Back­ground Studies

(Jörg Roche)

Back­ground Stu­dies bezeich­nen fak­ten­ba­sier­tes, größ­ten­teils dekon­tex­tua­li­sier­tes und oft ste­reo­ty­pes Kul­tur- und Lan­des­kun­de­wis­sen, das den Sprach­un­ter­richt (oft fakul­ta­tiv) ergän­zen soll.

Lite­ra­tur

  • Byram, Micha­el (1989), Cul­tu­ral Stu­dies in For­eign Lan­guage Edu­ca­ti­on. Cle­ve­don / Phil­adel­phia: Mul­ti­l­in­gu­al Matters.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 7 Kul­tur- und Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Basi­lekt, Meso­lekt & Acro­lekt (Kreol)

(Jörg Roche & Sven­ja Uth)

Kreol­va­rie­tä­ten kön­nen ana­log zum Kom­ple­xi­täts­grad ver­ein­fa­chend als Basi­lekt (rudi­men­tä­re oder radi­ka­le Varie­tät), Meso­lekt (mitt­le­re Varie­tät) und Acro­lekt (ela­bo­rier­te Varie­tät) klas­si­fi­ziert wer­den. Ent­spre­chun­gen zum Spra­che­n­er­werb erge­ben sich aus der gemein­sa­men L1-Basis der radi­ka­len For­men des Kreol und des frü­hen L2-Erwerbs. Trans­fererschei­nun­gen aus vor­er­wor­be­nen Spra­chen, mor­pho­lo­gi­sche Sim­pli­fi­zie­run­gen und ande­re uni­ver­sel­le Stra­te­gien bestim­men sie. Die Merk­ma­le ent­spre­chen damit denen der basic varie­ty (Klein & Per­due 1997)des Sprach­er­werbs.

Die Kreo­li­sie­rung beschreibt die Ent­ste­hung und Ver­fes­ti­gung einer eigen­stän­di­gen Spra­che und ist daher also mit Fos­si­li­sie­rungspro­zes­sen ver­gleich­bar. Inwie­weit die Basi­lek­te immer der vol­len basic varie­ty im L2-Erwerb ent­spre­chen, ist bis­her noch nicht geklärt. Kreol­va­rie­tä­ten (in kari­bi­schen Spra­chen) haben über meh­re­re Jahr­hun­der­te in wenig ver­än­der­ter Form bestan­den und sind gegen­über Restruk­tu­rie­run­gen, auch bei vor­han­de­ner Diglos­sie, sehr resis­tent (sie­he auch prag­ma­ti­scher und syn­tak­ti­scher Modus).

Lite­ra­tur

  • Schweg­ler, Armin (2000), The myth of decreo­liza­ti­on: The anoma­lous case of Palen­que­ro. In: Neu­mann-Holz­schuh, Ingrid & Schnei­der, Edgar W. (Hrsg.), Degrees of res­truc­tu­ring in Creo­le lan­guages. Ams­ter­dam & Phil­adel­phia: John Ben­ja­mins, 409–436.
  • Win­ford, Donald (2000), “Inter­me­dia­te“ creo­les and degrees of chan­ge in creo­le for­ma­ti­on. The case of Bajan. In: Neu­mann-Holz­schuh, Ingrid & Schnei­der, Edgar W. (Hrsg.), Degrees of res­truc­tu­ring in Creo­le lan­guages. Ams­ter­dam & Phil­adel­phia: John Ben­ja­mins, 215–246.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Basis und Profil

(Fer­ran Suñer Muñoz & Jörg Roche)

Base and Profile

Die Dif­fe­renzierung von Basis und Pro­fil geht auf Lang­acker (2008) zurück (bei Fill­mo­re (1985) auch con­cept und frame genannt). Die kon­zep­tu­el­le Basis stellt die kogni­ti­ve Domä­ne dar, inner­halb derer die Pro­fi­le eine bestimm­te Bedeu­tung erlan­gen. Zum Bei­spiel kann Stuhl­bein  nur auf der kon­zep­tu­el­len Basis des Kon­zepts Stuhl als sol­ches ver­stan­den wer­den. In die­sem Fall bil­det das Stuhl­bein ein kon­kre­tes Pro­fil der kon­zep­tu­el­len Basis Stuhl.

Die fol­gen­den Gra­phi­ken zei­gen am Bei­spiel der Hand­lung kau­fen, wie die kon­zep­tu­el­le Basis (eine Art Grund­vor­stel­lung einer Sze­ne) je nach Pro­fi­lie­rung ent­we­der als ver­ba­le Rela­ti­on mit zwei Argu­men­ten oder als Sub­stan­tiv kon­stru­iert wer­den kann:

Verb (b) und Sub­stan­tiv © als unter­schied­li­che Pro­fi­lie­run­gen der­sel­ben kon­zep­tu­el­len Basis (in Anleh­nung an Lang­acker 2007: 436)

Bei kau­fen stellt man sich immer einen zu kau­fen­den Gegen­stand, einen Käu­fer und viel­leicht auch einen Ver­käu­fer vor. Bei Käu­fer hin­ge­gen nur das Agens im Kauf­ge­sche­hen. Ver­ben stel­len nicht mate­ri­el­le Rela­tio­nen dar, die Inter­ak­tio­nen zwi­schen Din­gen (Ener­gie­trans­fer, Bewe­gung, Kraft­aus­übung, Zustands­ver­än­de­rung etc.) beschrei­ben. Ver­ben haben als Rela­tio­nen eine eige­ne zeit­li­che Plat­zie­rung und wer­den in Abhän­gig­keit mit den Din­gen kon­zep­tua­li­siert. Ande­re Wort­ka­te­go­rien wie die Adver­bi­en, Prä­po­si­tio­nen, Adjek­ti­ve, Infi­ni­ti­ve, Par­ti­zi­pi­en etc. beschrei­ben eben­falls Rela­tio­nen, die aller­dings atem­po­ra­len Cha­rak­ter besit­zen. Das fol­gen­de Dia­gramm zeigt, wie sich die ver­schie­de­nen Wort­ka­te­go­rien in Bezug auf die Unter­schei­dung Ding und Rela­ti­on sowie tem­po­ral und atem­po­ral klas­si­fi­zie­ren lassen:

