­tem, das das Spre­chen ermög­licht. Kern­be­rei­che sind die Pro­zes­se der Sprach­pro­duk­ti­on, des Sprach­ver­ste­hens, des Erst- und Zweit­spra­che­n­er­werbs sowie des Sprach­ver­lus­tes und Wie­der­erwerbs (Apha­sie).