Klas­si­fi­zie­rung der Wort­ka­te­go­rien nach Evans & Green (2006: 571)

Die ver­schie­de­nen Pro­fi­lie­rungs­mög­lich­kei­ten einer Spra­che bil­den kein belie­bi­ges Inven­tar von Sprach­mit­teln, son­dern wer­den von Spre­chern gezielt genutzt, um bestimm­te Effek­te bei der Fokus­sie­rung der Auf­merk­sam­keit zu errei­chen: nomi­nal kodier­te Infor­ma­tio­nen wer­den als kogni­tiv sali­en­ter wahr­ge­nom­men als ver­bal kodier­te Infor­ma­tio­nen. Auch durch die Wahl von Wör­tern offe­ner Klas­sen (Nomen, Ver­ben) wird eine höhe­re kogni­ti­ve Sali­enz gegen­über Items geschlos­se­ner Klas­sen wie Tem­pus- oder Genus­mar­kie­run­gen erreicht.

Lite­ra­tur

  • Evans, Vyvyan & Mela­nie Green (2006), Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics. An Intro­duc­tion. Mah­wah, N.J.: L. Erlbaum.
  • Fill­mo­re, Charles J. (1985), Frames and the seman­ti­cs of under­stan­ding. Qua­der­ni di Seman­ti­ca 6, 222–254.
  • Lang­acker, Ronald W. (2007), Cogni­ti­ve grammar. In: Geer­aerts, Dirk & Cuy­ckens, Her­bert (Eds.),The Oxford Hand­book of Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics. Oxford, New York: Oxford Uni­ver­si­ty Press, 421 – 462.
  • Lang­acker, Ronald W. (2008), Cogni­ti­ve Grammar. A Basic Intro­duc­tion. Oxford/New York: Oxford Uni­ver­si­ty Press.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Basis­do­mä­ne

Basic Domain

Basis­do­mä­nen sind nicht wei­ter redu­zier­bar und die­nen als Grund­la­ge für kom­ple­xe­re Wis­sens­do­mä­nen. Sie wer­den nicht mit Begrif­fen ande­rer Domä­nen gebil­det. Ihre Dimen­sio­na­li­tät ist ein wich­ti­ges Cha­rak­te­ris­ti­kum. Sie kön­nen ein- oder mehr­di­men­sio­nal sein, fer­ner kon­zep­tio­nell und lokal.

Basis­do­mä­nen wer­den aus der sen­so­mo­to­ri­schen und sub­jek­ti­ven Erfah­rung abge­lei­tet (exter­ne und inter­ne Welt­erfah­rung), d.h. sie ent­sprin­gen den emo­tiv-sen­so­ri­schen Berei­chen. Dazu gehö­ren unter ande­rem Sys­te­me der Raum­wahr­neh­mung, sowie ein Farb­wahr­neh­mungs­sys­tem, ein audi­tives Wahr­neh­mungs­sys­tem, ein Zeit­wahr­neh­mungs­sys­tem oder auch ein emo­tio­na­les Wahr­neh­mungs­sys­tem. Basis­do­mä­nen sind zum Bei­spiel die Domä­nen RAUM, ZEIT, FAR­BE, EMO­TI­ON und SCHMERZ. Eini­ge sind ein­di­men­sio­nal (die Domä­ne ZEIT). Ande­re kön­nen zwei- bis drei­di­men­sio­nal (RAUM und FAR­BE) sein.

Lang­acker stellt neben die Basis­do­mä­nen  abs­trak­te Domä­nen (abs­tract domains). Die Basis­do­mä­nen unter­schei­den sich von abs­trak­ten Domä­nen wie zum Bei­spiel LIE­BE oder TRAU­ER dadurch, dass sie auf direk­ten phy­si­schen Erfah­run­gen basie­ren und wie­der­um Basis für die abs­trak­ten Domä­nen sind. Kon­zep­te der abs­trak­ten Domä­ne sind auch ver­gleichs­wei­se komplexer.

Domä­nen sind in bestimm­te Hier­ar­chie­stu­fen geglie­dert. Das Kon­zept Glat­ze beruht auf der Domä­ne KOPF, die wie­der­um auf der Domä­ne KÖR­PER auf­baut. Die Hier­ar­chie lässt sich vom Kon­zept Glat­ze bis zur Basis­do­mä­ne RAUM zurück­ver­fol­gen. Die Domä­ne RAUM (e: space) ent­springt direkt der sen­so­mo­to­ri­schen Erfah­rung der Welt: Visu­el­le Wahr­neh­mung und Erfah­rung von Bewe­gung und Berührung.

Wie die Hier­ar­chie des Kon­zepts Glat­ze auf­ge­baut ist, zeigt das fol­gen­de Bild:

(Vgl.: Figu­re 7.5: Loca­ti­on of the lexi­cal con­cept bald head (Evans/ Green 2006 : 232))

Literatur

  • Evans, Vyvyan/ Green, Mela­nie (2006), Cogni­ti­ve Lin­gu­i­stics: An Intro­duc­tion. Edin­burgh: Edin­burgh Uni­ver­si­ty Press, 230–239.
  • Wild­gen, Wolf­gang (2008), Kogni­ti­ve Gram­ma­tik. Ber­lin: de Gruyter.

Basis­qua­li­fi­ka­tio­nen

(Jörg Roche, Ste­fa­nie Hab­er­zettl, Gulio Pago­nis, Moi­ken Jes­sen & Nico­le Weidinger)

Um sprach­li­che Kom­pe­tenzen bei Kin­dern bes­ser erfas­sen und beschrei­ben zu kön­nen, wur­den im Rah­men des Pro­jekts PRO­SA (Ehlich; Bre­del & Reich 2008) auf Grund­la­ge einer Rei­he unter­schied­li­cher Unter­su­chun­gen sprach­li­che Basis­qua­li­fi­ka­tio­nen defi­niert, die beim sprach­li­chen Han­deln eng mit­ein­an­der inter­agie­ren. Die fol­gen­den Basis­qua­li­fi­ka­tio­nen wer­den unter­schie­den: die rezep­ti­ven und pro­duk­ti­ven pho­ni­schen Qua­li­fi­ka­tio­nen, die prag­ma­ti­schen Qua­li­fi­ka­tio­nen 1 und 2, die seman­ti­schen Qua­li­fi­ka­tio­nen, die mor­pho­lo­gisch-syn­tak­ti­schen Qua­li­fi­ka­tio­nen, die dis­kursiven Qua­li­fi­ka­tio­nen, die lite­ra­len Qua­li­fi­ka­tio­nen. Die Basis­qua­li­fi­ka­tio­nen haben cha­rak­te­ris­ti­sche Ent­wick­lungs­zeit­fens­ter, inner­halb derer sie ein­set­zen und aus­ge­bil­det werden.

Lite­ra­tur

Ehlich, Kon­rad; Bre­del, Ursu­la & Reich, Hans H. (2008), Refe­renz­rah­men zur alters­spe­zi­fi­schen Sprach­an­eig­nung. For­schungs­grund­la­gen Band II. Ber­lin: Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung BMBF.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 3 Pro­pä­deu­ti­kum wis­sen­schaft­li­ches Arbei­ten der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Basis­va­rie­tät

(Jörg Roche)

Basic Varie­ty

Die Basis­va­rie­tät bezeich­net die Grund­stu­fe der erwach­se­nen Ler­nerspra­che im „unge­steu­er­ten“ Sprach­er­werb. Sie umfasst ein intui­ti­ves Inven­tar prag­ma­ti­scher Prin­zi­pi­en und gilt als eine Kom­pe­tenzstu­fe, die nahe­zu jeder Ler­ner im unge­steu­er­ten Zweit- oder Fremd­sprach­er­werb erreicht. Dabei ver­blei­ben vie­le Ler­ner auf die­ser stark von situa­ti­ven Fak­to­ren beein­fluss­ten Kom­pe­tenzstu­fe und bau­en ihre Kennt­nis­se ledig­lich im lexi­ka­li­schen Bereich aus (Fos­si­li­sie­rung, Sta­bi­li­sie­rung). Der Wort­schatz der Basis­va­rie­tät ist durch unflek­tier­te Auto­se­man­ti­ka gekenn­zeich­net und beinhal­tet nur weni­ge Funk­ti­ons­wör­ter. Wort­bil­dung fin­det daher auch vor allem im Bereich der Kom­po­si­ti­on statt. Deri­va­tio­nen sind hin­ge­gen sel­te­ner. Die syn­tak­ti­sche Struk­tur ist sel­ten hypo­tak­tisch, son­dern in den meis­ten Fäl­len asyn­de­tisch geglie­dert. Das Lexi­kon der Basis­va­rie­tät besteht größ­ten­teils aus Ele­men­ten der Ziel­spra­che, mit ein­zel­nen Ent­leh­nun­gen aus der Erstsprache.

Die wich­tigs­ten Struk­tu­rie­rungs­prin­zi­pi­en sind die folgenden:

  • Bekann­te und gege­be­ne Infor­ma­ti­on steht vor neu­er Information.
  • The­ma­ti­sie­ren­de Ele­men­te ste­hen vor fokus­sie­ren­den Elementen.
  • Bedeu­tungs­mä­ßig zusam­men­ge­hö­ri­ge Ele­men­te ste­hen mög­lichst nahe beieinander.
  • Ori­en­tie­ren­de Ele­men­te wie Orts- oder Zeit­an­ga­ben ste­hen am Anfang einer
    Äußerung.
  • In einer Rei­hung von Nomen hat das ers­te Ele­ment den größ­ten Ein­fluss (Kon­troll­prin­zip, Subjektfunktion).
  • Ereig­nis­se wer­den nach ihrer tat­säch­li­chen (chro­no­lo­gi­schen) Rei­hen­fol­ge berichtet.
  • Die Beto­nung bestimmt, ob es sich um eine Aus­sa­ge, eine Fra­ge oder eine Anwei­sung handelt.
  • Die Beto­nung mar­kiert auch die fokus­sier­ten Elemente.
  • Funk­tio­na­le Ele­men­te wie kein, viel, alle wer­den ein­heit­lich vor (oder ein­heit­lich hin­ter) die von ihnen bestimm­ten Ele­men­te gestellt, zum Bei­spiel viel arbeit (Quan­ti­fi­zie­rung), nix ver­stehn (Nega­ti­on).

 

Lite­ra­tur

  • Klein, Wolf­gang & Per­due, Cli­ve (1997), The basic varie­ty (or: Could­n’t natu­ral lan­guages be much simp­ler?). Second Lan­guage Rese­arch 13: 4, 301–347.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Bedarfs­ana­ly­se

(Eni­kő Öveges)

Moti­va­tio­nal Analysis

Eine Bedarfs­ana­ly­se ist Grund­la­ge der Lehr­plan­ent­wick­lung und der Umset­zung von Lehr­plä­nen und auch der aktu­el­len Unter­richts­pla­nung. Sie kann in tra­di­tio­nel­len (instruk­tio­nis­tisch gepräg­ten Lehr­plä­nen) in drei Pha­sen unter­teilt wer­den: Input (Aus­wahl der sprach­li­chen Inhal­te), Pro­zess (Metho­dik der Ver­mitt­lung) und Out­put (Lern­ergeb­nis­se). Drei Ansät­ze las­sen sich für die Ent­wick­lung eines Cur­ri­cu­lums unter­schei­den: (1) for­ward, (2) cen­tral und (3) back­ward design. Als for­ward design gilt der Ansatz des Euro­pa­rats aus den 1970er Jah­ren oder der inhalts­ba­sier­te Fremd­spra­chen­un­ter­richt (Con­tent-Based Lan­guage Tea­ching). Das cen­tral design setzt beim Pro­zess an (Lehr­ak­ti­vi­tä­ten, Metho­den) und lei­tet Input und Out­put von der Unter­richts­me­tho­dik ab. Bei­spie­le dafür sind der Silent Way oder das Coun­sel­ling Lear­ning. Das back­ward design geht vom Out­put aus. Das heißt, dass zunächst Aus­sa­gen über die erfor­der­li­chen Ergeb­nis­se getrof­fen werden.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Begriff

(San­dra Drumm)

Con­cept

Als Begriff defi­niert die DIN-Norm 2342 (1992: 1–3) eine „Denk­ein­heit, die aus einer Men­ge von Gegen­stän­den unter Ermitt­lung der die­sen Gegen­stän­den gemein­sa­men Eigen­schaf­ten mit­tels Abs­trak­ti­on gebil­det wird“. Die Bedeu­tung eines Begriffs ist die Sum­me aller kri­ti­schen, das heißt gemein­sa­men Merk­ma­le. Der Begriffs­um­fang wie­der­um meint die Gesamt­heit aller in einem Begriff zusam­men­ge­fass­ten Ein­zel­phä­no­me­ne. Ein Begriff kann dabei mit ver­schie­de­nen Ter­mi­ni belegt wer­den, wenn ver­schie­de­ne Defi­ni­tio­nen gegen­über­ste­hen. Zum Bei­spiel haben die Ter­mi­ni Tra­chea­ta und Anten­na­ta den glei­chen Begriffs­um­fang. Sie benen­nen die bei­den Tier­grup­pen Tau­send­füß­ler und Insek­ten. Im Fall Tra­chea­ta wird her­vor­ge­ho­ben, dass die hier­un­ter ver­stan­de­nen Tie­re Tra­cheen besit­zen, im Fall Anten­na­ta dar­auf, dass die­se nur ein Anten­nen­paar haben. Sie haben den glei­chen Begriffs­in­halt, weil die bei­den Ter­mi­ni die­sel­ben inva­ri­an­ten Attri­bu­te besit­zen. (vgl. Graf 1989: 13f.).

Lite­ra­tur

  • Bax­mann-Krafft, Eva-Maria (Hrsgg.) (1999), Nor­men für Über­set­zer und tech­ni­sche Autoren. DIN, Deut­sches Insti­tut für Nor­mung e.V. Ber­lin: Beuth.
  • Graf, Ditt­mar (1989), Begriffs­ler­nen im Bio­lo­gie­un­ter­richt der Sekun­dar­stu­fe 1. Empi­ri­sche Unter-suchun­gen und Häu­fig­keits­ana­ly­sen. Frank­furt am Main: Peter Lang.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Berufs­spra­che

(Jörg Roche)

Berufs­spra­che bezeich­net eine Teil­men­ge des Sys­tems der Fach- und Bil­dungs­spra­chen und ist in allen Kon­tex­ten, von der For­schung bis zum Lehr­plan und den Stu­di­en­gän­gen, als Sam­mel­be­griff für vari­an­ten­rei­che beruf­lich ori­en­tier­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men zu ver­ste­hen. Sie bezeich­net damit nicht nur unter­schied­li­che hori­zon­ta­le und ver­ti­ka­le Schich­tun­gen eines wich­ti­gen Bereichs der Fach­spra­chen, son­dern vor allem funk­tio­na­le, prag­ma­ti­sche. Berufs­spra­che umfasst alle funk­tio­na­len und prag­ma­ti­schen Schich­tun­gen der Fach­spra­che, die für den Erwerb und die Aus­füh­rung berufs­be­zo­ge­ner Auf­ga­ben rele­vant sind. Gele­gent­lich wird die­se Schnitt­men­ge jedoch als Ersatz­be­zeich­nung für Fach­spra­chen, im Sin­ne einer Benen­nung eines spe­zi­fi­schen (ein­zel­nen) Regis­ters, miss­ver­stan­den. Der Begriff Berufs­spra­che ersetzt aber nicht die Fach­spra­che. Auch Fach­spra­che bezeich­net schließ­lich kein mono­li­thi­sches Kon­zept eines fixier­ten Schub­la­den­sys­tems von ver­ti­ka­len und hori­zon­ta­len Schich­ten. Viel­mehr sind Fach­spra­chen vor allem durch ihre prag­ma­ti­schen Funk­tio­nen defi­niert. Das Fach­spra­chen-Model von Göp­fe­rich (Göp­fe­rich 1995, S. 124) bil­det die­ses Kon­zept und sei­ne Viel­falt bis­her am deut­lichs­ten ab.

Berufs­spra­che ist also ein gene­ri­scher Sam­mel­be­griff für alle mög­li­chen Stra­ti­fi­zie­run­gen in Bezug auf Spre­cher – Hörer – Gegen­stands­kon­stel­la­tio­nen und die ent­spre­chen­den sprach­li­chen Mit­tel und sprachaf­fi­nen Medi­en. Damit sind auch alle Kom­pe­tenz- und Fer­tig­keits­be­rei­che umfasst. Anders als „Bil­dungs­spra­che“ ist „Berufs­spra­che“ ein wesent­lich weni­ger auf­ge­heiz­ter poli­ti­scher Begriff. Bil­dungs­spra­che kann ana­log zum Begriff der Berufs­spra­che gefasst wer­den: Bil­dungs­spra­che umfasst alle funk­tio­na­len und prag­ma­ti­schen Schich­tun­gen der Fach­spra­che, die für den Erwerb und die Aus­füh­rung bil­dungs­be­zo­ge­ner Auf­ga­ben rele­vant sind. Die aus dem Kana­di­schen über­tra­ge­nen bil­dungs­po­li­ti­schen Begriffe CALP und BICS (cogni­ti­ve aca­de­mic lan­guage pro­fi­ci­en­cy und basic inter­per­so­nal com­mu­ni­ca­ti­on skills vgl. Cumm­ins 1980) wer­den die­sem lin­gu­is­ti­schen Kon­zept von Bil­dungs­spra­che nicht gerecht, weil sie einem lan­ge über­hol­ten Kon­zept von fixier­ten sprach­li­chen Regis­tern ver­haf­tet sind (vgl. Roche 2018).

Lite­ra­tur

  • Cumm­ins, James (1980), The con­s­truct of lan­guage pro­fi­ci­en­cy in bilin­gu­al edu­ca­ti­on. In: Ala­tis, James E. (Ed.), Cur­rent Issues in Bilin­gu­al Edu­ca­ti­on. Washing­ton: George­town Uni­ver­si­ty Press, 81–103.
  • Göp­fe­rich, S. (1995), Text­sor­ten in Natur­wis­sen­schaf­ten und Tech­nik. Prag­ma­ti­sche Typo­lo­gie – Kon­tras­tie­rung – Trans­la­ti­on. Tübin­gen: Narr. 
  • Roche, Jörg (2018), Fak­to­ren der Mehr­spra­chig­keit. In: Roche, Jörg & Ter­ra­si-Hau­fe, Eli­sa­bet­ta (Hrsg.), Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb. Tübin­gen: Narr [Kom­pen­di­um DaF/DaZ; 4], 67–78.
(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑, Fach‑, und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

Bezugs­norm

(Agnes Ein­horn)

Refe­rence Standard

Bewer­tung bedeu­tet immer auch Ver­glei­chen. Die Ergeb­nis­se im Bewer­tungs­pro­zess wer­den näm­lich immer mit einer bestimm­ten Norm ver­gli­chen. Es exis­tie­ren dabei drei unter­schied­li­che Nor­men (Rhein­berg 2001): (1) die sach­be­zo­ge­ne oder kri­te­ri­ums-/kri­te­ri­en­ori­en­tier­te Norm (Ergeb­nis­se wer­den mit den Anfor­de­run­gen oder Cur­ri­cu­la ver­gli­chen), (2) die sozia­le Norm oder norm­ori­en­tier­te Bewer­tung (Ergeb­nis­se wer­den mit den Leis­tun­gen der Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­ler ver­gli­chen) und (3) die indi­vi­du­el­le Norm (die Leis­tun­gen wer­den mit den frü­he­ren eige­nen Leis­tun­gen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler ver­gli­chen). Alle drei Bezugs­nor­men haben Vor­tei­le, alle drei kön­nen also mit Recht ver­wen­det wer­den, man kann aber gewis­se Kri­tik­punk­te nicht ver­schwei­gen (Rhein­berg 2001, Schott & Ghan­ba­ri 2012). Die kri­te­ri­ums­ori­en­tier­te Bewer­tung scheint gerecht und objek­tiv zu sein, es ist aber nicht  immer ein­fach, Lern­pro­duk­te oder Test­ergeb­nis­se mit abs­trak­ten Lern­ziel­ka­ta­lo­gen oder Stan­dards zu ver­glei­chen. Beim Ver­gleich mit den Mit­ler­nern (Norm­ori­en­tie­rung) wird die indi­vi­du­el­le Leis­tung nicht gewür­digt. Die indi­vi­du­el­le Bezugs­norm hat eine för­dern­de und moti­vie­ren­de Funk­ti­on, sie kann aber auch fal­sche Bot­schaf­ten ver­mit­teln, weil dadurch auch prin­zi­pi­ell schwa­che Leis­tun­gen gewür­digt wer­den kön­nen, wenn eine Ten­denz zur Ver­bes­se­rung fest­zu­stel­len ist.

Lite­ra­tur

  • Rhein­berg, Fal­ko (2001), Leis­tungs­be­ur­tei­lung im Schul­all­tag: Wozu ver­gleicht man was womit? In: Wei­nert, Franz E. (Hrsg.), Leis­tungs­mes­sung in Schu­len. Wein­heim: Belz, 59–71.
  • Schott, Franz & Ghan­ba­ri, Shahr­am Azi­zi (Hrsg.) (2012), Bil­dungs­stan­dards, Kom­pe­tenzdia­gnos­tik und kom­pe­tenzori­en­tier­ter Unter­richt zur Qua­li­täts­si­che­rung des Bil­dungs­we­sens. Eine pro­blem­ori­en­tier­te Ein­füh­rung in die theo­re­ti­schen Grund­la­gen. Müns­ter: Waxmann.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

BICS (Basic Inter­per­so­nal Com­mu­ni­ca­ti­ve Skills)

(Jörg Roche)

BICS sind grund­le­gen­de sprach­li­che Fähig­kei­ten, die Spre­cher für die Bewäl­ti­gung all­täg­li­cher Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­tio­nen benö­ti­gen. BICS ent­wi­ckeln sich im sozia­len Umfeld eines Spra­chen­ler­ners. Sie sind kon­text­ge­bun­den und stel­len gerin­ge kogni­ti­ve Anfor­de­run­gen an den Spre­cher. Bedeu­tun­gen wer­den über Signa­le aus dem Kon­text und Signa­le der Gesprächs­part­ner (Ges­tik, Mimik, Into­na­ti­on) erschlos­sen. Zur Bewäl­ti­gung anspruchs­vol­ler sprach­li­cher Auf­ga­ben ist hin­ge­gen eine cogni­ti­ve aca­de­mic lan­guage pro­fi­ci­en­cy (CALP) not­wen­dig. Das Modell von Cumm­ins ist jedoch umstrit­ten, weil sich die Begrif­fe nicht klar defi­nie­ren las­sen und eine empi­ri­sche Über­prü­fung nicht mög­lich ist.

Lite­ra­tur

  • Cumm­ins, James (1982), Die Schwel­len­ni­veau- und Inter­de­pen­denz-Hypo­the­se: Erklä­run­gen zum Erfolg zwei­spra­chi­ger Erzie­hung. In: Swift, James (Hrsg.), Bilin­gua­le und mul­ti­kul­tu­rel­le Erzie­hung. Würz­burg: Königs­hau­sen & Neu­mann, 34–43.
  • Cumm­ins, James (2000), Lan­guage, Power and Pedgo­gy: Bilin­gu­al Child­ren in the Cross­fi­re. Cle­ve­don: Mul­ti­l­in­gu­al Matters.
  • Roche, Jörg (2018): Fak­to­ren der Mehr­spra­chig­keit. In: Roche, Jörg & Ter­ra­si-Hau­fe, Eli­sa­bet­ta (Hrsg.), Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb. Tübin­gen: Narr [Kom­pen­di­um DaF/DaZ; 4], 67–78.

(Mehr zu die­sem The­ma im Modul 8 Berufs‑,Fach- und Wis­sen­schafts­spra­chen der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

 

Bild- und Textverarbeitung

Pic­tu­re and Text Processing

Die gemein­sa­me Ver­ar­bei­tung von Text und Bild ist eine der wesent­li­chen Anfor­de­run­gen des mul­ti­me­dia­len Ler­nens. Eine beson­ders ein­fluss­rei­che Erklä­rung bie­tet das inte­gra­ted model of text and pic­tu­re com­pre­hen­si­on (Schnotz 2014) an. Die­ses stellt dar, wie Ler­ner Text und Bil­der ver­ste­hen, die ihnen gemein­sam in ver­schie­de­nen Sin­nes­mo­da­li­tä­ten prä­sen­tiert werden. 

Abb. 1: Inte­grier­tes Modell der Text- und Bild­ver­ar­bei­tung von Schnotz (2005:57)

Das Model basiert auf fol­gen­den Annahmen:

1. Das Text-Bild-Ver­ste­hen fin­det in einer kogni­ti­ven Archi­tek­tur statt, wel­che moda­li­täts­spe­zi­fi­sche sen­so­ri­sche Regis­ter als Sys­te­me zur Infor­ma­ti­ons­auf­nah­me, ein Arbeits­ge­dächt­nis mit begrenz­ter Kapa­zi­tät und ein Lang­zeit­ge­dächt­nis umfasst.
2. Die ver­ba­len und die bild­haf­ten Infor­ma­tio­nen wer­den in das Arbeits­ge­dächt­nis durch visu­el­le und audi­tive Kanä­le über­tra­gen. Die Kapa­zi­tät der Kanä­le zum Ver­ar­bei­ten und Über­tra­gen von Infor­ma­tio­nen ist begrenzt.
3. Die wei­te­re seman­ti­sche Ver­ar­bei­tung fin­det im Arbeits­ge­dächt­nis in zwei ver­schie­de­nen Sub­sys­te­men statt (descrip­ti­ve und depic­ti­ve). Dabei wird gespro­che­ner oder geschrie­be­ner Text als ers­tes im descrip­ti­ve sub­sys­tem ver­ar­bei­tet und danach im depic­ti­ve sub­sys­tem. Bil­der (visu­ell und audi­tiv ) wer­den zuerst im depic­ti­ve sub­sys­tem ver­ar­bei­tet und danach im descrip­ti­ve sub­sys­tem.
4. Das Ver­ständ­nis von Text und Bild ist ein akti­ver Pro­zess der Kohä­renzbil­dung.
Beim Ver­ste­hen bil­den die Ler­ner kohä­ren­te Wis­sens­struk­tu­ren von den ver­füg­ba­ren ver­ba­len und bild­li­chen Infor­ma­tio­nen und ihrem Vorwissen.

Lite­ra­tur:

  • Col­man, Andrew M. (2009), Oxford Dic­tion­a­ry of Psy­cho­lo­gy. Oxford: Oxford Uni­ver­si­ty Press.
  • Schnotz, Wolf­gang (2014), Inte­gra­ted model of text and pic­tu­re com­pre­hen­si­on. In: May­er, Richard E. (Ed.), The Cam­bridge Hand­book of Mul­ti­me­dia, 72–103.
  • Schnotz, Wof­gang (2005), An inte­gra­ted model of text and pic­tu­re com­pre­hen­si­on. In: May­er, Richard E. (Ed.), The Cam­bridge Hand­book of Mul­ti­me­dia Lear­ning. Cam­bridge: Cam­bridge Uni­ver­si­ty Press, 49–70.
  • Bild­sche­ma

    (Fer­ran Suñer Muñoz & Jörg Roche)

    Der Begriff des Bild­sche­mas geht auf John­son (1987) zurück, der es als rekur­ren­tes, immer wie­der vor­kom­men­des sen­so­ri­sches Mus­ter opti­scher, audi­tiver, hap­ti­scher, moto­ri­scher oder olfak­to­ri­scher Natur beschreibt. Im Gegen­satz zu men­ta­len Model­len sind Bild­sche­ma­ta gene­risch in unter­schied­li­chen Situa­tio­nen anwend­bar. In unse­ren kör­per­li­chen Inter­ak­tio­nen mit der Umwelt erken­nen wir sie und spei­chern sie in sche­ma­ti­scher Form. Aus der kör­per­li­chen Bewe­gung, der Mani­pu­la­ti­on von Objek­ten, der Wahr­neh­mung von Druck und exter­nen Kräf­ten etc. lei­ten wir Bild­sche­ma­ta ab, die uns dann als eine Art gene­ri­sche Vor­la­ge zur Struk­tu­rie­rung kon­zep­tu­el­ler Inhal­te zur Ver­fü­gung ste­hen. Im Bei­spiel­satz Die Poli­zei über­wacht die Demons­tran­ten wird das Bild­sche­ma der Ver­ti­ka­li­tät ver­wen­det, um die Macht­po­si­ti­on der Poli­zei zum Aus­druck zu bringen.

    Lite­ra­tur

    • John­son, Mark (1987), The Body in the Mind: The Bodi­ly Basis of Mea­ning, Ima­gi­na­ti­on, and Reason. Chi­ca­go: Uni­ver­si­ty of Chi­ca­go Press.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Bilin­gua­lis­mus

    Bilin­gua­lism

    Die Beherr­schung von zwei oder meh­re­ren Spra­chen wird all­ge­mein als Bi- oder Mul­ti­l­in­gua­lis­mus bezeich­net, dabei kann sich der Begriff auf Indi­vi­du­en (indi­vi­du­el­ler Bilin­gua­lis­mus) oder auch auf gan­ze Gesell­schaf­ten (gesell­schaft­li­cher Bilin­gua­lis­mus) bezie­hen. Aller­dings wird mit der Bezeich­nung ‚bilin­gu­al’ nicht genau beschrie­ben, wel­cher Beherr­schungs­grad gemeint ist. Das Spek­trum reicht von ein­fa­cher Lese­kom­pe­tenz in der zwei­ten Spra­che bis hin zu mut­ter­sprach­li­cher Kom­pe­tenz in zwei oder mehr Spra­chen. Umgangs­sprach­lich bedeu­ten die Begrif­fe eine hohe Kom­pe­tenz in den betref­fen­den Spra­chen. Eine schlech­te Beherr­schung von zwei oder meh­re­ren Spra­chen nennt man auch Semilingualismus.

    SPRACH­ER­WERB

    Lite­ra­tur

    • Riehl, Clau­dia Maria (2014), Mehr­spra­chig­keit. Eine Ein­füh­rung. Darm­stadt: Wis­sen­schaft­li­che Buchgesellschaft.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 2 Kogni­ti­ve Lin­gu­is­tik der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Bio­tisch-öko­lo­gi­sches Modell

    (Jörg Roche)

    Eco­lo­gi­cal Model

    Das bio­tisch-öko­lo­gi­sche Modell des Mul­ti­l­in­gua­lis­mus von Aro­nin & Ó Lao­i­re beschreibt Mehr­spra­chig­keit als ein aus­glei­chen­des, gebrauchs­ba­sier­tes Sys­tem der Spra­chen im Kon­text der Iden­ti­täts­ent­wick­lung einer Per­son. Es basiert auf der Annah­me, dass Mehr­spra­chig­keit eine gewis­se Anpas­sungs­fä­hig­keit eines Spre­chers oder einer Spre­che­rin erfor­dert und sich somit ein­zig­ar­ti­ge Bezü­ge zur Iden­ti­tät des Spre­chers bezie­hungs­wei­se der Spre­che­rin und sei­nen oder ihren Zie­len und Moti­ven ent­wi­ckeln, die sich stän­dig den Bedin­gun­gen der Umwelt und den Inter­es­sen der Per­son anpas­sen. Aus die­ser Inter­ak­ti­on ent­ste­hen Kon­takt­phä­no­me­ne der Spra­chen inklu­si­ve Erschei­nun­gen der Inter­fe­renz, des Code­wech­sels und des Trans­fers. Da Sprach­ge­brauch und damit Stär­ke und Bedeu­tung einer Spra­che je nach Bedarf, Schwer­punkt­set­zun­gen und Emo­tio­nen vari­ie­ren, kommt es stän­dig zu Attri­ti­ons- und Neuentwicklungsprozessen.

    Lite­ra­tur

    • Aro­nin, Laris­sa & Ó Lao­i­re, Mui­ris (2004), Explo­ring mul­ti­l­in­gua­lism in cul­tu­ral con­texts: towards a noti­on of mul­ti­l­in­gua­li­ty. In: Hoff­mann, Char­lot­te & Yts­ma, Jehan­nes (Hg.). Tri­lin­gua­lism in fami­ly, school, and com­mu­ni­ty. Bilin­gu­al edu­ca­ti­on and bilin­gua­lism 43. Cle­ve­don: Mul­ti­l­in­gu­al Mat­ters, 11–29.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 4 Mehr­spra­chig­keit und Spra­che­n­er­werb der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

     

    Bright Per­son Hypo­the­sis (BPH)

    (Agnes Ein­horn & Eva Major)

    Die For­schung zur Qua­li­tät von Lehr­kräf­ten nennt zwei Argu­men­ta­ti­ons­mög­lich­kei­ten als Aus­gangs­punkt: die Bright Per­son Hypo­the­sis (BPH) und die Know­led­geable Tea­cher Hypo­the­sis (KTH). Die Bright Per­son Hypo­the­sis (BPH) besagt, dass gute Leh­re­rin­nen und Leh­rer gewis­se sta­bi­le kogni­ti­ve Merk­ma­le bereits auf­wei­sen, bevor sie den Berufs­weg des Leh­rers oder der Leh­re­rin ein­schla­gen. Die kogni­ti­ven Fähig­kei­ten am Beginn der Leh­rer­aus­bil­dung bestim­men auf Grund die­ser Hypo­the­se die spä­te­re Unter­richts­qua­li­tät (Ken­ne­dy et al. 2008). Dem­entspre­chend soll­te man dem Aus­wahl­pro­zess und der Anfangs­pha­se der Leh­rer­aus­bil­dung mehr Auf­merk­sam­keit schenken.

    Lite­ra­tur

    • Ken­ne­dy, Mary. M.; Ahn, Soye­on & Choi, Jin­young (2008), The value added by tea­cher edu­ca­ti­on. In: Cochran-Smith, Mari­lyn; Fei­man-Nem­ser, Sharon; McIn­ty­re, D. John & Demers, Kel­ly E. (Eds.), Hand­book of Rese­arch on Tea­cher Edu­ca­ti­on (3rd ed.). New York, NY: Rout­ledge, 1249–1273.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Bro­ca-Are­al

    (Kees de Bot)

    Das Bro­ca-Are­al befin­det sich im Fron­tal­lap­pen der lin­ken Gehirn­hälf­te (Hemisphäre)und ist an der Sprach­pro­duk­ti­on betei­ligt. Läsio­nen am Bro­ca-Are­al füh­ren zu mühe­vol­lem, nicht-flüs­si­gem und tele­gra­phi­schem Spre­chen bei ver­hält­nis­mä­ßig gut erhal­te­ner Sprach­wahr­neh­mung (Bro­ca-Apha­sie).

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 1 Spra­chen­ler­nen und Kogni­ti­on der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Burn-Out

    (Agnes Ein­horn & Anna Majorosi)

    Burn-Out ist eine per­sön­li­che, emo­tio­na­le Kri­se, ein depres­si­ver Zustand, deren Sym­pto­me vor allem Erschöp­fung, Unzu­frie­den­heit und Apa­thie sind. Unter­schied­li­che Grün­de kön­nen zur Aus­bil­dung des Burn-Out-Syn­droms füh­ren, unter ande­rem Mono­to­nie, Stress, Über­for­de­rung oder Per­fek­tio­nis­mus. Bei Leh­rern und Leh­re­rin­nen taucht die­ses Syn­drom ver­gleichs­wei­se häu­fig auf, aber die Erneue­rung der täg­li­chen Rou­ti­ne kann bei der Bekämp­fung des Burn-Outs hel­fen. Aus die­ser Über­le­gung her­aus kön­nen Fort­bil­dun­gen und Netz­wer­ke für Leh­rer und Leh­re­rin­nen als eine Art Prä­ven­ti­on gegen Burn-Out gese­hen werden.

    (Mehr zu die­sem The­ma im Modul 6 Unter­richts­ma­nage­ment der Mul­ti­l­in­gua Aka­de­mie)

    Busi­ness Eng­lisch als Lin­gua Fran­ca (BELF)

    (Tabea Andrä)

    Busi­ness Eng­lish as a lin­gua franca

    Wenn von Eng­lisch als Lin­gua Fran­ca im Zusam­men­hang mit einem Unter­neh­men die Rede ist, dann geht es meist um Busi­ness Eng­lisch als Lin­gua Fran­ca (BELF). Bemer­kens­wert ist, dass es sich dabei nicht um eine mono­li­thi­sche oder homo­ge­ne Vari­an­te des Eng­li­schen han­delt, son­dern die Spre­che­rin­nen und Spre­cher einer Lin­gua Fran­ca immer auch ihr eige­nes Sprach­wis­sen aus der L1 ein­brin­gen. Es tref­fen also vie­le unter­schied­li­che Kom­pe­tenzen im Eng­li­schen und unter­schied­li­che sprach­li­che und kul­tu­rel­le Ein­flüs­se auf­ein­an­der. Folg­lich stellt BELF eigent­lich eine mul­ti­l­in­gua­le Varie­tät dar, da auch die Aus­gangs­spra­chen der Spre­cher über das Eng­li­sche ver­mit­telt, prä­sent sind. Die­se Rück­grif­fe auf das jeweils eige­ne Sprach­wis­sen der BELF-Spre­che­rin­nen und ‑Spre­cher kann zum Code-Swit­ching füh­ren. Zudem ist es aber auch mög­lich, dass die Spre­che­rin­nen und Spre­cher für die Lin­gua Fran­ca neue Rede­wen­dun­gen erfin­den, da sie in die­ser Spra­che rela­tiv krea­tiv sein kön­nen, weil sie sich nicht so sehr an die Regeln zum Bei­spiel des Eng­li­schen gebun­den fühlen.

    BELF ent­steht in sozia­len Situa­tio­nen als sozia­le Inter­ak­ti­on. Sie stellt also eine lin­gu­is­ti­sche und fach­li­che Res­sour­ce dar, die von inter­na­tio­nal han­deln­den Geschäfts­leu­ten varia­bel genutzt wird. Für die Nut­zung von BELF ist nicht etwa die per­fek­te Beherr­schung der eng­li­schen Gram­ma­tik not­wen­dig, son­dern die Fähig­keit, abhän­gig von der Situa­ti­on und dem Auf­ga­benbe­reich kom­mu­ni­zie­ren zu kön­nen. Es han­delt sich also um eine spe­zia­li­sier­te, funk­tio­na­le Spra­che, die für die Mit­ar­bei­ten­den des Unter­neh­mens ver­ständ­lich ist, aber für Außen­ste­hen­de zum Teil unver­ständ­lich bleibt, da ihnen das not­wen­di­ge gemein­sa­me Wis­sen fehlt. Die­se Sprach­va­rie­tät ist also kon­text­ab­hän­gig und auf bestimm­te Situa­tio­nen und Kon­stel­la­tio­nen der Arbeit in einem bestimm­ten Unter­neh­men aus­ge­rich­tet. Sie umfasst idio­syn­kra­ti­sche, fir­men­in­ter­ne und als selbst­ver­ständ­lich betrach­te­te Ver­wen­dun­gen von Wör­tern, For­mu­lie­run­gen, Abkür­zun­gen und Geschich­ten, die nur von den Mit­ar­bei­ten­den ver­stan­den werden.

    Lite­ra­tur

    • Bran­nen, Mary Yoko & Doz, Yves L. (2012), Cor­po­ra­te Lan­guages and Stra­te­gic Agi­li­ty: Trap­ped in your Jar­gon or lost in Trans­la­ti­on? Cali­for­nia Manage­ment Review 54: 3, 77–97.
    • Cogo, Ales­sia & Yanapras­art, Patchare­erat (2018), “Eng­lish is the lan­guage of busi­ness”: An explo­ra­ti­on of lan­guage ideo­lo­gies in two Euro­pean cor­po­ra­te con­texts. In: Sher­man, Tamah & Nek­va­pil, Jiří (Eds.), Eng­lish in Busi­ness and Com­mer­ce: Inter­ac­tions and Poli­ci­es. Eng­lish in Euro­pe. Volu­me 5. Boston/Berlin: de Gruy­ter (Lan­guage in Social Life, 14), 96–116.
    • Kan­ka­an­ran­ta, Anne; Kar­hu­nen, Päi­vi & Lou­hia­la-Sal­mi­nen, Lee­na (2018), “Eng­lish as a cor­po­ra­te lan­guage” in the mul­ti­l­in­gu­al rea­li­ty of mul­ti­na­tio­nal com­pa­nies. Mul­ti­l­in­gua 37: 4, 331–351.